Zusatz 3

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Intervention

Die Tage strichen vorüber wie Kalenderblätter, die vom Wind abgerissen wurden und davonschwebten in die immer mehr ergrauende Landschaft. So langsam beschlich mich das Gefühl, dass je mieser es mir ging, desto trübseliger schien das Wetter zu werden. Umso erstaunter war ich dann darüber, dass an einem Sonntag früh, die Türklingel ertönte und mich aus dem Schlaf riss. Ein Blick auf den Wecker verriet, dass es schon lange nicht mehr Morgen war, sondern sich schon die Mittagszeit dem Ende zuneigte.
Mehr schlecht als recht schälte ich mich aus dem Bett. Es klingelte erneut.

"Jaja, ich bin doch schon unterwegs!", rief ich genervt.

Wer störte mich so früh am Morg- äh Mittag. Das konnte doch nur die Post sein und egal was der Briefträger auch für mich dabei hatte, ich wollte es nicht. Ich wollte gar nichts. Ich wollte... James. Und das zuzugeben war das wohl schwierigste Geständnis der ganzen Woche gewesen, nie hatte ich mich so einsam gefühlt.
Ich erreichte gerade die Tür, als es ein drittes Mal läutete.

"Bei Merlins pinken Wollsocken!"

Mit einem heftigen Ruck zog ich die Tür auf und blaffte dem Gast nur ein "Was?!" entgegen.

"Du bist aber gut gelaunt", lachte Marlene McKinnon, meine beste Freundin, und schob sich an mir vorbei ins Haus.

"Merlin, Lily! Du stinkst schlimmer als Bubotubler Eiter! Wann hast du dich das letzte Mal gewaschen?"

Ich antwortete überhaupt nicht darauf, sondern schlurfte bloß in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Ohne Koffein würde ich meine beste Freundin einfach nicht aushalten können.

"Versuchst du Snape Konkurrenz zu machen?"

"Marlene", sagte ich scharf.

"Ist ja gut."

Wie ein Gummiball hüpfte sie in der Küche umher, während ich heißes Wasser für den Kaffee aufsetzte und mich auf einen der Küchenstühle fallen ließ. Roch ich wirklich so furchtbar? Vermutlich, meine Haut hatte schon seit mehreren Tagen kein Wasser mehr gesehen, allerdings auch kein wirkliches Sonnenlicht. So gut es eben ging, versuchte ich mich von der ganzen Welt abzukapseln, um ja niemandem zu begegnen. Immer öfter, beschlich mich der Gedanke, die falsche Wahl getroffen zu haben und immer wieder rief ich mir ins Gedächtnis, dass es eben nicht die falsche Wahl gewesen war. Das durfte einfach nicht sein, andernfalls hätte ich die Liebe für nichts und wieder nichts aufgegeben. Und dieser Gedanke ängstigte mich beinahe ebenso sehr, wie James einen Besuch abzustatten, um ihn um Verzeihung zu bitten. Aber ich hatte mich nicht falsch entschieden, es tat nur weh... das war alles.

"Lils, was ist denn nur los mit dir?", fragte Marlene wohl nicht schon zum ersten Mal.

Überrascht stellte ich fest, dass schon eine Tasse brühend heißer Kaffee vor mir stand, dessen Duft meinen ganzen Körper durchströmte.
Jede meiner Zellen schien nun wirklich begriffen zu haben, dass es wieder an der Zeit war wach zu werden. Ich hatte es die letzte Zeit vermieden, der wache Zustand war gefährlich. Ich war in der Lage zu denken, an viel zu viel zu denken. Ich konnte meine Entscheidungen infrage stellen, machte mir Vorwürfe, versuchte alles, um nicht verrückt zu werden, doch ich scheiterte kläglich. Die einzige Lösung war im Bett zu bleiben, zu schlafen, den Alltag und die Sorgen zu vergessen und darauf zu hoffen und zu vertrauen, dass mich all die Probleme nicht auch noch in meinen Träumen heimsuchen würden.

"Bin nur etwas müde und zerstreut", log ich, doch Marlene konnte ich nicht täuschen.

Sie hatte eine Art sechsten Sinn entwickelt, mit dem sie zu meinem persönlichen wandelnden Lügendetektor wurde, was zwar manchmal hilfreich und doch auch ziemlich lästig sein konnte.

✓|𝐎𝐛𝐥𝐢𝐯𝐢𝐨𝐧 - JilyNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ