Kapitel 71

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Ein überraschend heller wolkenloser Himmel befindet sich auf der anderen Seite der Fenster. Wir haben wohl wahrscheinlich vergessen die Rolladen runterzufahren. Ich werfe einen Blick auf die andere Seite des Bettes die anscheinend leer ist. Ich bin überrascht wie bequem dieses Bett ist. Ehe ich meinen Kopf wohnlich zum zweiten mal über die Wolldecke kuschel, erinnere ich mich an gestern abend. Wieder zerfalle ich in ein Gezitter. Die Klospülung zieht mich aus diesem kleinen Gedankenloch. Oh, Jungkook ist also im Bad. Gerade wo ich weiß dass er im Bad ist, höre ich wie er sich unterhält. Seine Stimme wird mit jedem nähernden Schritt zur Tür immer lauter. "Ich weiß nicht" Höre ich ihn schließlich sagen. "Sie ist im Bett, ich weiß nicht ob sie wach ist." Im Hintergrund meines Kopfes spielen die ganzen Songs von gestern einen Remix, somit überspielt Jungkooks Stimme dieses miese Gefühl. Nach einer weiteren undeutlichen Unterhaltung verstummt er und nur sein Wasserhahn ist zu hören. Erinnert mich daran dass ich dringend auf die Toilette muss. Gerade als ich mich aufsetze und meine Beine aus dem Bett werfe, dreht sich der Türschloss und Jungkook öffnet versucht leise die Tür. Nicht nötig, ich bin schon wach. Er schaut jedoch unpassend zum guten Wetter deutlich trüb, worauf ich ihn aber nicht anspreche. "Wir müssen mal über etwas reden" Teilt er mir überrascht darüber dass ich schon wach bin mit als er die Tür hinter sich schließt. Hat vermutlich was mit dem Telefonat zutun. "Kann ich davor bitte auf die Toilette?" Ungläubig und teilweise fragwürdig blickt er mich an. "Das musst du mich doch nicht fragen" Es ist wieder eines der Morgen an dem Jungkook nicht viele Späße macht und lieber seine Ernsthaftigkeit zum Ausdruck bringt. Schnell tapse ich zum Klo und mache was zu machen ist.

Nun sitzt Jungkook allein am Tisch und und betrachtet mit seinem Kinn auf seiner Handfläche die Aussicht auf der anderen Seite der Glasscheiben. "Mit wem hast du gerade geredet?" Störe ich ihn und setze mich auf die gegenüberliegende Seite. "Das war nur Taehyung. Hab schon vergessen was er wollte." "Also willst du mit mir nicht über das Telefonat reden?" Er schüttelt stumm sein Kopf und der Raum füllt sich wieder mit Stille. Eine Stille die durch das Verlangen nach Lärm unerträglich ist. "Ich wollte mit dir über mein Therapeut reden. Ich fände es schön wenn du mich beim nächsten Termin begleiten würdest." Baff sitze ich da und starre auf Jungkooks trockenen Morgenlippen. "Ich? Zum Therapeuten?" Kurz räuspert er sich. "Du musstest in der letzten Zeit sehr viel einstecken. Du... redest irgendwie nie so wirklich darüber. Ich weiß nicht was in dir vorgeht." Er will also wissen was in mir vorgeht. An einen Therapeuten habe ich im Leben noch nie wirklich gedacht, warum auch, nie hat mich was emotional bewegt. "Ich weiß nicht..." Ist meine einzige Antwort dazu. "Du musst nichts machen was du nicht tun willst, aber es mal zu versuchen würde nicht schaden" Ich weiß dass er Recht hat, aber was denkt er sich von mir dass er denkt ich bräuche einen Therapeuten? "Ich glaube du merkst gar nicht, wie kalt deine Reaktionen geworden sind. Diese Kälte halte ich nicht aus"

Unterwegs nach Hause denke ich noch immer über Jungkooks Worte nach und beobachte im Auto die Straße rechts von mir. Mir fällt nichts passendes ein worauf ich auf seine Bitte antworten soll. Der Abstand zwischen den Häusern wird immer kleiner. "Du hast recht, diese Gewalt um mich herum bin ich nicht gewohnt. Was soll ich denn anderes tun als mich abzuhärten?" Keinen Blick wage ich zu ihm rüber und lausche weiterhin dem wirbelnden Wind aus der Fensterspalte. "Mir war bewusst wer du bist bevor wir uns kennengelernt haben. Ich hätte einfach meinen Job machen müssen, und ich habe mich trotzdem lieber in dich verliebt. Ich habe mich in die Frau verliebt dessen Bruder meine erste große Liebe getötet hat, und trotzdem bereue ich es nicht. Das Einzige was ich bereue ist dich in diese verschissene Situation gebracht zu haben von dem du keine Ahnung hattest." Diese Gespräche stehen langsam schon an der Tagesordnung. Dass ich mir ständig anhören muss dass Don mein Bruder ist ekelt mich an. "Normale Geschäftsmänner reden über Aktien. Ist doch total wirres Zeug was du da redest" Ich kann im Augenwinkel sehen wie sehr er in sein Lenkrad greift. "Total wirres Zeug dass ich dich liebe?" Für einen Moment antworte ich darauf nicht, bis mir doch irgendwas auf der Zunge zusammenreihe. "Ja. Total wirres Zeug." Diese Autofahrt, mit weiteren Autos von seinen Männern drumherum, hat eine ziemlich eheliche Note. Ich fühle mich wie in einer Filmszene wenn Eltern mal Ruhe von ihren Kindern haben und diese im Auto genießen. Beide viel zu fertig um ihre gegenseitige Anwesenheit zu genießen. "Du liebst mich also nicht zurück?" Verstärkt Jungkook diese Note noch mehr. Jedoch sind das alles nur ausgemalte Gefühle, ich liebe ihn. Mit meinem Blick noch immer nach draußen, lege ich meine Hand auf mein Bauch. "Doch. Wir beide."

Als sich gerade die Fahrstuhltür öffnet und ich gerade durch in seine weiße Diele blicke, merke ich, dass mein zweiter Bruder mich in Stich gelassen hat. Ich unterdrücke dieses trübe Gefühl und laufe glücklich darüber wieder Zuhause zu sein hinein. "Endlich" Haue ich fertig raus und gebe Isabelle, die auf uns wartete, meine Jacke und Tasche. Mit schnellen Schritten, wobei ich sehe dass Jungkook bereits in sein Arbeitszimmer läuft, laufe ich in die offene Küche. "Isabelle, kannst du mir bitte Badewasser einlaufen lassen? Bin in 20 Minuten bereit." In Sekundenschnelle drücke ich mein Glas Orangensaft runter. Es regt mich zutiefst auf, dass es Jimin nicht mal interessiert dass er in den Knast muss. Auch regt es mich auf, dass er sich einfach so das Recht nimmt einen anderen Menschen zu töten. Ich habe mich wirklich sehr wohl in Namjoons Nähe gefühlt. Kurz schaut Isabelle von der Wand heraus "Kokos oder Vanille Badeperlen?" Perplex halte ich meinen Glas fest und starre sie an. "Du hast wirklich daran gedacht?" Wir hatten uns mal unterhalten und ich habe ihr davon erzählt wie meine Mutter mir gerne Badeperlen ins Badewasser gestreut hat. Am liebsten mochte ich pinkes Wasser mit Glitzer und Vanilleduft. "Beides" Antworte ich dann.

Wenige Stunden danach liege ich versunken in unserem Bett und genieße es den kleinen Löffel zu sein. Seinen warmen Atem spüre ich an meinem Hals. "Wann ist der nächste Termin?" Frage ich plötzlich aus dem Nichts, doch noch bevor er antwortet frage ich die nächste Frage. "Seit wann gehst du überhaupt zum Therapeuten und wieso weiß ich nichts davon?" Verschlafen quengelt er und zieht mich tiefer in die Umarmung. "Nicht jetzt, bitte" Er gibt selbstverständlich nach, nachdem ich ununterbrochen darum bitte. "Ich geh da alle zwei Wochen hin" "Mann oder Frau?" "Mann." Zufrieden schließe ich meine Augen und denke mir komische Konversation mit Jungkook vor um besser einzuschlafen.

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