❥ Chapter 22

212 13 1
                                    

Lyas POV

Wie jeden Donnerstag sitze ich im Behandlungszimmer von Mrs Jensen in dem grauen Sessel, in dem ich immer sitze und schaue mich wartend im Zimmer um. Mrs Jensen musste noch schnell ein Telefonat führen und ließ mich schonmal herein. Als mein Blick das Regal an der rechten Wand streift bemerke ich, dass irgendwas anders ist und schaue genauer hin. Es wurde umgeräumt. Die Figuren haben den Platz mit den Büchern getauscht, sodass die Figuren nun im obersten Regal stehen und die Bücher darunter.
Die Tür schlägt auf und meine Therapeutin kommt hereingestürmt. "Tut mir wirklich Leid, Lyana, aber ich konnte das Gespräch nicht verschieben." Sie schließt die Tür, nimmt sich etwas zum schreiben und setzt sich auf den Sessel gegenüber von mir.
"Da wir jetzt", sie schaut auf ihre Armbanduhr,  "ungefähr 5 Minuten zu spät dran sind, hängen wir diese Zeit noch hinten dran. Die Minutenzahl der Stunde ändert sich ja nicht."

"Schon okay, das passiert." Mir wäre es auch egal gewesen, wenn wir diese 5 Minuten einfach unter den Tisch fallen lassen würden, aber das würde Mrs Jensen nicht zulassen. Dafür ist sie viel zu professionell, also erwidere ich das erst gar nicht.

"Fangen wir nochmal an. Hallo, wie geht es dir denn heute?", fragt sie und sieht mich aufmerksam an. Diese Frage mag ich noch immer nicht, aber mittlerweile habe ich mich an sie gewöhnt und reagiere nicht mehr so zickig wie vorher. Dass Mrs Jensen mich das fragt ist fast schon Normalität für mich.

"Hallo. Ganz gut, eigentlich."

Wie immer macht sie sich Notizen. "Ehrlich?"

"Ja, also na ja, den Umständen enstsprechend."

"Okay. Wie sind denn die Umstände?", fragt sie mit ruhiger Stimme nach.
Schon vor dieser Stunde habe ich mir bereitgelegt, was ich sagen könnte und mir wurde sofort klar, dass ich über den Vorfall im Biologieunterricht reden sollte. Dafür bin ich schließlich hier und außerdem habe ich es Mom versprochen. "Es gab einen, ähm Zwischenfall, könnte man sagen."
Mrs Jensen hört mir aufmerksam zu und signalisiert mir mit einem Nicken, dass ich fortfahren kann. Meine Hände liegen zusammengfaltet in meinem Schoß und ich drücke sie leicht zusammen. Es ist mir noch immer unangenehm, darüber zu sprechen und irgendwie ist es auch peinlich, wie ich reagiert habe.

"Also, am Montag haben wir in Biologie über die Vererbung der Blutgruppen geredet. Dazu haben wir eine Dokumentation geguckt, worin alles erklärt wurde und da wurde Blut gezeigt, was ja klar ist. Aber mir wurde ziemlich schlecht und dann bin ich raus und zur Toilette gelaufen." Ich senke den Blick kurz auf meine verschränkten Finger und sehe dann wieder zu meiner Therapeutin hoch. Sie schreibt kurz etwas auf und sieht dann wieder zu mir.
"Und das Problem ist, dass mir sowas noch nie passiert ist. Ich hatte noch nie eine Blutphobie oder sowas, aber das hat mich an... an Nick erinnert und dann kam alles wieder hoch." Sie nickt leicht.

"Du bist also dann zur Toilette gelaufen und hast dich übergeben?", fragt sie mit ihrer typischen Therapeutinnenstimme.

Mit erhitzten Wangen wende ich meine Blick erneut ab und gebe ein leises "ja" von mir. Es war schon ziemlich ernidrigend, es Mom gesagt zu haben, aber das hier fühlt sich noch viel schlimmer an.

"Maddie kam mir auch direkt hinterher und war die Zeit über bei mir."

"Hast du ihr gesagt, was los war?"

"Ja, ich habe ihr alles gesagt. Sie hat mir zugehört und dann sind wir gemeinsam zum Krankenzimmer gegangen, wo meine Mom mich dann angeholt hat, weil ich, ehrlich gesagt, ziemlich fertig war."

Ein kleines Lächeln schleicht sich auf Mrs Jensens Gesicht und es ist glaube ich das erste Mal, dass ich sie während unserer Sitzungen wirklich lächeln sehe. "Das war die richtige Entscheidung, Lyana. Wie hat sie reagiert?"

"Sie hat mich gefragt, warum ich das nicht schon früher gesagt habe und dass ich mich ihr immer anvertrauen könne. Es war ja irgendwie auch unumgänglich. Ich meine, eine andere Erklärung hätte sie mir wahrscheinlich sowieso nicht geglaubt."

"Trotzdem. Du hast dich ihr anvertraut und das ist ein wichtiger Schritt. Anscheinend hat sich zwischen euch nichts verändert, also schien es wie die richtige Entscheidung. Oder bereust du es?"

Ich überlege kurz. Maddie alles gesagt zu haben hat mir eine wahnsinnige Last von den Schultern genommen und ich habe auch nicht mehr das Gefühl, auf Distanz zu sein. "Nein, ich bereue es nicht", antworte ich mit einem kleinen Lächeln und ich glaube sogar eine kurze Erleichterung auf Mrs Jensens Gesicht sehen zu können

Break The FallWhere stories live. Discover now