Jungen

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"He du Alleingänger", rief ein Junge und stürmte auf mich zu. Seine blonde Haarmähne wippte beim laufen auf und ab und ich musste bei dem Anblick fast grinsen. Kämpferisch wollte er sich auf mich stürzen und sprang schon mit enormer Kraft vom Boden ab, direkt mit nach vornen ausgebreiteten Armen zu mir. Ich wich reflexartig aus und er knallte fest auf den Boden. Es wurde totenstill und der Staub auf dem Boden wirbelte auf und hüllte den Jungen damit ein. Ein Stöhnen kam vom Boden und der Junge rappelte sich auf und klopfte sich den Staub von den Kleidern. "Freak", grummelte er und ein Junge mit braunem Pferdeschwanz empfing ihn. Die beiden warfen mir verächtliche Blicke zu und wandten sich tuschelnd ab. Ich senkte den Kopf und ließ mit meinem Schuh Erde aufwirbeln. "Ist doch nicht schlimm. Jake ist ein Angeber", sagte jemand. Es war der dunkelhaarige Junge mit den Locken, der mich angrinste. Ich lächelte zurück und hob meinen Kopf. "Lass uns dahinten hin gehen", schlug er vor und deutete auf den Baum, hinter dem ich mich eben versteckt hatte. Wir schlenderte stumm durch den angrenzenden Wald und wussten nicht was wir einander sagen sollten. Endlich begann der Junge zu reden. "Du kannst jetzt endlich deine Kapuze ausziehen", sagte er drängelnd und ich schaute ihn fragend an. "Ich merke doch dass du ein Mädchen bist. Selbst mein 6- jähriger Bruder hat eine dunklere Stimme als du, außerdem habe ich dich eben gesehen mit deinem Spiegel", plapperte der Junge und ich setzte seufend die Kapuze ab. Plötzlich blieb er stehen und schaute mich betroffen an. Ich stutzte und fasste mir schnell ins Gesicht. "Hab ich Pickel?!", fragte ich hastig und kramte nach meinem Handspiegel. "Nein, nein...du bist nur...sehr hübsch", stieß de Junge mit hochrotem Kopf hervor. "Ich bin Amira", murmelte ich verlegen. "Livan", antwortete der Junge und schaute zu Boden. "Du weißt aber schon dass das hier eine Jungenschule ist, oder?", fragte er und wirkte plötzlich spöttisch. Ich zog wieder stur meine Kapuze nach oben und versteckte meine Haare. Ich drehte mich um und stiefelte davon. Livan schaute mir betreten und zuglich verdutzt hinteher. Er dachte, dass ich keine Chance hier hatte. Aber das hatte ich. Mit einem teuflischen Grinsen ging ich zum breits geöffneten Schultor und begann mein neues Leben. 

Heute war noch kein gewöhnlicher Tag. Alle der Jungen hatten zu ihrer Freude eine Uniform bekommen und ihre Zimmer zugeteilt bekommen. Da die Schulleitung von mir wusste, hatte ich ein Zimmer alleine. Ich betrachtete den himmelblauen Rock, die weiße Strumpfhose und das enge, weiße T-Shirt, das mir alles schon auf mein Bett gelegt wurde. Ich stierte das blaue Schleifchen an, dass für meine Haare gedacht waren. Nie und nimmer würde ich mir eine Schleife in die Haare binden. Ich dachte an Joline, ein Mädchen aus meiner Stadt, mit blonden, langen Haaren und einem makellosen Gesicht. Alle Jungs waren ihr immer um den Hals gefallen. Sie hatte auch immer Schleifen getragen, und prächtige Sommerkleider in allen möglichen Farben. Mich hatten die Jungs nie beachtet. Das war mir auch immer egal gewesen. Aber wenn ich diese Schleife jetzt tragen würde, dann ürde ich mich wie Joline fühlen. Nein, nein, und nochmal, nein! "Zieh dich an du unerzogene Göre", krähte plötzlich eine krächzende Stimme und ich blickte mich erschrocken im Zimmer um. Niemand da. "Jetzt stell dich nicht so an", plärrte die Stimme erneut. Mein Blick fiel auf die Schleife. Sie hatte kleine, kugelrunde augen bekommen und einen frechen, vorlauten Mund, der sich grimmig verzog. Ich wich nach hinten und knallte gegen ein Regal, woraufhin die dort plazierte Vase mit den Feilchen drin klirrend zu Boden fiel und in tausend Teile zersprang. Leise fluchte ich vor mich hin. Ich merkte, wie die Schleife mich immer noch anstarrte. Ich ging eilig auf sie zu und band mir mit der Schleife einen Zopf. Sofort verstummte das Gemurre und als ich mich mithilfe eines Spiegels von hinten betrachtete, sah ich, dass das Gesicht verschwunden war. Ich schüttelte den Kopf und zog mich schnell um, um weitere sprechende Kleider zu vermeiden. Das diese Schule magisch war, wusste ich. Aber meine Erwartungen waren schon jetzt längst übertroffen.


Am Abend sollten sich alle im großen Gemeinschaftsraum versammeln. Verzweifelt durchwühlte ich die befüllten Schubladen meines Zimmers, mit den vorgegebenen Kleidern. Doch Mützen oder Kapuzen waren nirgendwo zu finden. "In den Gemeinschaftsraum", trompetete da plötzlich jemand hinter mir. Es war genau die selbe Stimme wie die der Schleife und für einen Moment dachte ich, dass sie wieder zum Leben erwacht wöre. Doch als ih mich umdrehte, stand ein kleiner Zwerg mit einer Liste vor der Tür. Er ging mir etwa bis zu den Hüften, trug eine große Mütze, hatte ein langes, schwarzes Gewand an und eine runde Nickelbrille. "Bekomme ich die Mütze?", flehte ich und kniete mich bettelnd vor ihn. Jetzt waren wir fast auf gleicher Höhe. Der Zwerg wich angewidert und zugleich überrascht zurück. "Ein Mädchen, Mädchen auf der Jungenschule, Mädchen für kämpfen...", murmelte er und watschelte mit seiner Mütze davon. Enttäuscht ließ ich meinen Kopf hängen und folgte ihm in den Flur hinaus. Natürlich war mir klar, dass ich mich niemals für immer als Jungen tarnen könnte. Aber gleich am ersten Tag das Geheimnis lüften war nicht mein Plan gewesen. Mit hängenden Kopf tappte ich den Flur entlang. Der Zwerg war mir weit voraus und klopfte an jeder Tür an. "In den Gemeinschaftsraum", zischte er abwesend zu den Jungen im Zimmer und war schon an der nächsten Tür. Doch die Jungen kicherten nur und schlugen die Tür wieder zu. Da wurde es dem Zwerg zu blöde. Er zückte ein Flötenartiges Instrument aus seiner Tasche, die er bei sich trug, und pfiff hinein. Ein schriller Ton erklang und ich hielt mir entsetzt die Ohren zu. Dann wedelte der Zwerg mit den Händen und beschwor eine lichtartige Kugel herauf. Im selben Moment hörte man panisches Gekreische aus den Zimmern und Jungen stürmten ängstlich heraus. Schuhe, Gürtel, Knöpfe, Kämme... alle hatten Gesichter bekommen und jagten den Jungs hüpfend und laut schreiend hinterher. "Gemeinschaftsraum, Gemeinschaftsraum, Gemeinschaftsraum...", quäkten sie in der Stimme des Zwerges. Der Zwerg presste sich währenddessen schützend an die Wand um nicht von den Jungen überrannt zu werden, und lächelte mir zufrieden zu. Dann nickte er, und trottete hinter der Menge hinterher. Die Jungen waren so in Panik, dass sie mich gar nicht bemerkt hatten. Lächelnd folgte ich ihnen in den Gemeinschaftraum. Als ich dort ankam staunte ich nicht schlecht. Der Gemeinschaftsraum war ein großer Raum mit einer gewölbten Decke, an der passende Malerein gezeichnet waren. Zwei Männer, in alten Gewändern, die nur die wichtigsten Stellen verdeckten. Sie hatten langes Haar und einen Vollbart,  beide hatten blitzende Schwerter in den Händen und waren in einem tiefen Kampf. Sie kämpften auf Wolken, hinter ihnen Stürmten bewaffnete Krieger mit Helmen auf sie zu, den Mund schreiend geöffnet. Über ihnen schwebten Engeln, vier Frauen mit weißen Kleidern und Flügeln, die größer waren als sie selbst. Staunend legte ich den Kopf in den Nacken und bewunderte weiter die Malereien. Bis ich merkte, dass die Jungs sich längst wieder beruhigt hatten und alles ganz still war. Langsam sah ich mich im Saal um. Alle Augenpaare waren auf mich gerichtet. Meine Augen weiteten sich erschrocken. Doch noch bevor ich mich aus dem Raum stürzen konnte, verschlossen sich die Türen ganz von alleine und knallten laut und schallernd zu. Auch rütteln half nichts, es war Magie im Spiel. Ich drehte mich um und sah die zwei Lehrer, die sich in die Mitte des Raumes plaziert hatten. Vorwurfsvoll zeigten sie auf einen leeren Platz neben einem rothaarigen Jungen mit vielen Sommersprossen und blau-grünen Augen. Er rutschte unruhig auf die andere Seite von seinem Stuhl, so weit weg wie möglich von mir. "Also, liebe Jungen", begann einer der Lehrer. Er hatte schwarzes Stoppelhaar, war ungefähr anfang dreißig und seine Zähne blitzten während er redete. Er trug einen schwarzen, feierlichen Anzug und schaute alle streng an. "Und...Mädchen", ergänzte der andere und kräuselte den Mund. Er hatte blondes, Ohrlanges Haar, das mit viel Gel gestylt war. Er allerdings hatte genau die selben Kleider an wie die Schüler, und war auch etwa erst zwanzig. Wieder schauten alle Jungen auf mich und verschränkten spöttisch die Arme. Jetzt trottete auch der Zwerg herein. Unter meinem Entsetzen glitt der mühelos durch die verschlossene Tür, als wäre er ein Geist. Die Jungen starrten ihn erstaunt an. "Klappe", brummte der Zwerg, bevor jemand etwas sagen konnte. Der Mann in Anzug lächelte gekünstelt und warf dem Zwerg einen strengen Blick zu. Der jedoch ignorierte ihn und stellte sich grimmig neben den blondhaarigen Mann. Sie tauschten einen vielsagenden Blick. "Nun, ihr wisst ja, wenn ihr euch für diese Schule beworben habt, warumihr hier seid. Für die ganz dummen, die dies nicht wissen oder es vergessen haben sollten", fuhr der schwarzhaarige Mann fort und warf mir erneut einen misstrauischen Blick zu. "Ihr seid hier um den Palast Nirbaniens zu beschützen. Wie ihr wisst wird dieser mit jedem Jahr neuen ausgebildeten Kriegern bewacht. Ihr seid hier, um eines Tages einer von ihnen zu werden. Das wird kein Zuckerschlecken, denn hier werdet ihr wirklich darauf vorbereitet. Also denkt ja nicht, dass wenn ihr ein paar Muskeln habt, dass ihr dann nicht mehr lernen müsst. Denn, es hat noch nie jeder geschafft. Mindestens einer musste seid der Gründung für seine Schwävhe mit dem Tod büßen. Und ich denke, bei euch wird es auch jemanden geben" Die Junge schielten betroffen zu mir, doch ich schaute kampfsbereit den Lehrer an und hielt seinen mitleidigen Blick stand. "Fragen?", bellte der Zwerg und mehrere Finger schnellten nach oben. Zu meiner Verwunderung wussten die Lehrer alle Namen der Kinder. "Ja, Risco?", sagte der blonde Mann und nahm einen dunkelhäutigen, großgewachsenen Jungen mit schwarzen Locken dran. "Warum ist hier ein Mädchen?!", rief er erschüttert und die Jungen johlten zustimmend. Ich sank kleinlaut in mich zusammen. Auch die Lehrer hatten keine Antwort darauf. Verdutzt sahen sie sich an. Was sollten sie antworten? "Mädchen gut, Mädchen da", grummelte der Zwerg und wantschelte in meine Richtung. "Gut im kochen meint der wohl", scherzte ein Junge mit dunkelblonden, schulterlangen Haaren. "Aber im kämpfen wohl kaum" Beleidigt verschränkte ich die Arme. Der Zwerg stand nun vor mir und winkte mich zu ihm heran. Dann flüsterte er mir etwas ins Ohr. "Du gut kämpfen?", fragte er neugierig. Ich nickte. Daheim in einem kleinen Dorf das kaum jemand kannte, hatte ich seid ich drei Jahre alt war einen Kampfsport-Kurs belegt, und hatte ein außerordentlich gutes Talent im Ausweichen, Schwertkampf und Reflexe hatte ich natürlich auch. Schon viele Jungen hatte ich mühelos besiegt. "Dann zeige es Jungen", brummte der Zwerg als Antwort. Dann lief er so schnell er konnte zu dem Jungen  mit den schulterlangen Haaren und gab ihm ein Zeichen, aufzustehen. Dann winkte er mich zu ihm in die Mitte. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch stand ich auf und schlich in die Mitte. Der Junge grinste verächtlich. "Xilan", sagte der Zwerg und zeigte mit seinem winzigen Finger auf den Jungen mir gegenüber. "Amira" Er zeigte auf mich. Hilflos schaute ich zu den Lehrern, die sicher einen Kampf am ersten Tag verhindern wollten. Doch sie hatten schon länsgt Platz gemacht und schauten Xilan erwartungsvoll an. Außer der Zwerg hielt mich wohl jeder für schlecht. Da fasste ich neuen Mut. Jeder meiner Feinde irgendwann würden mich als Mädchen unterschätzen. Und doch könnte ich jedem mit einer Überraschung fertig machen, denn gerade wenn jemand am wenigsten Stärke erwartete, wurde er von einer plötzlich Wendung überrumpelt. Ich sah den Jungen von unten herab herausfordernd an. Wenn ich diesen Kampf gewinnen würde, dann würde mir niemand mehr abweisende Blicke zuwerfen, und die Lehrer würden mich nicht mehr mitleidig ansehen, weil sie dachten, dass ich es niemals schaffen würde. Ich war hier, um eine Zukunft am Palast Nirbaniens zu haben, um dort als Kriegerin zu wachen. Wenn ich jetzt vor einem unerfahrenen Jungen zurückschreckte und mich einschüchtern ließ, dann war ich hier eindeutig falsch. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und lächelte den Jungen an. "Los, fang an", meinte ich herausfordernd. Der Junge schaute fragend zu den Lehrern. "Ich will kein Mädchen verletzen, so etwas macht kein Mann", sagte er. "Soweit ich weiß bist du noch kein Mann, Idiot", fuhr ich ihn unerwartet barsch an. "Außerdem, wer sagt, dass du mir weh tust?" Das wurde dem Jungen zu viel. Er schrie laut auf und schlug mir seine Faust entgegen. Ich duckte mich hinter ihm und trat ihm fest in den Rücken. Er war jedoch überraschenderweise wenig Schmerzempfindlich. Er taumelte einige Schritte zurück und stürtzte sich wieder auf mich. Diesesmal wehrte ich seine Hand geschickt ab und versetzte ihm einen Tritt in seine Weichteile. Er krümmte sich, sank jedoch immer noch nicht zu Boden. Ich holte weit mit meinem Fuß aus und schleuderte ihn über sein Genick.Ich drückte fest zu und verpasste ihn gleichzeitig mit dem Ellenbogen ein paar Schläge in die Rippen. "Unterschätze niemals...", stöhnte ich und drückte mein Bein noch fester um seinen Hals, sodass er nur noch schwer Luft bekam. "Ein", fuhr ich fort und löste mich von ihm. "Mädchen!" Mit diesem Wort stolzierte ich zuück zu meinem Platz und beobachtete wie Xilan sich langsam aufrichtete und zu seinem Platz hinkte. Die Jungen beachteten ihn nicht mehr sondern schauten enttäuscht zu dem Zwerg, der zufrieden grinste. Die Jungen hatten ihre erste Lektion in dieser Schule gelernt.

Fights- Ich gegen alleWhere stories live. Discover now