Teil 16

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Gähnend öffne ich meine Augen und strecke mich etwas. Licht fällt bereits in das Schlafzimmer und als ich mich verschlafen aufsetze bemerke ich erst die Kopfschmerzen. Sie sind nicht all zu stark, aber doch deutlich vorhanden.

Ich brauche einen Moment um überhaupt zu realisieren, dass Julian nicht hier ist. Ich sitze alleine in dem Bett. Eigentlich bin ich mir sehr sicher, dass er gestern Abend mit mir zusammen hier eingeschlafen ist. Ist er in der Nacht etwa doch auf die Couch gegangen?

Bevor ich länger darüber nachdenken kann, öffnet sich langsam die Tür des Schlafzimmers und ich sehe den Blondschopf. Er trägt ein Tablett mit Frühstück.

"Du bist ja schon wach", stellt er lächelnd fest, als er in meine Augen schaut. Das Tablett stellt er vorsichtig auf dem Bett ab und setzt sich dann zu mir an. Verwundert schaue ich ihn an "Ich dachte du würdest vielleicht ganz gerne im Bett frühstücken und gleich eine Tablette gegen Kopfschmerzen nehmen. Wie geht es dir?"

"Oh, das ist lieb. Ich habe tatsächlich etwas Kopfschmerzen", gebe ich peinlich berührt zu. Ich hätte mich gestern mit den Drinks lieber etwas zurück halten sollen. Ich will gar nicht wissen, was Julian jetzt über mich denkt. Das war wirklich unangebracht. 

"Trink erst einmal etwas Wasser", schlägt er vor und hält mir ein Glas entgegen, welches ich dankend annehme. 

"Tut mir leid wegen gestern Abend. Danke, dass du meinen Zustand berücksichtigt hast", gebe ich zu als es kurz still zwischen uns ist. Es ist mir wahnsinnig unangenehm, dass ich mich Julian gestern Abend so um den Hals geworfen habe. Da hätte sonst etwas passieren können und jetzt im Nachhinein wäre das wirklich dumm gewesen.

"Schon gut", winkt er ab und wechselt glücklicherweise sofort das Thema. Ich bin so froh, dass wir nicht länger darüber sprechen. Ich erfahre von Julian, dass Lina mit Alex unten auf der Terrasse sitzt und die beiden gemeinsam frühstücken. Da muss ich später nachhaken und alles erfahren was passiert ist. Während wir frühstücken planen wir etwas die nächsten Tage und was wir gemeinsam unternehmen könnten. 

"Euren Rückflug habt ihr jetzt schon gebucht gehabt, richtig?", hake ich noch einmal kurz nach und trinke einen Schluck, während ich abwartend den Blonden anschaue.

"Ja, wir konnten auf eurem Flug noch mit und müssen dann halt in Frankfurt umsteigen, so wie ihr", erklärt er und wissend nicke ich. Das hört sich gut an. Dann sehen wir uns noch etwas länger, bevor sich unsere Wege am Frankfurter Flughafen trennen. Vielleicht sitzen wir im Flugzeug ja sogar in der Nähe des anderen.

"Das passt sich doch", lächel ich meinen Gegenüber an, der sofort nickend zustimmt. 

Wir frühstücken ganz in Ruhe zusammen und danach mache ich mich in dem kleinen Badezimmer fertig. Als ich nach unten gehe kommt mir Lina auf der Treppe entgegen. Sie wirft mir ein Lächeln zu und geht doch einfach weiter und an mir vorbei. Verwundert ziehe ich meine Augenbrauen zusammen, bleibe stehen und halte Lina an ihrem Arm zurück.

"Alles gut?", frage ich leicht besorgt, doch sie nickt bloß hastig. Sie verhält sich merkwürdig und zwar ziemlich "Sicher? War irgend etwas mit Alex? Hat er was gemacht?"

"Nein, es liegt nicht an ihm", seufzt sie auf und mit ihrer freien Hand rauft sich die Blondine die Haare. Sie sieht verzweifelt aus, ein Ausdruck den man selten bei Lina sieht. Ich lasse ihren Arm langsam los.

"Wenn du reden willst, ich bin da", ermutige ich sie. Ich bin ihre Freundin. Wenn sie Probleme hat und damit Hilfe braucht, soll sie mit mir darüber reden. 

Kurz herrscht Schweigen zwischen uns. Ich schaue Lina leicht abwartend an, während sie irgendwie verzweifelt an die Wand schaut. Dann lässt sie einen Seufzer frei.

"Ich bin das Problem, Nelly", meint sie dann ernst und schaut mich direkt an. Sie sagt das alles mit so einer festen Stimme und einem so verdammt ernsten Ton, dass ich mich leicht erschrecke. Das kennt man nicht von ihr. Sie ist immer so verdammt tough und nimmt nie etwas zu ernst. Das ist eine ganz neue, sehr seltene Seite.

"Lina, du bist sicherlich nicht das Problem", versuche ich sie aufzumuntern und glaube wirklich an meine eigenen Worte. Lina ist ein guter Mensch, ein toller Mensch. Sie soll sich nicht etwas einreden, was überhaupt nicht stimmt.

"Doch das bin ich, Nel. Das war ich schon immer und das werde ich auch immer sein", seufzt meine Freundin und wendet sich ab. Ihre Körperhaltung ist anders als sonst, nicht mehr so selbstbewusst und aufrecht.

"Lina, was ist los? Was ist passiert? Rede mit mir darüber, ich mache mir wirklich Sorgen um dich", halte ich sie zurück und folge ihr die paar Treppenstufen nach oben. Ich habe sie noch nie so erlebt und das ist genügend Anlass zur Sorge.

"Lass es einfach gut sein, Nel. Du verstehst das sowieso nicht, dafür bist du zu jung", murmelt sie und verschwindet in dem großen Gemeinschaftsbadezimmer. Ich höre wie sie das Schloss dreht und enttäuscht bleibe ich vor der verschlossenen Tür stehen. Sie stößt mich von sich weg. Was mache ich denn jetzt? Ich will ihr helfen, aber wie soll ich so bitte an sie heran kommen?

"Ich bin deine Freundin. Falls du es dir anders überlegst, ich höre dir immer zu", rede ich gegen die Tür und hoffe, dass sie es hören kann. Dann drehe ich mich seufzend ab und gehe dieses Mal wirklich nach unten. Die Jungs sitzen auf der Couch und trinken alle zusammen einen Kaffee.

"Möchtest du auch noch einen Kaffee?", bietet mir Julian an, doch ich schüttel abweisend den Kopf. Ich muss mit Alex sprechen, ich will wissen ob irgend etwas passiert ist. Ungewollt ignoriere ich Julian, der zu einem weiteren Satz ansetzen wollte und wende mich Alex zu.

"Was habt ihr gemacht? Gestern Abend und heute Nacht. Warum ist Lina so wie sie ist?", frage ich leicht vorwurfsvoll und herausfordernd. Ich sollte vermutlich lieber einen anderen Ton wählen, aber meine Emotionen übernehmen mich und ich habe irgendwie das Gefühl, dass Alex an Linas Laune Schuld ist.

"Ich weiß es nicht. Wir haben auch nichts anderes getan als du und Julian. Plötzlich war sie so, aber mit mir wollte sie nicht darüber reden", entgegnet Alex hastig und hebt abwehrend seine Hände. Ich verstehe zwar nicht, weshalb er das mit Julian und mir vergleicht. Aber diesen kleinen Satz übergehe ich einfach. 

"Lina ist nicht einfach so. Irgend etwas wird passiert sein. Du willst sie doch sicherlich auch nicht so sehen, also sag was passiert ist", fordere ich Alex auf und werde etwas ruhiger. Es bringt absolut nichts, wenn ich mich aufrege. Einen kühlen Kopf bewahren ist immer die beste Strategie.

"Wenn Alex sagt, dass nichts passiert ist, dann wird das auch so sein. Vielleicht liegt es gar nicht an ihm, sondern an etwas anderem", mischt sich Julian mit ruhiger Stimme ein und erhebt sich vom Sofa. Scheinbar versucht er die Situation noch mehr zu deeskalieren. Seine Arme legt er um meinen Körper und zieht mich näher an ihn heran. Doch so gerne ich auch in seiner Nähe bin, jetzt gerade brauche ich sie nicht. Mit etwas Mühe befreie ich mich aus seinen Armen und wende mich wieder Alex zu.

"Bitte sag mir einfach was passiert ist. Ich will Lina bloß helfen", bitte ich den jungen Mann. Er sieht seine Kumpels an, scheint zu zögern, lässt einen Seufzer frei und beginnt dann endlich zu reden.

"Wir haben miteinander geschlafen und waren beide einverstanden. Gestern Abend war die Stimmung auch noch wirklich gut, aber heute Morgen habe ich noch einmal das Thema angesprochen. Ich habe Lina gesagt, dass ich mich in sie verliebt habe und das ich gerne den Kontakt halten und weiter ausbauen möchte. Seit dem ist sie so"

Tief atme ich durch und schaue Alex leicht perplex an. Ich verstehe was Lina meinte. Sie denkt sie wäre das Problem. Was auch immer in ihrer Vergangenheit passiert ist, es muss einen Jungen gegeben haben den sie sehr geliebt hat und der ihr gegenüber nicht nett war. Sie hat Angst vor der Liebe und denkt es läge an ihr. Das ist die einzige Erklärung, die für mich Sinn macht.

"Hilft dir das weiter?", fragt Jonas nach einer Weile. Mir ist überhaupt nicht aufgefallen wie ruhig es geworden ist und dass niemand etwas gesagt hat. Langsam nicke ich.

"Ich denke schon"


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Nerja // Julian Brandt FFWhere stories live. Discover now