Kapitel 04 - Rettung und andere Katastrophen II

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Eleah



Dass der Raum nur vom Schein einer Kerze erhellt wurde, ließ mich einen Moment perplex innehalten. Altmodische, mit Schnitzereien verzierte Holzstühle, die wie neu aussahen, standen um einen dazu passenden Tisch herum. Die Luft war stickig und irgendwie kam mir der süßliche Geruch bekannt vor, der mir in die Nase stieg.

Während ich nach einem Fenster Ausschau hielt, zog eine Bewegung in der hinteren Ecke meine Aufmerksamkeit auf sich. In einem Bett lag ein Mann, der sich unter Stöhnen versuchte aufzurichten. Sofort drängte der ungehobelte Kerl, der auf Deck das Sagen hatte, sich an mir vorbei und richtete den Geschwächten auf. Es war mir vollkommen entgangen, dass er uns gefolgt war.

Die dunklen Haare des Captains klebten auf seiner aschfahlen Stirn, während seine Augen in Höhlen zu liegen schienen. Mein Blick glitt von oben an ihm hinab und blieb an der knielangen Hose hängen, die den Grund für den süßlichen Geruch zwischen dem zerfetzten Stoff offenbarte.

»Sie sind verletzt!«, diagnostizierte ich und wollte losstürmen, aber die beiden Männer in meinem Rücken hinderten mich mit einem Griff an meinen Armen daran.

Der Captain musterte mich mit glasigen Augen, ehe er entschlossen in meine Richtung humpelte. Etwa einen Meter vor mir blieb er stehen und verbeugte sich, so gut er konnte.

»Mein Name ist Graham Smith«, ächze er. »Willkommen auf meinem Schiff. Bitte«, er deutete auf einen der schweren Holzstühle, »nehmt Platz.«

Meine Begleiter ließen mich los und verließen auf einen Deut des Captains den Raum. Irritiert huschte mein Blick zwischen dem Captain und seinem Helfer hin und her, die beide bereits Platz genommen hatten, während ich noch an Ort und Stelle verweilte und immer weniger verstand, was hier vor sich ging. Die ganze Situation wurde immer verwirrender für mich.

»Hat es Euch die Sprache verschlagen? Ihr sollt Euch hinsetzen«, befahl mir der Helfer und fügte dann zum Captain gewandt hinzu: »Du hättest sie eben an Deck erleben müssen. Eine Furie ist nichts dagegen. Nicht besonders damenhaft.«

Der Schlag, den er soeben ausgeteilt hatte, saß, denn damit traf er einen wunden Punkt bei mir. Dass ich aufgrund meiner weniger vorhandenen weiblichen Attitüde erneut unangenehme Aufmerksamkeit auf mich zog, trug nicht unbedingt zu meiner Laune bei, worunter nun auch meine Dankbarkeit erheblich litt.

»Ich wurde auch nicht besonders damenhaft behandelt!«, blaffte ich ihn an.

»Jeder bekommt das, was er verdient, Miss.« Unbeeindruckt lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Dass meine Beschwerde einfach so an seiner in Stein gemeißelten Brust abprallte, ließ nur den letzten Rest meiner Fassung bröckeln.

Mit zusammengeballten Fäusten funkelte ich an. »Sie sind ein barbarischer Mistkerl! Es hat Ihnen doch Freude gemacht, mir beim Ertrinken zuzusehen.«

Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und er knurrte dunkel: »Wenn ich gewusst hätte, wie anstrengend Ihr seid, dann hätte es mir wahrlich Freude bereitet. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.«

Entsetzt starrte ich ihn. Wie man hier mit Gästen umging, war mir völlig fremd. Bevor ich meine Worte jedoch wiederfinden konnte und die Situation völlig eskalierte, brach Captain Smith plötzlich in schallendes Gelächter aus, womit er unser kleines Wortgefecht fürs Erste beendete.

»Das reicht jetzt, Bel. Bitte setzt Euch.« Er deutete erneut mit der Hand auf einen der Stühle. »Ich muss sonst befürchten, dass das hier kein gutes Ende nimmt. Auch wenn mich eure Unterhaltung sehr amüsiert und mich der Ausgang wahrlich interessieren würde.«

NOIR - Ein Königreich aus Staub und AscheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt