Unterricht

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Ich stiefelte schnurstracks zur Theaterlichtung und hatte Mühe, in dem Gedrängel durchgedrehter Jungen mir einen Weg zu bahnen. Endlich endete der Flur und ich quetschte mich nach draußen. Gierig sog ich die frische Luft ein und versuchte das aufgeregte Geplapper der Jungs auszublenden. Gerade als ich weitergehen wollte, schob sich jemand vor mich und lächelte mich wie ein Honigkuchenpferd an. Es war aber kein Schüler, und auch kein Junge oder Mann. Sondern eine blondhaarige Frau mit weinroten Lippenstift, grauem Lidschatten und rot gepuderten Wangen. Ihre Zähne blitzten strahlend weiß und mit ihrem spitzen Kinn hätte sie glatt jemanden erdlochen können. Ich schreckte zurück und musterte die Frau skeptisch. Sie stand auf knallroten Stöckelschuhen mit einem hohen Absatz, trug ein Hautenges, schwarzes Kleid und eine altmodische Perlenkette, die im fahlen Sonnenlicht funkelten wie die Sterne in der Nacht. "Guten Morgen Liebes", begrüßte sie mich mit einer hohen, schrillen Stimme. Im Hintergrund vertrieb ein Lehrer die Schüler wieder und erklärte dass Professor Millen heute Mittag unterrichten würde, und somit mit Professor Jayx tauschen würde. "Kennen wir uns?", fragte ich die Frau und runzelte die Stirn. "Jetzt schon", strahlte die Frau und zog mir den Stunden plan aus der Hand, den sie anschließen zerriss und auf den Boden warf. "Umweltverschmutzung", grummelte ich und verdrehte die Augen. "Den wirst du nicht mehr brauchen", säuselte die Frau und ich starrte sie genervt an. "Ich bin Madame Zhian, und befreie dich von deinem quälenden Unterricht voll tollwütiger Jungen", flötete sie und lachte schallernd. "Ich denke ich komme mit denen zurecht, trotzdem danke", sagte ich abweisend und wollte gehen, doch die Frau hielt mich am Handgelenk fest, und zog mich mit einer unerwarteten Kraft zurück. Verdutzt schaute ich in ihr immer noch lächelndes Gesicht, dass aber auf einmal jeden freundlichen Glanz verloren hatte. Ihre Augen funkelten vorfeudig und zugleich unheimlich, sie sah kampfbereit aus und ihre vollen, dunkelroten Lippen kräuselten sich langsam zu einem bösartigen Grinsen. Doch ich ließ mich nicht einschüchtern. "Außerdem spreche ich kein Französisch, ich finde es nicht als nötig sie mit Madame anzusprechen", spottete ich respektlos. "Ich bin eine Dame, und Madame hört sich viel...fräulicher an. Man sollte immer einen Unterschied zwischen Mann und Frau haben, findest du nicht? Und trotzdem bist du hier, versuchst dir ein Leben als Kriger aufzubauen, unter Jungen, die dich nie respektieren werden", meinte Madame Zhian spitz und ich schaute sie trotzig von unten herab an, denn sie war enorm groß und überragte mich um mehr als nur einen Kopf. "Aber die Schule gibt dir eine Chance, und ich bin hier, um dich von einem Tag Spott zu befreien und dir einen für dein Geschlecht angemessenen Unterricht zu geben, und dir vielleicht die Augen zu öffnen", fügte sie etwas freundlicher hinzu und ich kniff wütend die Augen zu. "Danke, aber nein. Als ich mich für hier beworben habe, war mir durchaus bewusst, dass hier nur Jungen sind. Und ich finde es unnötig, einen getrennten und vielleicht sogar dümmlicheren Unterricht wie die anderen zu haben", zischte ich und die Frau kam lauernd näher. "Wie kannst du es wagen so mit mir zu reden?! Wie ein...Junge! Du erkennst einfach nicht wer und wie du bist! Zeit, dich zu erziehen!"

Eine halbe Stunde später saß ich schmollend in einem kleinen, nach Schweiß stinkenden Raum und saß gelangweilt auf einem blauen, unbequemen Stuhl. "Haltung bewahren spielt eine sehr wichtige Rolle im kämpfen. Wenn du deine stolze Haltung und deinen siegesreichen Gesichtsausdruck verlierst, dann kannst du dich gleich ergeben", predigte Madame Zhian und faltete gebetsähnlich die Hände. Ich warf einen vielsagenden Blick auf das Poster eines Kriegers, der mit gebückter Haltung, Buckel und verzerrtem Gesicht mit dem Schwert durch die Gegend schlug. Schnell stöckelte Madame Zhian zu der Abbildung und riss sie grob von der Wand. "Das war Theoros Kibbing, ein berühmter Kämpfer, der den Palast oftmals rettete. Er verlor sein Leben durch eine falsche Entscheidung...er verletzte sich durch eine falsche Bewegung beim Ducken an seiner Wirbelseule und wurde danach durch einen Schwerthieb tödlich verletzt", zischte die Frau und ich stöhnte. "Sehen Sie, ich würde gerne bei die anderen. Später werde ich auch unter Männern kämpfen, und muss mit ihnen einen ganzen Tag lang klarkommen", seufzte ich flehend, doch Madame Zhian kannte kein Erbarmen. "Wenn du überhaupt so lange durchhälst", lachte Madame Zhian spottend. "Im Moment sieht es jedenfalls nicht danach aus. Wenn du weiterhin so unvorteilhaft auf deinem Stuhl sitzt, wirst du in wenigen Jahren nur noch mit Schmerzen gehen können" Ich verdrehte die Augen und setzte mich kerzengerade hin. "Die Jungs lernen auch nicht wie man sich hinsetzt", raunte ich. "Wie oft hatten wir das jetzt schon innerhalb der letzten halben Stunde?!", brauste die Frau auf, der es offenbar zu weit ging. "Ziemlich oft", gab ich wütend zu und stand auf. "ICh gehe mich jetzt beschweren!" Mit diesen Wort ief ich zur Tür, Madame Zhians triumphiernedes Lächeln blieb mir jedoch nicht unbemerkt. Dennoch stieß ich die Tür mit dem Fuß auf und knallte sie mit voller Kraft hinter mir zu, sodass der menschenleere, stille Flur darunter erbebte. Ich hatte jedoch nicht vor, mich zu beschweren. Zhians Grinsen ging mir nicht auf den Kopf, aus irgendeinem Grund war sie zufrieden mit meinem Ausraster. Es war ihr völlig egal, dass ich mich über sie bexhweren wollte. Also bog ich statt nach Links, wo es zu dem Büro der Lehrer ging, nach rechts ab, in der sich weitere Klassenräume befanden. Ich schaute hilflos auf den Stundenplan, den ich in meine Hosentasche gesteckt hatte. "Raum 34", grummelte ich vor mich hin. Raum 29, 30, 31,32,33... Wie angewurzelt blieb ich vor der schwarzen Holztür stehen, die mit einer verschnörkelten Aufschroft verziert war, die die Zahl 34 darstellte. Mit weißer Farbe waren die zwei Zahlen auf die splittrige, morsche Tür gemalt worden, die Farbe war längst getrocknet, jedoch beim Aufstrich nach unten gelaufen, was ein gruseliges und ausladendes Bild war. Da hörte ich Stöckelschuhe durch die lautlose Schule klackern. Klick, klack, klick, klack... Aus der Klasse hörte man eine dunkle, raue Stimme, die beinahe wütend wirkte, und von jemandem namens Theoros Kibbing erzählte. "Ein hefvorragender Schüler, meiner alten Klasse. Anders wie ihr schleimigen nichts könnenden Kröten passte er auf und lernte schnell!", murmelte der Mann in einer tiefen, Beschwörerischen Stimme. Die Klasse blieb still und ich spürte sogar vor der Tür das betroffene Schweigen. Klick, klack. Die Schritte kamen näher, und folglich konnte es nur Madame Zhian sein. Ich riss die Tür auf und alle Jungenaugen richteten sich auf mich. Mit verschränkten Armen glotzte mich der Lehrer an. "Die berühmte Amira", lästerte er und nickte auf einen Platz ganz hinten. Folgsam trottete ich auf den für mich vorgesehenen Platz. "Hälst dich wohl für etwas besseres?", schimpfte der Professor abfällig. "Auch ein Mädchen hat pünktlich zu sein" Zähneknirschend setzte ich mich neben einen strohblonden Jungen mit grauen Augen, und verkniff mir eine schnippische Antwort. "Wie heißt der Lehrer?", fragte ich den Jungen neben mir. "Professor Jayx", gab der Junge überraschend freundlich zurück. "Haben wir nicht jetzt eigentlich Einführungsgeschichte und in der letzten Stunde Professor Jayx?", hakte ich mit einem skeptischen Blick auf den Stundenplan nach. "Professor Millen ist verhindert und hat mit Jayx getauscht" "Stimmt ja", murmelte ich und stöhnte. "Die anderen meiden mich als hätte ich die Pest", flüsterte ich ihm zu und er lächelte amüsiert, sagte jedoch nichts. "Wie lange noch?", plapperte ich weiter, um ein Gespräch mit dem stillen Jungen aufzubauen. "Fünf Minuten oder so" Der Junge zuckte ratlos mit den Schultern. "Und, ähm...Einführungsgeschichte haben doch alle Leute zusammen...Das hier ist ja nicht die ganze Schule", meinte ich. "In den anderen Klassen springen andere Lehrer für Millen ein", antwortete der Junge. "Ich bin übrigens Sairo" Ich schmunzelte. "Ich heiße Amira" Der Junge schmunzelte nun ebenfalls. "Weiß ich doch"

Am Ende der Stunde wurden Sairo und ich schon drei mal verwarnt. Zusammen drängelten wir uns in den Flur und redeten über den Unterricht. "Jayx ist ein Spießer", seufzte Sairo und ich nickte. "Man hab ich Hunger. Was denkst du was es hier so gibt?", fragte ich meinen neuen Freund. "Alles", schwärmte Sairo. "Das hat jedenfalls mein Bruder immer gesagt. Bevor er spurlos verschwunden ist" Sairo ließ traurig den Kopf hängen. "Verschwunden?", wiederholte ich ungläubig. "Nach einem Angriff auf den Palast. Niemand hat ihn seitdem gesehen", sagte er niedergeschlagen und ich schaute ihn betroffen an. "Aber ich nehme mir auf jeden Fall Pfannkuchen mit Honig und Schokoladen-milch!", wechselte er schnell das Thema und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Wenig später saßen wir zusammen an einem menschenleeren Tisch. Alle warfen Sairo giftige Blicke zu, vor allem ein Junge mit kurzgeschorenen, dunklen Haaren und dunklen, böse funkelnden Augen, die sich mit hasserfüllten Blick in Sairo bohrten. "Das ist Kilian", meinte Sairo, mit einem abfälligen Blick auf den Jungen gerichtet. "Wir waren gute Freunde bis eben, aber jetzt wo ich mit dir befreundet bin, mag er mich natürlich nicht mehr", lästerte Sairo. Reflexartig grif ich nach meinem befüllten Tablett und erhob mich. "Ich will nicht, dass du wegen mir keine Freunde mehr hast", sagte ich schnell. "Ich hab doch dich, und ich will auch nicht, dass du keine Freunde hast", erwiderte Sairo ohne aufzustehen und warf mirt von unten herab einen treuherzigen Blick zu. Zum ersten mal seit langem hatte ich das Gefühl, dass mich jemand wirklich mochte. Sairo und ich waren füreinander bestimmt, dass wusste ich. Ich sah lächelnd in seine grau-blauen Augen und sein blondeswuschelhaar, dass ihm im Gesicht hing. Er biss sich auf die Lippen und grinste dabei, als hätte er irgendetwas verbrochen. Ich grinste zurück und nahm einen Happen meines Croissants. Dann brachen wir völlig ohne Grund in Gelächter aus und ich wusste, dass er ein guter Freund war.

Fights- Ich gegen alleTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon