Eleah
Als ich ein paar Tage später von einem Ausritt zum Fluss wiederkehrte, war Zola bereits auf dem Hof eingetroffen. Sie begrüßte mich freudestrahlend und vergewisserte sich dann mit einem raschen Blick, dass noch alles an mir dran war und ich keinen Dolch irgendwo in den Eingeweiden stecken hatte. Wenn sie sich solche Sorgen um mich machte, dann hätte sie mich besser mit sich nehmen sollen, aber bevor ich ihr das sagen konnte, tätschelte sie zufrieden meine Hand und wandte sich dann Bel zu, mit dem sie ein Gespräch unter vier Augen führen wollte.
Mies gelaunt stand er unter einer großen Eiche im Hof. Wenigstens schien er momentan nüchtern zu sein, denn die letzten Tage war er weniger bei vollem Verstand gewesen.
Als Zola ihn erreichte und ein paar Worte mit ihm wechselte, verschränkte er abwehrend die Hände vor der Brust. Die Mordlust stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben und mit jedem Wort, das Zola mehr sprach, zogen sich seine dunklen Augenbrauen immer weiter zusammen, bis sich eine tiefe Furche zwischen ihnen gebildet hatte.
Asil versuchte meinem fragenden Blick auszuweichen, gab sich aber schließlich geschlagen und seufzte: »Es könnte sein, dass mir da eine Bemerkung zu dem, was mit Beaufort geschehen ist, Zola gegenüber herausgerutscht ist.«
Mein Blick glitt zurück zu Zola und Bel, die lautstark angefangen hatten zu streiten, doch leider konnte ich kaum ein Wort verstehen.
»Wird er sie töten?«, fragte ich nachdenklich und machte mir ein bisschen Sorgen um Zola, die gut eineinhalb Köpfe kleiner war, als er und den Kopf weit in den Nacken legen musste, um ihm in das Gesicht blicken zu können.
Asil schnaubte amüsiert. »Warum sind deine Gedanken immer so brutal? Nein, er wird sie nicht töten. Bei ihr bin ich mir da aber nicht so sicher ...«
»Gibt sie ihm die Schuld?«
»Sie hat dich in seiner Verantwortung zurückgelassen.«
»Das ist doch Schwachsinn«, entgegnete ich. »Ich bin freiwillig mit Beaufort mitgegangen.« Nicht mal ich gab Bel die Schuld dafür. Ich hatte eine dumme Entscheidung getroffen und dafür bezahlt. Niemand außer Beaufort musste dafür zur Rechenschaft gezogen werden.
»So einfach ist es leider nicht, Eleah.« Asil hatte den Blick ebenfalls auf die beiden gerichtet. Ihre Stimmen wurden immer lauter, woraufhin sich auf Asils Stirn nun ebenfalls eine tiefe Furche bildete. »Entschuldige mich bitte, ich gehe wohl doch besser mal dazwischen, bevor die beiden sich an die Gurgel gehen.« Mit großen Schritten stürmte er über den Hof und legte Bel freundschaftlich den Arm um die Schultern. Er wechselte ein paar Wörter mit den beiden Streithähnen, und als die Stimmung sich scheinbar wieder beruhigt hatte, rubbelte er Bel mit der Faust über den Schädel, woraufhin er einen bitterbösen Blick erntete.
Bel löste seinen vernichtenden Blick von Asil und starrte mich über Zolas Schulter hinweg an, was ein unangenehmes Gefühl in meinem Magen auslöste. Seine dunkle Kleidung schien mit dem Schatten, den der Baum warf, zu verschmelzen und nur das wütende Funkeln seiner Augen machte mich noch einmal auf ihn aufmerksam. Asil sagte etwas, sodass Bel sich schließlich vom Stamm des Baumes abstieß und über den Hof zur Haustür stapfte, gefolgt von einem grinsenden Asil. Ich konnte es wirklich kaum erwarten, endlich zu erfahren, was hier vor sich ging.
Ich folgte den anderen in die Küche, wo wir alle an dem langen Eichenholztisch Platz nahmen, bis auf Bel, der sich merkwürdig verkrampft an eine Wand lehnte und sich von uns distanzierte.
»Ich denke, ich fange am besten ganz von vorne an«, begann Zola schließlich und räusperte sich. »Vor vielen Jahren war diese Welt noch ein Ort voller Magie gewesen, denn jeder Mensch wurde bei seiner Geburt in ein elementares Zeichen geboren. Trotz dieser Mächte herrschte größtenteils Frieden, da jedes Element seine Vor- und Nachteile einem anderen Element gegenüber hatte und niemand es wagte, den Zorn eines stärkeren Elements auf sich zu ziehen.« Sie machte eine theatralische Pause. »Bis vor zweihundert Jahren.«
DU LIEST GERADE
NOIR - Ein Königreich aus Staub und Asche
Fantasy*** Watty Gewinner in der Kategorie Fantasy *** Band I der NOIR-Dilogie »Ich weiß, dass du dir ein anderes Leben ersehnt hast und dass du dich sicherlich fragst, warum ausgerechnet du die Auserwählte bist. Ich kann dir darauf keine Antworten geben u...