Kapitel 30

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Pov Evi
Ich habe den restlichen Schultag nicht mehr mit Markus geredet. Oder er mit mir.
Auch nachdem die Deutschstunde vorbei war und ich wieder neben ihm sitzen musste, haben wir uns ignoriert und saßen bloß schweigend nebeneinander.
Wir haben uns nichtmal angeschaut.
Ich habe zwar zu ihm rübergelinst und habe auch bemerkt, dass er das selbe in meine Richtung gemacht hat, aber um uns wirklich gegenseitig wieder in die Augen zu blicken, sind wir beide zu stur.
Es ist, als wären wir wieder komplett am Anfang. Als hätte dieses intime Gespräch zwischen uns nie existiert. Oder zumindest, als hätte es nichts verändert. Aber ich weiß, das es das hat. Und ich weiß auch, das Markus das ebenfalls weiß. Oder zumindest dachte ich, er würde das genauso sehen wie ich. Anscheinend lag ich wohl falsch.
Warscheinlich sind Markus und ich einfach zu grundverschieden, sodass es uns unmöglich ist, miteinander befreundet zu sein. Wir sind leider das komplette Gegenteil voneinander.
Markus ist verschlossen und still, ich bin offen und eher lauter. Aber gegensätzlich dazu ist er jemand, der gefühlt nie etwas an sich ranlässt oder es zumindest nie zeigt und ich jemand, die sehr schnell verletzt ist.
Andererseits haben wir auch viele Dinge gemeinsam. Wir beide sind verdammt stur und temperamentvoll und wenn uns etwas nicht passt, zeigen wir es dem anderen.
Er dadurch, dass er dichtmacht und ich dadurch, dass ich dauernd versuche, nachzubohren und Antworten aus ihm rauszukitzeln. Ich weiß, das ihn das stört, aber ich kann es nicht lassen. Und er weiß auch, wie sehr mich es stört, wenn er die Mauern um sich herum hochzieht, aber warscheinlich kann er genau das genauso wenig lassen. So schaukeln wir uns und unsere Wut auf den jeweils anderen immer höher und höher und schlussendlich endet es darin, das wir fies miteinander umgehen.
Auch wenn wir es versuchen wollen, normal miteinander umzugehen klappt bei uns wohl nicht. Am einfachsten wäre es also, wenn ich aufgeben würde, seine harte Schale zu knacken zu wollen und wir einfach nur noch über das nötigste reden würden. Aber das kann und werde ich nicht. Ich gebe nicht so leicht auf. Und irgendwie, ich weiß nicht warum, tut mir die Vorstellung, Markus zu verlieren, weh. Auch wenn es momentan anders zu sein scheint, uns verbindet etwas. Und auch wenn mir ein langer, sicherlich auch sehr verletztender Weg bevorsteht, ich will diese Bindung zu Markus nicht aufgeben.
Selbst, wenn es vielleicht besser und einfacher wäre, weil er sich einfach unmöglich mir gegenüber verhält.
Aber der bessere und einfachere Weg ist nunmal nicht immer der richtige.

Jetzt ist der Schultag vorbei und wir sind alle gerade dabei, die Motorräder zu holen, um zusammen nach Hause zu fahren. Zumindest die ersten paar Minuten müssen wir nämlich alle in die selbe Richtung.
Alle sind da, außer Markus. Der meinte, wir sollen schon vorgehen und steht jetzt noch mit Lara vor dem Tor und unterhält sich mit ihr. Seit zehn Minuten schon. Ich würde es so gerne lassen, aber ich kann nicht anders, als die ganze Zeit zu ihnen rüberzugucken.
Seit wann verstehen sie sich überhaupt, seit wann verbringt er gerne Zeit mit ihr und seit wann sind sie so vertraut miteinander? Es ist nicht so, dass ich sie noch nie miteinander reden gehört habe, aber meistens war das immer nur auf den Unterricht bezogen. Aber so wie sie jetzt miteinander reden, sieht es aus, als würden sie sich sehr nahestehen und wären sogar befreundet. Warum ist mir das bloß nie vorher aufgefallen? Markus lächeln zu sehen, während er sie zum Abschied umarmt, versetzt mir einen Stich ins Herz. Als würde sich alles in mir drin zusammenziehen und wehtun. Es tut einfach weh, dass er in ihrer Gegenwart anscheinend glücklich ist, aber in meiner nicht. Und ich weiß nichtmal warum. Ich will nicht, dass Markus solche Gefühle in mir hervorruft. Wir kommen sowieso schon nicht gut miteinander klar und diese Gefühle verwirren mich nur noch mehr.

"Da bist du ja endlich! Genug geflirtet?", grinst Maxi Markus an, als dieser auf uns zukommt.
"Ja, Problem damit?", ist das Einzige, was Markus knurrend und abweisend erwidert. Dabei blickt er Maxi wütend an und man spürt förmlich die dicke Luft, die zwischen den beiden herrscht. Zumindest geht sie von Markus aus. Er geht an Maxi vorbei zu seinem Motorrad und spielt desinteressiert am Schloss davon herum. Als ich zu Maxi schaue, spiegelt sich in seinem Blick Verwunderung, gemischt mit einer Spur Verletzheit wider. Kein Wunder, warum ist Markus denn auch plötzlich so fies zu ihm? Ich hab verstanden, dass er gegen mich wieder irgendetwas hat, aber gegen seinen besten Freund? Keine Ahnung, wo sein Problem liegt. Vorallem, weil er vor einer Minute bei Lara noch total gelassen wirkte.
"Nein, das war doch auch gar nicht abwertend oder so gemeint.", stammelt Maxi und tritt neben das Motorrad seines Freundes.
"Ach ja? Denkst du ich bin blöd oder was?"
Markus wird mit jedem seiner Worte lauter und er schaut so finster drein, als würde er Maxi mit seinem Blick umbringen wollen.
"Hä, was meinst du?", fragt Maxi ihn irritiert, sichtlich darum bemüht, ruhig zu bleiben und nicht die Beherrschung zu verlieren. So geschockt, wie alle anderen Kerle aussehen, scheint Maxi nicht der einzige zu sein, der nicht versteht, was Markus meint. Ich verstehe es auch nicht.
Ich verstehe nur, dass er anscheinend wütend ist. Richtig wütend. So schnell, wie er sich jetzt erhebt und an Maxi herantritt, muss ihn wirklich etwas völlig aus dem Konzept gebracht haben.
"Komm, tu doch nicht so", schnaubt er.
"Du freust dich doch anscheinend, dass ich mich gut mit Lara verstehe."
"Warum sollte mich das denn nicht freuen? Es ist doch schön, dass ihr miteinander geredet habt, wenn du sie anscheinend magst", wird Maxi jetzt doch lauter.
"Wer sagt denn, dass ich sie mag?"
"Das wirkte schon so, Markus",nimmt Juli Maxi zögernd in Schutz und fügt lächelnd hinzu: "Aber das ist doch nicht schlimm."
"Ach, halt du dich da raus!", faucht Markus in seine Richtung und wendet sich wieder Maxi zu.
"Dich freut das doch nur, weil du dich dann ungestört an sie ranmachen kannst, hab ich recht?" Seine Betonung liegt auf dem 'sie'.
Er grinst sarkastisch und gleichzeitig provokant, aber es ist definitiv kein nettes Grinsen. Im Gegenteil - stattdessen ist es schon fast angsteinflößend. Man kann überhaupt nicht erahnen, was Markus denkt und was er als Nächstes tun wird.
"Was meinst du? An wen mache ich mich bitte ran?", zischt Maxi zurück und hebt gereizt die Hände, woraufhin Markus drohend einen Schritt auf ihn zutritt.
"Oh, das weißt du genau!"
Ich verstehe gar nichts mehr. Worum geht es den beiden und über wen reden sie? Anscheinend ist es ein Gespräch, was nur die beiden verstehen, da auch alle anderen Kerle, genauso wie ich, verwirrt aussehen. Niemand macht Anstalten, sich zu bewegen und wir schauen alle gespannt auf die beiden Streithähne vor uns.
"Und wenn?", flüstert Maxi jetzt leise und schaut Markus feste in die Augen. Niemand der beiden wendet den Blick vom jeweils anderen ab und so verbittert, wie sie sich gegenseitig anstarren, kann es nicht mehr lange dauern, bis die Fetzen fliegen. Es würde mich nicht wundern, wenn Markus Maxi schlägt. Ich habe zwar den Überblick verloren, worum es überhaupt geht, aber an Markus' Körperhaltung sehe ich, wie sehr ihn Maxis letzte Worte mitgenommen und gleichzeitig aggressiv gemacht haben.
Sein ganzer Körper ist angespannt, er ballt seine Fäuste und presst zornig den Kiefer zusammen, während Maxi hingegen inzwischen ziemlich gelassen wirkt.
Leon ist der erste, der sich aus seiner Schockstarre löst und eingreift, bevor Markus Maxi etwas antuen kann.
"Alter Markus, Maxi, was ist los mit euch?",schimpft er vorwurfsvoll und stellt sich zwischen die beiden. "Klärt das bitte!"
Er bekommt keine Antwort und die beiden funkeln sich noch gefühlte weitere zehn Minuten einfach nur an.
Irgendwann gibt Maxi sich geschlagen, schaut zu Boden und murmelt: "Sorry."
Markus nickt bloß, steigt auf sein Motorrad, wirft es an und zieht sich einen Helm auf den Kopf. Bevor er Gas gibt, dreht er sich noch kurz zu uns allen um.
"Auch von mir sorry." Dann ist er schon weg.

Raban ist der nächste, der seine Worte wiederfindet.
"Alter Maxi, was war das denn?"
"Egal."
"Nicht egal",mischt sich Fabi jetzt ein.
"Doch, ich will nicht drüber reden. Markus ist manchmal kompliziert und lässt das an mir aus, aber es geht euch verdammt nochmal nichts an, okay?", fällt Maxi ihm ins Wort und beißt sich auf die Unterlippe.
Ich werfe ihm einen prüfenden Blick zu und versuche, in ihn reinzuschauen, aber es ist nicht möglich. Er weicht mir aus.
"Okay, ziemlich beschissenene und angespannte Situation", fängt Marlon an. "Also wie wärs, wenn wir am Freitag zusammen feiern gehen, um das Ganze zu vergessen?" Er grinst. Typisch Marlon. Schön immer den Problemen aus dem Weg gehen. Aber gleichzeitig versucht er ja damit gerade, uns alle wieder zusammenzubringen und die Stimmung aufzulockern. Es ist ja irgendwie süß, wie er sich bemüht. Und an sich ist die Idee auch nicht schlecht.
Also bin ich die erste, die ihm antwortet:
"Okay, find ich gut. Aber du hast was vergessen, wir sind noch nicht alle so alt wie du und dürfen in nen Club!"
"Ich weiß. Aber eine Klassenkameradin von mir schmeißt Freitag eine Party, es kommen echt viele aus meiner, aber ich glaub auch aus eurer Stufe und ich bin auch eingeladen."
"Und wir können da alle mitkommen?",fragt Joschka skeptisch.
"Na klar, das kriege ich schon organisiert. Wisst ihr, ich glaube die mag mich, dann müsste das leicht sein", zwinkert er uns lachend zu. Wir fallen in sein Lachen mit ein und Leon meint: "Okay, dann gehen wir wohl am Freitag feiern, guter Plan!"
Nachdem alle zugestimmt haben, und wir uns nacheinander voneinander verabschieden und vom Schulhof fahren, schaue ich nocheinmal zu Maxi. Er wirkt, auch wenn er eben ziemlich stark war, plötzlich relativ aufgelöst. Weil ich aber nicht zu hundert Prozent weiß, worum es in seiner Auseinandersetzung mit Markus ging, schenke ich ihm nur ein aufmunterndes Lächeln und fahre dann mit Leon und Marlon auch nach Hause.

Bisschen mehr Action als im letzten Kapitel, bin sehr gespannt, was ihr davon haltet. Ich hoffe, dass klargworden ist, worum die Auseinandersetzung von Maxi und Markus ging👁👄👁
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