20. Blaues Pulver

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*SPECIAL* aus James' Sicht (ab Ende Kapitel 19) :

Zusammen mit Sirius lief ich die Gänge entlang. Ich hatte keine Lust auf Zaubertränke, auf Schniefelus' Gesicht schon gar nicht. Außerdem würde ich Lily über den Weg laufen und gerade im Augenblick war die Situation zwischen uns ziemlich angespannt. Ich wusste nicht was ich sagen oder tun sollte, jedesmal wenn ich ihr begegnete plapperte ich sofort drauf los, ohne Kontrolle darüber, was ich eigentlich sagte.
"Krone, deine miese Laune ist förmlich spürbar. Was ist denn los?" Sirius musterte mich gespannt, doch ich wandte den Blick ab.
Ob er wie mein Bruder war oder nicht, ich wollte nicht mit ihm über Lily sprechen, nicht jetzt, nicht mehr. Ich hatte das Gefühl, jedes Mal, wenn ich oder Sirius oder irgendwer den Mund aufmachte, ging alles sofort schief und meine Chance, Lily davon zu überzeugen, dass ich ein guter Mensch war, wurde zu Nichte gemacht. Sie würde sich nie in mich verlieben, das wusste ich mittlerweile, das zeigte sie mir seit Jahren und so langsam wurde ich alt genug, es auch endlich zu begreifen, es zu akzeptieren. Doch ich wollte mit ihr befreundet sein, sie sollte mich nicht hassen.
"Ach nichts", murmelte ich an meinen Bruder gewandt. "Keine Lust auf Zaubertränke."
Sirius nickte, doch zufrieden war er mit meiner Antwort nicht, das war mir klar.
Mein Blick blieb an seinem Hemd hängen, besser gesagt an dem Kragen. Blauer Staub hatte sich dort festgesetzt und ich erinnerte mich daran, genau diesen auch schon vor ein paar Tagen an Moony gesehen zu haben. In meinem Kopf ratterten die Zahnräder. Als es endlich Klick machte, war es schon zu spät.

"Lily! Was ist mit ihr?!" Dorcas Meadowes' Stimme hallte von den Wänden wider.
Ich warf einen raschen Blick über die Schulter, Sirius war mitten in der Bewegung erstarrt, sein Blick glasig und der Mund stand offen.
Was hatten meine Freunde nur getan?
Ich rannte los, folgte den verzweifelten Rufen von Lilys Freundinnen um die Ecke, Richtung Zaubertränke.
Dort saß sie, zitternd und verzweifelt fuhr sie sich ihre Arme entlang. Sie war vollkommen aufgelöst.
"Au!", stöhnte sie erneut.
"Was ist mit ihr?", fragte ich und kniete mich neben sie. In ihrem Gesicht und auf ihrer Kleidung klebte blauer Staub, sonst schien es ihr an nichts zu fehlen.
"Lily?" Der Versuch sie anzusprechen, zeigte keinerlei Wirkung. Sie blinzelte mehrere Male, ihre Augen verdrehten sich, so dass nur noch das weiße zu sehen war. Erschöpft kippte sie zur Seite gegen meine Brust.
"Lily!", schrie Marlene, doch das rothaarige Mädchen schloss die Augen und wurde ohnmächtig.
"Was war das für Pulver? War das Gift?"
"Das waren bestimmt die Slytherins!"
"Lily braucht einen Arzt!"
"Alice, hol Slughorn!"
"LEUTE!!", brüllte ich so laut ich konnte, um das Geschnatter der Mädchen zu übertönen. "Sie muss in den Krankenflügel. Jetzt."
"Was war das für Pulver?", wiederholte Alice ihre Frage und musterte mich eingehend, als wollte sie überprüfen, ob ich an dem Missgeschick schuld wäre. Nun ja, ganz so abwegig war der Gedanke nicht. Denn das blaue Pulver war der Beweis dafür, dass zumindest der Rest der Rumtreiber etwas mit der Sache zu tun hatte.

"Krone, was ist passiert?" Sirius kam hinter mir zum Stehen. Er blickte in die Runde, zwinkerte Marlene kurz zu, bevor er sich in den Türrahmen stellte.
"Das weißt du genau", knurrte ich wütend, doch das half Lily jetzt nicht.
Die Mädchen wechselten verstohlene Blicke und alle auf einmal gingen sie auf meinen besten Freund los.
"Was hast du getan?"
"Wie konntest ihr nur!"
"Die arme Lily! Ihr Gesicht ist ganz weiß."
"Ein bisschen Rouge..."
"MARLENE!", Dorcas und Alice schienen völlig mit den Nerven am Ende.
Doch während sie Sirius beschäftigten, rappelte ich mich auf und hob Lily sachte hoch. Mein einer Arm war um ihren Rücken geschlungen, der andere unter ihren Knien, ihr Kopf lehnte gegen meine Brust und leise hörte ich sie atmen.
Überall rieb sich blauer Staub in meine Klamotten, doch das war unwichtig, solange es Lily gut ging.
Ihre Stirn war ganz heiß und leicht verschwitzt, einige Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht. Sie sah wunderschön aus.
"Bringen wir dich mal von hier weg", flüsterte ich ihr zu und begann Richtung Krankenflügel zu laufen. Leider blieb das nicht unbemerkt.
"Was tust du da?", fragte Alice.
"Ach wie süß! Der Ritter in glänzender Rüstung!", rief Marlene.
"Sie wird dich dafür umbringen, wenn sie das erfährt."
"Ein wahrer Held!", prustete Sirius und fiel vor Lachen fast um. Mit strafenden Blicken brachte ich die Aßgeier zum Schweigen. Lily musste in den Krankenflügel, jetzt und sofort. Wer wusste schon, was dieses Pulver mit ihr angestellt hatte. So wie sie war, sah sie aus wie immer, Lily Evans, das rothaarige Mädchen, das mir durch ihren bloßen Anblick den Tag verschönerte. 

✓|𝐎𝐛𝐥𝐢𝐯𝐢𝐨𝐧 - JilyOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz