Kapitel 5

2.3K 95 167
                                    

Nach dem ersten Treffen mit Mister Davis-Taylor brauchte ich dringend einen Drink und meine beste Freundin Tatjana. Mit ihr konnte ich über das Treffen sprechen. Tatjana würde bestimmt offen und ehrlich ihre Meinung dazu kundgeben.

Ich klingelte an ihrer Tür Sturm und wartete ungeduldig, dass sie aufmachte. Das Bellen ihrer Hundedame Sweety begleitete das Klingeln und ich musste grinsen, als ich Tatjana schimpfen hörte.

Kaum öffnete sich die Tür einen Spalt, sprang die Golden Retriever Hündin heraus und umschmeichelte meine Beine. Anfangs hatte ich Tatjana mit der Behauptung, Sweety wäre eine Katze und kein Hund, aufgezogen. Mittlerweile wusste ich, dass die Hundedame einfach zu faul war, Leute anzuspringen. Was aufgrund ihrer Größe auch gut war.

„Komm herein, sofern Sweety dich lässt", bemerkte Tatjana lachend und ließ mich allein.

Ich sah ihr nach und lächelte. Da ich genau wusste, dass die Hündin mich nicht in Ruhe lassen würde, bis ich sie ausgiebig begrüßt hatte, widmete ich mich ihr zuerst. Ich ließ meine Hände über das weiche Fell gleiten und wurde zum Dank abgeschleckt. An Sweetys Kopf angekommen, kraulte ich sie hinter den Ohren. Ihr Schwanzwedeln, aber auch ein zufriedener Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht sprachen Bände. Es wirkte, als würde sie lächeln und ich gab ihr einen Kuss auf die feuchte Schnauze. Es tat gut, dass sich die Hündin immer freute, mich wiederzusehen. Dabei war mein letzter Besuch erst zwei Wochen her. Im Hundeleben war das wohl eine Ewigkeit.

Sobald sich Sweety streckte und gähnte, wusste ich, dass die Begrüßung vorbei war. Langsam trottete die Hündin zurück ins Haus. Ich strich mir die Hundehaare von der Hose und folgte ihr.

Ein leckerer Geruch, den ich noch nicht ganz zuordnen konnte, lag in der Luft und ich sog ihn tief ein. Tatjana konnte ausgezeichnet kochen. Nicht nur modern und fettarm, sondern auch deftig und etwas für die Seele. Es war stets ein Genuss, bei ihr zu essen.

Ich folgte dem Geruch bis in die Küche und lächelte. Tatsächlich stand Tatjana am Herd und rührte in einem Topf herum. „Also, schieß los, was hat es mit diesem Sugar Daddy auf sich?", wollte sie neugierig wissen.

Stirnrunzelnd stellte ich mich neben sie, um den Inhalt des Topfes zu betrachten. In einer braunen Soße köchelten Fleisch und Gemüsestücke und ich quietschte entzückt, als Tatjana mir einen Löffel zum Kosten hinhielt. „Keine Frage, wie es mir geht?", neckte ich und seufzte leicht gequält. Mir war klar, dass Tatjana nicht um den heißen Brei herumredete.

Während sie begann, den Tisch zu decken, schnitt ich das Brot in Scheiben und erzählte ihr alles. Nicht in Kurzfassung wie ursprünglich geplant, da Tatjana alles bis ins kleinste Detail wissen wollte. „Und er ist tatsächlich der Chef von Thrilling Festive?", fragte sie am Ende meiner Erzählung.

Bekümmert nickte ich und ließ mich auf dem Stuhl nieder. „Er war so einschüchternd und irgendwie habe ich das Gefühl, es wird nichts, aber ich brauche das Geld." Niedergeschlagen fuhr ich mir durch mein blondes Haar und seufzte erneut.

Tatjana legte ihren Finger unter mein Kinn, drückte es nach oben und sah mich mit ihren grünen Augen eindringlich an, als würde sie mich hypnotisieren wollen. Das hatte sie früher schon gerne getan, wenn sie mir etwas klarmachen wollte. „Süße, er ist ein Sugar Daddy. Er wird dafür sorgen, dass es dir gut geht und du keine Geldprobleme mehr hast. Sofern du den Vertrag natürlich einhältst", sagte sie und klang überzeugt.

Tatjana sprach aus Erfahrung. Nach einigen schiefgelaufenen Beziehungen hatte sie es mit einem Sugar Daddy versucht. Mit diesem hatte sie sich gut verstanden und die gemeinsamen Stunden hatten ihr Konto gut wachsen lassen. Sex war ein Teil davon gewesen, aber der Senior hatte sich meistens nach Gesellschaft gesehnt. Dank ihm war Tatjana in der Welt herumgekommen und hatte nach seinem Ableben eine kleine Summe von ihm geerbt. Das war überraschend gewesen, aber damit hatte sie sich ihren Traum vom Eigenhaus bereits mit 23 Jahren erfüllen können. Bald darauf hatte sie ihren Mann Erik kennengelernt und war seitdem glücklich verheiratet.

„Also meinst du wirklich, ich soll mich darauf einlassen? Auch, wenn er so einschüchternd und fordernd ist?", fragte ich unsicher. Mein Ex hatte mir mit seiner einschüchternden, bedrohlichen Art keine schöne Zeit beschert und ich hatte Angst, dass es sich wiederholen würde.

Tatjana nickte. „Du solltest es zumindest versuchen. Vielleicht ist er ganz anders, als er sich gegeben hat. Und nun komm. Iss etwas, du bist blass", bat sie und schöpfte mir eine großzügige Portion auf den Teller.

Dankbar lächelnd schnappte ich mir eine Brotscheibe und genoss die Mahlzeit in vollen Zügen. Irgendwie gab mir das warme Essen ein beruhigendes Gefühl. Nach dem Essen verkrümelten wir uns ins Wohnzimmer und ich trank mit Tatjana Kaffee. Es war schön, mich mit ihr zu unterhalten und von den letzten Wochen zu erzählen. Unter anderem erwähnte ich auch den penetranten Gestank in meiner Dachwohnung, obwohl ich regelmäßig lüftete.

„Wenn du es nicht aushältst, zieh zu uns. Für eine Weile können wir schon zusammenrücken", meinte Tatjana. Der liebgemeinte Vorschlag kam überraschend, aber ich lehnte ab.

„Das ist lieb, aber ich möchte kein Eindringling sein", gestand ich mit dem Blick auf das schwarze Gebräu in meinen Händen. Dank meinem Ex Damon hatte ich genau dieses Gefühl, wenn ich irgendwo hinging. Selbst bei Tatjana glaubte ich oft, in ihre Privatsphäre einzudringen, wenn ich sie besuchte. Sie war die einzige, verbliebene Freundin, die mich trotz Damons Versuchen, uns auseinanderzubringen, nicht im Stich gelassen hatte.

„Jade, du weißt genau, dass das nicht stimmt. Wenn du uns brauchst, sind wir da. Ich denke nicht, dass Erik etwas dagegen hätte, wenn du vorübergehend bei uns lebst. Und die Kinder würden sich auch freuen", bemerkte Tatjana. Sie legte einen Arm um mich und sah mich aufmunternd an. „Du weißt doch: So schnell wirst du mich nicht los. Da müssen schon Panzer kommen und keine Ersatzteile wie Damon, um uns auseinanderzubringen."

Zaghaft lächelnd lehnte ich mich an meine beste Freundin und seufzte. „Danke, Tatjana", flüsterte ich. Dankbar, solch einen Menschen in meinem Leben zu haben, erzählte ich ihr von dem erneuten, fehlgeschlagenen Versuch, meinen Vater zu erreichen.

„Schon seit Monaten geht er nicht mehr ans Telefon und seit Neuestem ist die Nummer scheinbar nicht mehr erreichbar", meinte ich bedrückt. Mir fehlte mein Vater, der sich nach der Scheidung irgendwo abgesetzt hatte. Niemand wusste, wo er war. Anfangs hatten wir noch regen Kontakt gehalten, wobei er eisern über seinen Aufenthaltsort geschwiegen hatte. Irgendwann waren die Anrufe seltener geworden, was auch an Damon lag, der mir oft das Smartphone aus der Hand genommen hatte, wenn ein Anruf eingegangen war.

Mitleidig streichelte Tatjana meine Hand. „Ach, Süße", sagte sie mitfühlend und seufzte. „Vielleicht hat er sein Smartphone verloren und musste sich ein neues anschaffen", mutmaßte sie.

Das war möglich, dennoch ließ das meine Sehnsucht nach meinem Vater nicht weniger werden. „Mir würde es reichen, wenn ich wüsste, dass es ihm gut geht", flüsterte ich und erlaubte mir, meinen Tränen freien Lauf zu lassen. Bei Tatjana musste ich mich nicht verstellen und sie war für mich da, bis ihr Mann und ihre Kinder nach Hause kamen.

Das war das Zeichen, dass ich gehen sollte. Allerdings bat mich Erik, mit ihnen noch gemeinsam zu Abend zu essen. Trotz der ordentlichen Portion hatte ich erneut Hunger und nahm die Einladung an. Erik bot mir sogar an, mich danach nach Hause zu fahren. Das war gut, denn als ich mich endlich verabschiedete, war es bereits später Abend. Die Kinder waren bereits zu Bett gegangen und hatten uns Erwachsenen ein wenig Zeit für sich gelassen. Jetzt war ich allerdings froh, nach Hause zu kommen. Ob ich überhaupt ein Auge zumachen konnte, würde sich noch herausstellen.

Thrilling Deal - Dark Secrets [Leseprobe]Where stories live. Discover now