20. 🙏🏻

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„Du bist also hetero hm?"

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Ich wurde durch das unaufhörliche vibrieren meines Handys geweckt.
Ein unzufriedenes Murren verließ meinen Mund während ich noch halb blind danach griff.

Ein lautes Seufzen verließ meinen Mund als ich sah, dass es gerade mal 6:30 Uhr war.
Wieso in aller Welt rief Hyunjin mich um so eine Uhrzeit an?!

„Hmmm?" grummelte ich als ich ran ging und mir flog mein Handy regelrecht aus der Hand als mir ein „FEEELIIIIIIIX" durch die Ohren sauste.

„Woah was ist denn? Hast du mal auf die Uhr geguckt??" maulte ich während ich mein Handy diesmal mit Sicherheitsabstand an mein Ohr hielt.

„Du. Ich. Treffen. 30 Minuten. Schulhof. Bye."

Und dann legte der allen Ernstes auf.
Wer wollte sich denn bitte um 7 also eine Stunde vor Schulbeginn in der Schule treffen?!
Schien schon wichtig zu sein... allerdings war es Hyunjin und der naja neigte hin und wieder zu leeeeeeichten Übertreibungen.

Ich rappelte mich also etwas in eine sitzende Position auf und fuhr mir durch die Haare.
Und dann geschah genau das wovor ich Angst gehabt hatte als ich am Abend zuvor eingeschlafen war.
Die Erinnerungen und Gedanken kamen zurück.
Dieses Gefühl von Chans Lippen auf meinen. Die Tatsache, dass wir uns wirklich geküsst hatten.
Und ich sprach hier nicht von einem platonisch freundschaftlichen Kuss, nein, wir hatten uns RICHTIG geküsst!

Verzweifelt seufzte ich. Ich hatte das Bedürfnis laut vor Freude aufzuquieken so wie die Teenager Mädels in den typisch amerikanischen Filmen, doch ich versuchte all meine Prinzipien und die Prinzipien meines Glaubens in meinem Kopf festzunageln.
Das war falsch, sogar verboten.
Wie konnte ich nur?!

Dennoch strich mein Zeigefinger verträumt an meiner Unterlippe entlang.
Dort hatte er mich berührt.... mit seinen vollen Lippen.
Ich hatte ihn geschmeckt.
Ihn.
Diesen wunderschönen Jungen.

Nach unserem Kuss hatte er mich grinsend angeschaut und mich gefragt :" Du bist also hetero hmm?"

Mehr oder weniger zum Glück hatte seine Mutter uns zum Essen gerufen.
Danach war nicht mehr viel geschehen, da mich meine Mutter nach Hause bestellt hatte, da ich mit ihr die Bibelstunde für Sonntag vorbereiten sollte.

Das gesamte Essen mit Chans Familie hatte ich mich so unwohl gefühlt.
Jedesmal wenn er seine Lippen an sein Glas setzte, glaubte ich innerlich zu sterben.
Ich hatte ihn Minuten vorher noch GEKÜSST.
Ich hatte ihm meinen ERSTEN Kuss geschenkt-
Etwas, dass ich immer für meine Ehefrau aufsparen wollte-

Außerdem schämte ich mich vor seinen Eltern, auch wenn sie es nicht wussten, ich wusste es, und ich wusste, dass es in ihren Augen das Böse war, dass sie mich beschimpfen und rausschmeißen würden.

Um auf Chans Frage zurück zu kommen.
War ich heterosexuell? So sehr ich es mir auch wünschte... es wäre gelogen zu behaupten ich hätte auch nur einmal Interesse an einem Mädchen gehabt. Und wenn ich an Chan und an seinen heißen, nackten Oberkörper dachte... da war es mir selbst eigentlich klar, dass ich die Frage verneinen musste.

Wieso ich? Wieso war ich so geworden?
Wieso sehnte ich mich nicht einfach nach einem friedlichen Leben mit einem netten Mädchen aus der Gemeinde so wie es alle anderen Gläubigen taten?
Ich sehnte mich hingegen nach dem was gestern geschehen war. Ich wollte auf seinem Schoß sitzen, spüren wie er meine Hüfte mit seinen starken Händen umgreift und wie seine Lippen sich an meine schmiegen.
Ich vermisste ihn regelrecht.

IMMORALITY  Where stories live. Discover now