49. Alte Wunden

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Der Streit mit Mary lag nun schon einige Wochen zurück, der Februar neigte sich dem Ende zu, Valentinstag fiel in diesem Jahr auf einen Montag und wurde somit von dem ganzen Schulstress übertönt, zumal ich sowieso kein besonderes Interesse an einem Tag hegte, der von Grußkartenfirmen ins Leben gerufen wurde, um mehr Profit zu schlagen. Warum sollte ich, meiner bestimmten Person an diesem Tag mehr Aufmerksamkeit schenken als sonst? Konnte ich ihn das ganze Jahr über nicht gut behandeln?
James sah das zwar etwas anders und schenkte mir einen großen Strauß Sonnenblumen, da Lilien viel zu klischeehaft wären und Rosen zu kitschig.
Dass meine Abneigung gegen diesen Feiertag auf Petunias Gehabe und der Farbe pink beruhte, reimte er sich recht schnell zusammen und erklärte sich bereit, mir die schönen Seiten des Feiertages aufzuzeigen, jedes Jahr aufs neue.
Dabei entging ihm aber ganz gewaltig, dass er mich mit der Aussage, wir wären nächstes Jahr definitv noch zusammen, glücklicher gemacht hatte, als er es mit den schönsten Blumen je könnte.
In nicht einmal drei Wochen war Petunias Hochzeit und ich konnte mich einfach nicht entscheiden, ob und wen ich als mein +1 auswählen würde. Der Brief von meiner Mutter, der kurz nach Marys und meiner Auseinandersetzung gekommen war, verriet mir, nicht allein zu kommen, um einen Puffer an diesem besonderen Tag dabeizuhaben, wäre keine schlechte Idee und da konnze ich nur zustimmen, doch wen sollte ich denn zwingen, eine Muggelhochzeit von einem Walross und meiner selbstgerechten Schwester zu besuchen? Marlene hatte sich angeboten, da sie Petunias Eigenheiten eher belustigend als lästig empfand, doch eigentlich hatte ich die ganze Zeit auf eine Reaktion von James gewartet. Ich wollte ihm diese Bürde nicht aufzwingen, doch eigentlich wäre er meine erste Wahl gewesen, auch wenn es bestimmt genial wäre, sich mit Marls auf das Buffet zu stürzen und sich über die gruseligen Reden zu amüsieren.
James hatte aber kein Wort über die Hochzeit verloren, wann immer das Thema aufkam, verließ er den Raum oder schnitt ein anderes Thema an. Es war, als wollte er partout nicht in die Gefahr geraten, gefragt zu werden, wieso er mich nicht begleiten würde. Also fragte ich auch nicht, er sollte sich ja nicht gezwungen fühlen.

"Erde an Lily!" Marlene schnippte mit ihren Fingern vor meinem Gesicht herum.
"Was?"
"Reichst du mir bitte die Kartoffeln? Zum fünften Mal..."
"Hier." Ich warf ihr einen entschuldigenden Blick zu und stützte mein Kinn auf meine Handfläche, während ich mit meiner Gabel in dem Nudelauflauf herumstocherte, den ich mir aufgeladen hatte, der nun jedoch schon völlig kalt war.
Dorcas gluckste. "An was denkst du?"
Marlene warf ein: "Besser gesagt, an wen."
Ich versteckte mich hinter Strähnen meines Haares, doch Marlene schien das Antwort genug zu sein.
"Also an Jamesilein."
Es war definitiv nicht fair, dass sie mich sogut kannte. Wie sollte ich denn irgendetwas vor ihr geheim halten, wenn ein leichtes Zucken mit der Wimper schon ausreichte, um ihr Name, Adresse und Passwort meines Zauberglanz-Dealers zu verraten?
"Was hat unser lieber Schulsprecher jetzt wieder angestellt?", fragte sie halb lachend, halb schmatzend.
"Gar nichts", grummelte ich vor mich her.
Die beiden beließen es erst einmal dabei, vertieften sich wieder in ihre eigenen Gedanken. Gerade als Mary und Alice die Halle betraten, sah Dorcas auf und man konnte regelrecht sehen, wie ihr Herz brach. Von uns allen hatte sie der Streit wohl am meisten getroffen, denn sie hatte nicht nur ihre beste Freundin Alice verloren, sondern auch Mary. Während wir anderen versuchten normal miteinander umzugehen, hatte Dorcas Marys Entschuldigung abgelehnt. Nach der Ohrfeige und Marys Benehmen wollte sie nichts mehr von ihr wissen, so hatte auch Alice entschieden, kein Wort mehr mit Dorcas zu reden, was für die beiden unheimlich schwer war, wo sie doch wie Marlene und ich waren - ich könnte mir nicht vorstellen, von einem auf den anderen Tag kein Wort mehr mit ihr zu sprechen. Allein der Gedanke ließ mich erschaudern.

Die Rumtreiber stießen recht spät zum Mittagessen, doch sobald sie einen Fuß durch die Tür gesetzt hatten, rief Marlene: "James, was hast du jetzt wieder angestellt?"
Am liebsten hätte ich ihren Kopf in den Topf voll Quark getaucht.
Verwirrt tauchten die vier Jungs bei uns auf, James beugte sich zu mir herunter, um mir einen Kuss auf die Wange zu drücken, ehe er Marlene fragte, was sie damit denn gemeint hätte.
"Ach die liebe Lily, ist ganz seltsam - und es hat etwas mit dir zu tun, soviel konnte ich ihr entlocken."
Sirius feixte: "Kaum zwei Monate zusammen, schon schießt sie dich wieder in den Wind, Krone."
Remus trat Black gegen das Schienbein, als auf James Gesicht ein fast schon panischer Ausdruck erschien.
"Nein, das will Lily nicht. Willst du doch nicht, oder?", murmelte er in meine Richtung, ohne mich anzusehen.
Ich erhob mich und zog sein Gesicht zu mir, so dass ich ihm in die Augen schauen konnte.
"Nein, du Spinner", sagte ich sanft und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen, der die Jungs johlen und Marls und Dorcas aufseufzen ließ. "Zumindest noch nicht", ergänzte ich schelmisch und fing mir einen Nasenstüber von James ein.
"Aber, was ist dann los?", fragte er.
Jetzt oder nie. Ich konnte ihn doch nicht einfach so fragen, nicht hier vor all unseren Freunden und der ganzen Schülerschaft, nicht hier vor Mary und Alice. Wenn er ablehnen würde, wäre das unfassbar demütigend und wenn er zwar jetzt aus Gefälligkeit zusagen, es aber zurücknehmen würde, wäre das noch schlimmer. Was sollte ich bloß tun, ich war ein feiges Huhn. Ich schielte zu der blöden Einladung hinüber, die ich seit zwei Wochen überhall mit hin schleppte, für den Fall James würde mich auf die Hochzeit ansprechen, doch dummerweise bemerkte Marlene meinen Blick und grinste.
"Ach darum geht es." Sie hob wissend eine Augenbraue und schnappte sich, bevor ich es verhindern konnte, die Einladung aus meiner Tasche und reichte sie James.
"Lily, will dich wohl an meiner Stelle dabei haben."
Wieso war ich nochmal mit ihr befreundet? Manchmal fragte ich mich das wirklich.
"Ach wie romantisch!", rief Dorcas entzückt, so dass nun auch jeder mitbekommen hatte, was hier los war. Die ersten Schüler begannen schon zu tuscheln, Merlin, am liebsten wäre ich unter dem nächsten Tarnumhang verschwunden.
"Ist das wahr, Lils?" James griff mich bei den Schultern und begann meine Oberarme hoch und runter zu streichen, wobei die Schmetterlinge in meinem Bauch zum Leben erwachten und kräftig mit ihren Flügeln schlugen.
Meine Freunde sahen mich abwartend an, doch ich konnte das nicht vor aller Augen besprechen, also schnappte ich mir James Hand und zog ihn mit nach draußen, was zwar nicht weniger auffällig war, doch mir die Chance gab durchzuschnaufen.

"Also?"
Er lehnte sich lässig gegen eine Wand und setzte dieses typische Grinsen auf, mit dem er jedes Mädchen um den Verstand brachte.
Jetzt war es wohl soweit, es gab kein zurück mehr.
"Nun... ja schon - ich dachte, dich dabei zu haben, würde mir helfen Petunia nicht an die Gurgel zu springen. Außerdem..." ich brach ab, was sollte das bloß? Das war doch lächerlich.
"Außerdem?"
"Ich wollte eben Zeit mit dir verbringen, nicht in diesen Mauern umringt von Mädchen, die mich hassen, nur weil wir ein Paar sind und von Black, der ständig dumme Witze reißt!" Witze, die nur manchmal witzig waren.
James sagte nichts, natürlich nicht - ich klang bestimmt wie all diese anderen Zicken, die um seine Aufmerksamkeit bettelten, dabei wollte ich doch bloß ein Wochenende mit ihm raus aus Hogwarts.
"Hey", faselte ich weiter, "ich verstehe, wenn dir das zu viel ist-..."
Doch James schnitt mir das Wort ab. "Lily, natürlich komme ich mit. Ich habe nicht gesagt, weil ich dachte, du willst mich nicht dabei haben - es ist ein großer Tag für deine Schwester und für dich, da habe ich geglaubt, Marlene wäre eine bessere Unterstützung."
Überglücklich fiel ich ihm um den Hals und drückte einen Kuss auf seine Lippen, den er recht schnell intensivierte, was kleine Blitze durch meinen ganzen Körper jagte. Er drückte mich leicht gegen die Wand, seinen einen Arm hinter meinem Kopf, dass dieser nicht gegen das Gestein gepresst wurde. Mit der anderen Hand fuhr er an meiner Seite entlang, er nahm nur die Fingerspitzen, ganz zwart und weich. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus und ich verschränkte die Arme in seinem Nacken, um ihn tiefer zu mir zu ziehen.
Atemlos löste er sich von mir und strahlte mich an, seine haselnussbraunen Augen glitzerten fröhlich.
"Nun Evans, bedeutet das, ich werde Sie auf eine Hochzeit begleiten?", fragte er galant und grinste.
"Nun Potter, genauso ist es."
Ich wollte ihn gerade wieder zu mir herunterziehen, als Sirius neben uns auftauchte. Er warf mir einen entschuldigen, jedoch belustigten Blick zu und erinnerte James an das Quidditchtraining, das er selbst für heute in genau zehn Minuten angesetzt hatte.
"Lils, wir sehen uns später!", rief er noch und war dann auf den Treppen verschwunden, um seine Ausrüstung zu holen.

Nun da das geklärt war, konnte ich mich ganz brav auf meine Aufsätze und den Lernstoff konzentrieren - also wäre der beste Ort dafür wohl die Bibliothek. Ohne große Umwege machte ich mich auf den Weg. Ich war gerade in einen Zwischengang getreten, da kamen mir Mulciber und Snape entgegen, die mir verstörende Blicke zuwarfen. Snape wirkte total verletzt und unfassbar wütend, während Mulciber so eine Art Freude versprühte, Vorfreude auf eine ganz üble Tat.
"Na, wenn das nicht mal das Schlammblut selbst ist. Hatten wir eben Spaß mit dem Schulsprecher?" Er ahmte seltsame Kussgeräusche nach und wenn ich nicht allein gewesen wäre, hätte ich vermutlich auch darüber gelacht, doch sie waren mir überlegen und viel wichtiger - mein Zauberstab lag am Grund meiner Tasche, die noch in der großen Halle stand.
"Ich kümmer mich um sie", knurrte Snape. Mulciber war nicht besonders erfreut darüber, doch er nickte schließlich und verschwand.
Snape kam auf mich zu, seine Haare hingen ihm fettig ins Gesicht.
"Lily, wieso?", fragte er nach einer Weile des Schweigens.
Wieso, was? Was hatte ich getan, dass ihn so verzweifeln ließ?
"Potter ist ein Widerling und hat dich nicht verdient. Was stimmt denn nicht mit dir? Hast du vergessen, was er dir und mir angetan hat? Er ist ein Monster, genauso wie seine kleinen Freunde. So jemanden lässt du deine zarte Haut berühren?"
Er streckte die Hand aus, wie um meine Wange zu streicheln, doch ich wich zurück.
Krächzend gab ich von mir: "Achja? Was es dir entgangen ist, Sev, Menschen können sich ändern, das müsstest du doch am besten wissen oder was ist aus dem netten Jungen geworden, der mir diese Welt näher gebracht hat? Ich kann ihn nicht mehr sehen, du hast dich verändert und das nicht zum Besseren. Also belehre jemand anderen, den ich weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe!" Ich machte auf dem Absatz kehrt und stürmte in die andere Richtung, doch Snape packte mein Handgelenk.
"Lily bitte, es tut mir leid."
"Dafür ist es wohl zu spät..."
Ich riss mich los und rannte zurück in die große Halle, direkt in die Arme meiner besten Freundin.

Also ich freue mich besonders auf Petunias Hochzeit, dieses Fest wird etwa 5-6 Kapitel umfassen, einfach weil ich es kann und das verdaaammt lustig wird (hoffentlich xD)

✓|𝐎𝐛𝐥𝐢𝐯𝐢𝐨𝐧 - JilyWhere stories live. Discover now