❥ Chapter 35

232 14 5
                                    

Lyas POV

Gerade will ich mein Zimmer verlassen, als mein Blick auf den Kalender neben der Tür fällt. Ich lasse meine Hand von der Türklinke gleiten und starre einfach nur diesen Kalender an. Es ist November. Nicks Geburtsmonat. Seinen Geburtstag habe ich fett angestrichen, wie immer. Mom musste wahrscheinlich den Monat umgeblättert haben, weil ich es bisher mit voller Absicht nicht getan hatte, genau wegen diesem Tag. Und jetzt verspottet mich dieser Eintrag und zeigt mir, wie ich als beste Freundin versagt habe. Ich spüre, wie meine Augen beginnen zu brennen und blinzle so oft ich kann, damit ich die aufkommenden Tränen aufhalten kann. Schnell greife ich wieder zur Türklinke, reiße die Tür auf und stürme aus meinem Zimmer.

*

"Wie geht es dir?", fragt Maddie plötzlich aus dem Nichts. Überrascht sehe ich sie an.
"Gut, wieso fragst du?"

Verunsichert beißt sie sich auf ihre Unterlippe und wendet den Blick ab. "Es ist November", anwtortet sie leise, fast schon in einem Flüsterton.

Was sie nicht sagt. "Ich weiß."

Keine von uns sagt etwas, bis wir an der Schule ankommen und Maddie stehen bleibt. "Ich weiß, dass ihr jedes Jahr seinen Geburtstag gemeinsam gefeiert habt, aber dieses Jahr können wir ja etwas machen. Dann musst du den Tag nicht alleine verbringen."

Das ist wirklich ein nettes Angebot von ihr und ich weiß, dass ich es vermutlich annehmen sollte, aber es fühlt sich irgendwie nicht richtig an. Auch, wenn Maddie und Jonah bei den letzten Geburtstagen dabei waren, ist es jetzt anders. Wenn ich mit Maddie etwas unternehmen würde, würde mich das den ganzen Tag wahrscheinlich an Nick erinnern, statt mich davon abzulenken und ich weiß nicht, ob ich das aushalte. Ich will nicht daran denken, obwohl diese soweiso schon rund um die Uhr in meinem Kopf auf Endlosschleife laufen.

"Schon in Ordnung. Mir geht's gut." Gott, zwei Lügen hintereinander. Ich bin wirklich die schlechteste beste Freundin aller Zeiten.

"Okay, wie du möchtest." Enttäuschung huscht über Maddies Gesicht und mich überkommt eine Wut. Warum hat er mich allein zurückgelassen? Wenn Nick heute noch hier wäre, würde ich nicht mal halb so viel Mitleid und Enttäuschung in den Gesichtern anderer sehen und ich müsste meine Freunde nicht enttäuschen. Scheiße, warum musste er alles zerstören?

Maddie berührt sanft meinen Arm und ich zucke zusammen. "Sorry, aber wir sollten zum Unterricht." Ich richte meinen Rucksack und laufe durch die Eingangshalle zu meinem nächsten Kurs. Ich schaue nicht mehr zu Maddie zurück, sondern laufe schnurstraks durch den Flur, was eigentlich dumm ist, da wir in der ersten Stunde gemeinsam Unterricht haben. Aber ich brauche gerade etwas Abstand.

Alecs POV

"Ist alles in Ordnung mit dir, Mann? Du bist heute so still", fragt Jonah auf unserem Weg zu Geschichte.

Seitdem mir vor wenigen Tagen klargeworden ist, dass ich in Lya verliebt bin, ist irgendwie alles anders. Alles scheint wie immer, aber jetzt nehme ich es ganz anders wahr. Als ich heute morgen auf sie getroffen bin, konnte ich sie nur dumm anstarren. Immer wieder kam mir der Gedanke Ich bin in dich verliebt oder Ich bin in Lya verliebt. Eigentlich dämlich von mir, dass mir das nicht vorher bewusst wurde, weil ich sie schon von Anfang an hübsch und interessant fand. Aber sie war nicht das erste Mädchen, das mir gefiel. Jedoch ist sie die Erste, die mich auch mit der Persönlichkeit überzeugt.

"Ja, alles ist super", versuche ich es mit einem lässigen Lächeln abzutun.

Doch so, wie Jonah mich gerade ansieht, glaubt er mir kein Wort. "Und warum verhälst du dich so komisch? Seit ich dich kenne, habe ich ich nicht so angespannt erlebt wie heute."

Da habe ich ihn wohl unterschätzt. Ich dachte nicht, dass er so auf Körpersprache achten würde, weil das eigentlich kaum jemand tut. Okay, meine Mutter macht das auch, aber das gehört zu ihrem Job. Aber vielleicht achtet man automatisch mehr auf die Menschen um einen herum, wenn sein bester Freund sich das Leben genommen hat. Ich erinnere mich an so einen Artikel aus Moms Büchern.

"Ich will jetzt nicht sentimental werden oder so, aber falls was sein sollte, kannst du mit mir reden, ja? Wir kennen uns zwar noch nicht allzu lange, aber trotzdem." Ja, der Artikel hat recht.

Ich weiß nicht genau, was ich darauf antworten soll. Klar könnte ich ihm von Lya erzählen. Er kennt sie gut und würde mir bestimmt Ratschläge geben, aber andererseits ist da noch Maddie. Jonah könnte es Maddie erzählen und die wiederum könnte es Lya erzählen, was ich auf gar keinen Fall möchte. Wenn, würde ich es ihr persönlich sagen, doch nach allem, was ich mitlerweile so von ihr mitbekommen habe, ist das jetzt alles andere als ein guter Zeitpunkt. Sie scheint noch sehr mit dem Tod ihres besten Freundes zu kämpfen und da ist es nicht gerade gut, wenn ich ankomme und noch mehr Chaos verursache. Alles, was sie jetzt braucht ist die Unterstützung ihrer Freunde und die werde ich ihr geben. Da ist es erstmal unwichtig, was ich möchte und fühle. Also muss ich mich nur zusammenreißen.

Das erinnert mich an das Baseballtraining von damals. Immer, wenn ich während des Trainings in Gedanken war und einen Schlag nach dem anderen vermasselt habe, schimpfte Coach Garfunkel immer: "Reiß dich zusammen, Scott und denk gefälligst an das Team!" Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass er ein guter Coach ist. Streng, aber fair. Im Nachhinein denke ich sogar, dass er vielleicht etwas zu fair war.

"Das weiß ich zu schätzen, danke Mann. Und ähm, für dich gilt das Gleiche."

Nun grinst er wieder. "Danke. Hey, bist du heute schon beschäftigt?"

"Nein, wieso?"

"Ich dachte, wir könnten zusammen abhängen."

Das ist eigentlich die perfekte Idee. So habe ich Ablenkung und muss nicht immer wieder an Lya denken. Also sage ich zu.

Break The FallWhere stories live. Discover now