Kapitel 3

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Avessa öffnete die Augen, als es einen Ruck gab und der Zug zum Stehen kam. Ihre Stirn runzelte sich. Es war zwar fast dunkel, aber wenn sie ihrem Gefühl vertrauen durfte, konnten sie noch nicht angekommen sein.

Sie hatte tatsächlich ein Abteil gefunden, in dem nur zwei andere gesessen hatten. Erstklässler, wie es aussah. Also perfekt, da diese sich nicht trauten, sie anzusprechen. Avessa hatte eine Weile aus dem Fenster geschaut und über Hogwarts nachgedacht. Sie hatte alles über das Schloss gelesen, was sie in die Hände bekommen hatte, einfach, um nicht ganz so verloren zu sein, wenn sie ankam. Sie hasste es, im Mittelpunkt zu stehen und als Drittklässlerin nicht zu wissen, wo es langging, oder dass sich die Treppen ständig bewegten, oder was auch immer...würde sie in den Mittelpunkt stellen. Definitiv. Besonders als 'Carrow'.

Nun erhob sie sich und trat gerade aus dem Abteil, als sie eine Tür hörte. Eine Außentür. Was war da los? Sie ging in Richtung der Geräusche, auch wenn alle anderen verharrten und verwirrt bis ängstlich um sich sahen, leise miteinander tuschelnd. Dann wurde es schlagartig dunkler und eiskalt. Avessas feine Härchen stellten sich auf und sie zog automatisch ihren Zauberstab, als ein heftiges Gefühl der Angst und Bedrohung zunahm.

Aus dem Dunkeln schälten sich zwei düstere Kreaturen, die den Gang entlangzuschweben schienen. Sie waren in lange zerfaserte Umhänge gehüllt, die ihren schlaksig wirkenden Leib verhüllten und große Kapuzen verdeckten ihre Gesichter. Und obwohl sie bisher noch nie welchen begegnet war, wusste Avessa, was das für Kreaturen waren.

Denn zu ihrem Glück waren die Professoren von Durmstrang der Meinung, man sollte Hexen und Zauberer von klein auf mit den gefährlichen magischen Geschöpfen und ihrer Verteidigung gegen sie vertraut machen. Nicht mit jenen, die niemandem schadeten. Diese hier konnten jemandem schaden. Sehr sogar.

Avessa umfasste ihren Zauberstab fester, und betrachtete die schwebenden Kreaturen, die man Dementoren nannte und die, wie sie aus den Büchern wusste, eigentlich das Gefängnis von Askaban bewachen sollten. Was machten sie also hier?

Ihr Atem ging flach und schnell und als sie sah, dass die beiden ein Abteil öffneten, ein Schrei erklang und eine polternde Stimme "Verschwindet! Niemand versteckt hier Sirius Black!" rief, zog sie scharf die Luft ein, war ihr der Name natürlich nicht unbekannt – wie wohl keinem, der in letzter Zeit den Tagespropheten gelesen hatte.

Das Geräusch, welches Avessa von sich gab, reichte, eine der Kreaturen auf sie aufmerksam zu machen und sie wandte ihr das unsichtbare Gesicht zu, während die zweite ins Abteil schweben wollte. Erneut erklangen Schreie und ohne wirklich zu wissen, was sie tat, hob Avessa ihren Zauberstab und wisperte sehr eindringlich etwas.

Keiner der Umstehenden verstand, was sie zischte, war es zu leise und sie zu abgelenkt, doch entkam ihrem Stab silbrigweißer Rauch, der sich zu einer faserigen Schlange zu bilden schien, die sich emporreckte und der Kreatur entgegenstellte, welche sofort vor dem Leuchten zurückwich. Doch brauchte es noch das helle Strahlen des großen Wolfes, welcher aus dem Abteil kam, um die Angreifer in die Flucht zu schlagen. Er schien aus reinem Licht zu bestehen und blendete nicht nur die Dementoren. Doch anders als bei ihnen, weckte das Licht bei Avessa Freude und vertrieb die Angst.

Ihre Schlange löste sich auf und ihre geweiteten Augen richteten sich auf den Mann, der aus dem Abteil trat und sich verwirrt umsah. Er war größer als sie, älter, wohl ein...Lehrer? Aber weit schlechter gekleidet. Sein Umhang war offensichtlich einige Male geflickt worden und er sah irgendwie verhärmt aus. Kurz spürte sie Mitleid mit ihm, doch schwand dieser Gedanke schnell, als er sie ins Auge fasste und auf sie zukam. Wie von selbst verschwand ihr Zauberstab in ihrem Umhang und sie sah sich kurz um, bevor sie ihm wieder entgegensah, das Kinn leicht herausfordernd gehoben.

Langsam kamen die anderen aus den Ecken und Abteilen hervor und auch das Licht im Zug ging wieder an. Sie hatte tatsächlich als Einzige direkt auf dem Gang gestanden. Der Mann trat vor sie und sah auf sie hinab. Nicht, dass Avessa mit ihren knapp 1,65 sehr klein war, doch überragte auch er sie um einen Kopf. "Warst du das?", fragte er und seine Stimme war von einer freundlichen Wärme erfüllt. Sie gefiel ihr und unbewusst entspannte sich Avessa ein wenig. Ihre Miene indes blieb unbewegt und sie nickte langsam. "Ich...denke schon. Je nachdem, was Sie meinen, Sir."

Er wollte antworten, doch fiel sein Blick dann auf eine Hexe, die einen Imbisswagen vor sich hatte und anscheinend noch ein wenig brauchte, sich von ihrem Schrecken zu erholen. Er ging schnell zu ihr und kaufte einen enormen Schokoladenriegel, mit dem er dann zu dem Abteil zurückging, das er eben verlassen hatte.

"Komm mit", sagte er im Vorbeigehen zu Avessa und sie tat dies, leicht die Stirn runzelnd. Ob Alaric das gemeint hatte mit 'keine Schande machen'? Sie zuckte mit den Achseln. Das konnte er kaum ihr anlasten. Sie blieb in der Abteiltür stehen und beobachtete stumm, wie der Mann Schokolade an die Jugendlichen verteilte, die darinsaßen. Besonders ein Junge schien neben der Spur zu sein und rückte sich gerade die Brille zurecht, auf die Schokolade starrend, als würde er überlegen, ob sie vergiftet sei.

"Iss. Ich habe sie nicht vergiftet", sagte der Mann lächelnd und Avessa entkam ein kurzes Lachen, weil er denselben Gedanken hatte, wie sie. Die Jugendlichen drehten sich zu ihr und ein rothaariger Junge verzog das Gesicht. "Worüber lachst du? Das ist nicht witzig!" Sein Blick wanderte über sie, während ein anderer keuchte. "A-A-Avessa C-C-Carrow!" Er klang ängstlich, fast, als wäre sie eine dieser Kreaturen! Ihr Gesicht verzog sich missfällig, als sie ihn ansah und er wurde rot, wich einen Schritt zurück. „Longbottom...", sagte Avessa leise, aber der Rothaarige unterbrach sie. "Stimmt, oder? Carrow...! Dann verschwinde lieber von hier. Du kannst dich über andere lustig machen!"

Avessa presste die Lippen aufeinander und unterdrückte den Drang, sich zu verteidigen. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte. So war es immer. Immer war ihr Name mehr wert, als das, was sie tat. Verflucht, sie hatte versucht zu helfen! Sie schloss die Tür und wirbelte herum, nur um direkt von einem Körper gestoppt zu werden, in den sie hineinrannte. Sie ächzte und rieb sich die Stirn, zu der Person aufblickend, die sie gerammt hatte. Noch ein Rothaariger. Beim Dunklen Lord, war das eine Epidemie?

𝒜𝒞 - Unter LöwenTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang