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„Ender?“, hört er sie flüstern, während er vorsichtig durch das herbstkahle Laubdickicht des stummen Waldes streift.

Ender runzelt, überrascht darüber, dass sie schon da ist, die helle Stirn und lächelt, als er seinen Namen von ihren Lippen fließen hört, denn er liebt Dahlias Stimme, die rau ist, wie die kleinen Kiesel am Bachufer,
über die er nun steigt und dennoch süßwarm wie Sommerblumenhonig, gänzlich maßgeschneidert auf sich selbst.

Im Zwielicht der Dämmerung findet Dahlias Hand Enders und sonnenfarbenen Finger verschränken sich mit seinen, als das Mädchen ihn neben sich auf den laubbedeckten Mooswaldboden zieht.

„Hallo, Lia“, flüstert Ender sanft und beobachtet, wie der Wind durch ihr langes, abendblasses Haar streicht, einzelne der Strähnen verwirbelt.

Dahlia umarmt ihn flüchtig und Ender liebt ihre Umarmungen, die nach dem vergangenen Sommer riechen, nach Wildblumen unter Nebeldecken und nach der nassdunklen Walderde, die seine Hose an den Knien und tauben Knöcheln bereits feuchtkalt benetzt.

Dann lässt sie ihn los und wendet den weichen Blick zum Firmament über den lichten Baumkronen.
„Heute ist der Himmel noch klar“, flüstert Dahlia, bevor sie sich ihm wieder zuwendet und erneut sanft lächelt.

Ender betrachtet die winzigen Sommersprossen, die trotz des Herbstes und den wenigen Sonnentagen noch nicht von Dahlias Nase verschwunden sind und dann flüstert er in das Zwielicht des Waldes hinein:

„Ich glaube, du bist heute an der Reihe mit dem Geschichtenerzählen.“

träumermieneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt