16. Dezember

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„Was genau hast du da vor?", ertönt die Stimme meines Vaters hinter mir und auch wenn ich mich gar nicht so fühlen sollte, drehe ich mich um, als hätte mich jemand ertappt.

„Nichts?", sage ich misstrauisch und drücke meine Lippen zusammen, die durch die dicke Schicht Lippenpflege über Nacht ganz weich geworden sind. Langsam, um es nicht zu auffällig zu gestalten, nehme ich meine Hände hinter den Rücken und erzwinge mir ein Lächeln.

Seine dunkelbraune Augenbraue zieht sich nach oben und sein Kopf legt sich leicht schief, als er seine Arme vor der Brust verschränkt, über der sich eins seiner unzähligen Eishockeyjerseys spannt. „Ah ja", sagt er lahm und versucht einen Blick hinter meinen Rücken zu werfen.

Leicht drehe ich mich nach links, damit er den Hammer in meiner Hand nicht sieht und halte mein Ohr in Richtung der Treppe. „Oh. Ich glaube Mom hat dich gerade gerufen. Bestimmt braucht sie draußen Hilfe beim Lichterketten aufhängen?"

Die Mundwinkel meines Vaters ziehen sich nach oben, als er misstrauisch seine Augen zusammenkneift und dann ohne ein weiteres Wort zu sagen, sich umdreht und auf die Treppe zu geht. Gerade als ich meine Hände wieder hervorholen will, dreht er sich auf dem Treppenabsatz um, eine Hand auf dem mit Tannenzweigen geschmückten Treppengeländer, dass Ryker letzendlich mit Bud vollendet hatte, nachdem ich von meiner Mutter abgeordert wurde, um draußen irgendwelche Sträucher mit meterlangen Lichterketten zu behängen.

„Ach übrigens. Wir gehen später noch Ski fahren. Da findet Ski fahren im dunkeln statt und ich hab mir gedacht, dass ihr da bestimmt auch mitmachen wollt, oder?"

„Uuuuh. Aber natürlich." Am liebsten würde ich freudig in die Hände klatschen, doch wegen des Hammers hinter meinem Rücken, beschränke ich mich darauf einfach auf und ab zu hüpfen.

Kurz lacht mein Vater auf, als er mich so sieht, nickt dann und setzt seinen Weg die Treppe hinunter fort.

Ein paar Sekunden bleibe ich noch reglos stehen, und schaue über die Brüstung, um mich zu vergewissern, dass er auch wirklich nicht zurückkommt, und dann den Hammer hinter meinem Rücken hervorzuholen. Links und rechts von mir ist auch niemand, weshalb ich aus der Bauchtasche meines übergroßen Hoodies, ohne irgendwelche komischen Kommentare zu bekommen den Mistelzweig, den mir meine Mutter in die Hand gedrückt hatte, herausnehmen kann. Obwohl ich nichts von Mistelzweigen halte und ihr auch zu verstehen gegeben habe, dass ich absolut keine Lust habe, wenn unsere Eltern sich andauernd mit Absicht darunter stellen und dann falsch überrascht sich abknutschen, hat sie mich mit einem ihrer bösen Blicke förmlich dazu gezwungen.

Suchend sehe ich mich um und ziehe den dunkelroten Sessel, der in der Ecke vor der Biegung zu den Zimmern der Brodyns liegt, unter die Stelle, an welcher meine Mutter ihn hängen haben will.

Meine Füße versinken in dem weichen Sitzkissen und der Halt lässt wirklich zu wünschen übrig, besonders als ich meine Arme hebe, um an den Dachbalken zu gelangen, an den ich wahrscheinlich nicht heranreichen werde.

Da ich nicht zu lange hier verbringen will, beginne ich auf dem Sessel zu hüpfen, um erst den Nagel und dann den Mistelzweig anbringen zu können

„Was zur Hölle machst du da?", bleibt Ryker wie angewurzelt stehen, als er gerade um die Ecke biegen will und seine grünen Augen gehen mit meinem Auf- und Abhüpfen mit.

Ohne mich beirren zu lassen halte ich den Nagel in der linken und den Hammer in der rechten Hand und halte sie präzise so, wie ich sie an dem Balken haben will. Konzentriert drücke ich in der Luft den Nagel gegen den Balken und will gerade ausholen, um den Hammer zu schwingen, als die Schwerkraft mich auch schon wieder nach unten zieht.

Silent Sparkle - Adventskalender 2021Where stories live. Discover now