Kapitel 52

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Michis P.O.V.:

„So, alles schon wieder vorbei", sagt David in einem beruhigenden Ton, als er das Thermometer wieder aus mir entfernt. Ich weiß jedoch nicht, ob das die Situation besser macht oder schlimmer – irgendwie ist alles, was hier gerade passiert, total merkwürdig. „Oh ja, du hast ordentlich Fieber – da gebe ich dir gleich noch schnell ein Zäpfchen und dann kannst du nach Hause." „Äh nein, sicher nicht?" „Das hatten wir doch jetzt schon. Mach nicht so ein Theater und lass mir dir einfach ein Zäpfchen geben." Ich bin zwar froh, dass er nicht mir spricht wie mit einem Kind, aber ich frage mich echt, wie er bei seinen kleinen PatientInnen die Art und Weise, wie er redet und vorgeht, so extrem ändern kann. Ich habe ihn nämlich schon praktizieren sehen und da ist er so anders. Er ist so einfühlsam und geduldig und ich werde hier gezwungen, mir von ihm ein Zäpfchen geben zu lassen? Ich will jetzt einfach nur zu Jackie und mich in mein Bett legen, also werde ich kooperieren müssen, damit es schneller vorbei ist – ich kann dem Zäpfchen wohl sowieso nicht entkommen. Während ich noch am Nachdenken bin, ob ich das mit mir machen lassen soll, höre ich plötzlich schon eine Verpackung rascheln und zwei Sekunden später spüre ich, wie David meine Pobacke nach oben zieht und das Zäpfchen einführen will. „Hey, du hättest mich zumindest vorwarnen können. Was soll das?" „Man muss auch den Überraschungseffekt zu nutzen wissen.", sagt er und schiebt mir das Zäpfchen in meinen Hintern. Es tut nicht weh, aber mir ist die Situation logischerweise wahnsinnig unangenehm. „So, ist ja schon wieder alles vorbei. Jetzt kannst du nach Hause gehen und dich von Jackie versorgen lassen.", sagt David und drückt leicht meine Schulter. Ich fasse es nicht, dass das gerade passiert ist.

„Was sollte das? Bist du bei deinen PatientInnen auch so wenig einfühlsam, wenn sie dir widersprechen?" „Michi, das ist was komplett anderes. Du bist ein erwachsener Mann, der keine Angst vor Fiebermessen oder Zäpfchen hat. Es ist dir verständlicherweise unangenehm, ein Zäpfchen verabreicht zu bekommen, aber ich hab schnell gearbeitet, damit du auch so schnell wie möglich nach Hause kommst. Wir sind gute Freunde und ich weiß, wo deine Limits liegen, klar? Ich hätte es nie übertrieben und will einfach, dass es dir schnell wieder besser geht. Wir vergessen das jetzt, du gehst nach Hause und wir werden nie wieder darüber reden, was gerade passiert ist, wenn du das nicht möchtest, einverstanden?" „Ja, wir werden bestimmt nicht wieder darüber sprechen und ich weiß ja, dass du nur das Beste für mich wolltest, also danke. Wir sehen uns wahrscheinlich in ner Woche oder so." „Alles klar, bis dann und richte Jackie liebe Grüße von mir aus." „Mach ich, bis dann." Er lächelt mir nochmal zu und verlässt den Raum. Ich werde mir ein Taxi rufen und mich auf den Weg nach Hause machen und dann kann ich endlich in mein Bett.

„Michi bist du's? ", ruft Jackie verwirrt, als ich bei der Tür hereinkomme. „Ja, ich bin schon da", antworte ich, so laut ich kann. Das ist jedoch nicht sonderlich laut, weil ich nicht genug Energie zum Rufen mehr habe. „Hey, du siehst ja echt nicht gut aus.", sagt sie besorgt, als sie um die Ecke biegt. „Ja, ich bin wohl krank. Ich will jetzt nur noch ins Bett. Kannst du mir vielleicht einen Tee machen?" „Ja klar, mein Schatz. Soll ich wen von deinen Freunden anrufen, damit jemand vorbeikommen und dich untersuchen kann?" „Nein, keine Sorge, das hat David schon erledigt." Man hört wohl an meiner Stimme, dass die Behandlung vorher nicht zu einer meiner schönsten Erfahrungen zählt, da Jackie mich verwirrt ansieht. „Er hat mir doch tatsächlich ein Zäpfchen gegeben." Anstatt, dass sie loslacht oder sich darüber freut, dass ich auch endlich mal ein Zäpfchen bekommen habe, schaut sie mich mitleidig an. „Oh nein, die sind echt unangenehm, die Dinger, was?" „Naja, die Situation an sich war viel schlimmer als das Zäpfchen." „Das kann ich verstehen, mein armer Schatz. Komm, leg dich mal ins Bett und ich bringe dir ein paar Sachen hoch, ja?" „Danke, mein Engel. Ich liebe dich." „Ich dich auch und jetzt leg dich rauf – ich komme gleich nach", sagt sie und gibt mir einen kleinen, sanften Kuss auf die Wange. So fühlt sich Geborgenheit  an. Es ist so schön, jemanden zu haben, der sich um einen kümmert, wenn man krank ist oder für einen da ist, wenn's einem Scheiße geht. Einem zu Seite steht, wenn man Mist gebaut hat, oder sich mit einem freut, wenn man glücklich ist. Ich bin so froh, diese Person in Jackie gefunden zu haben und dank ihr zu wissen, wie sich wirkliche Geborgenheit anfühlt.
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Das sind doch wunderschöne Schlussworte für das Kapitel von Michi : ) Ich hoffe, es hat euch gefallen ! Ich wollte euch schon mal vorwarnen, dass dieser Teil  jetzt bald zu einem Ende kommen wird, aber keine Sorge - am nächsten wird schon fleißig gearbeitet ; ) Ich hoffe, ihr habt noch einen schönen Tag - readingisunderratedd

Warum ausgerechnet meine Geburt? (Teil3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt