Kapitel 4

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Meine Klasse wartete bereits vor dem Eingang der Sporthalle. Unsicher stellte ich mich dazu. Marlisa, Johanna und Janne kicherten wieder und guckten mich an. „Wie ist das eigentlich so?", fragte mich Janne. „Was?" „Na, so einen männlichen Körper zu haben? Also, bist du eigentlich trans oder wieso siehst du so aus?" Ich war so verwirrt und überrumpelt von der Frage, dass ich darauf nicht antworten konnte. Musste ich aber auch nicht, denn Herr Hardwig öffnete von innen die Tür und ließ uns rein.
Ich scheute mich schon davor, mich in der Umkleide umzuziehen. Meine Tasche platzierte ich in die Ecke auf der Bank, schnappte meinen Sportbeutel und verschwand auf dem Klo. Dort zog ich mich um.
Verdammt. Falsches T-Shirt eingepackt. Statt des oversized Shirts, was meinen Körper gut versteckt hätte, hatte ich in der Eile am Morgen ein Croptop eingepackt. Das wird gleich spaßig.
Im Kopf wirrten mir schon die Sprüche und die dummen Blicke. Wieso war ich so dumm...
Fest entschlossen ging ich wieder in die Sammelumkleide. Wie erwartet sahen mich Marlisa, Johanna und Janne dumm an. Ich selber war innerlich schockiert, wie die mit Schminke im Gesicht Sport machen wollten. Jeder, wie er will.
Zu meiner Überraschung gab es keine Sprüche, nur herablassendes Gelächter.

„Zum Aufwärmen lauft ihr bitte zwei Runden", kündigte Herr Hardwig an. Ben gesellte sich zu mir. „Bist du eine gute Läuferin?", fragte er dann, als wir losliefen. „Geht. Also ich gehe vielleicht einmal die Woche acht bis zehn Kilometer joggen. Und innerhalb der Distanz baue ich immer Sprinteinheiten ein. Meistens fünfzig bis hundert Meter Sprints." „Also mein einziger Laufsport ist Fußball."
„Aber da müsst ihr auch sprinten und ausdauernd laufen, oder nicht?"
„Ja klar, aber keine zehn Kilometer." Er lächelte mich an.

„Gut, Leute", begann Herr Hardwig mit seiner Rede. Wir standen alle im Kreis. „Wir spielen heute Basketball, da wir die ganze Halle haben. Die Basketballeinheit wird sich jetzt über so fünf Wochen ziehen."
Während er noch erklärte, was wir die nächsten Wochen machen, schaltete ich ab. Wieso mochten mich die Mädels nicht? Ich hatte den nie etwas getan. Und sie hassten mich von der ersten Sekunde an.
„Nova? Hast du mitbekommen, in welchem Team du bist?", fragte mich Herr Hardwig aus heiterem Himmel. Ich schreckte leicht auf. „Du bist Gruppe drei. Die ist da hinten."

Während des Spielens erzielte ich einige Körbe. Die Jungs feierten mich, während meine drei Lieblinge mich wahrscheinlich hätten killen können. Immer wieder feuerte Herr Hardwig mein Team und mich an. Irgendwie gefiel es mir, wenn er mir Komplimente gab. Und seine Stimme...
„Hey! Nova wieso hast du nicht den Ball angenommen?", fragte mich Tjark genervt. „Oh sorry, hab geträumt", antwortete ich leise. Das Spiel war sehr hitzig. Die Jungs regten sich immer über die Unsportlichen auf, wenn die den Ball nicht in den Korb bekamen.
Während sich Aaron und Mika ein heißes Gefecht gaben, trabte ich locker zu ihnen, um im Notfall den Ball an mich reißen zu können. Ich achtete dabei nur auf die beiden, was mir zum Verhängnis wurde. Denn Marlisa fand es witzig, mir ein Bein zu stellen. Ich stolperte und klatschte auf den komischen Gummiboden auf. Meine Knie brannten. „Oops, sorry", kicherte sie. Ich stand wieder auf, ohne etwas zu sagen. „Alles gut, Nova?", fragte Hardwig. Ich nickte nur.

Herr Hardwig pfiff die letzten zwei Spielminuten an. In unserem Team gab es nur noch Geschreie und Beleidigungen. „Fang' doch den Ball, du Fettsack!" war einer der harmlosesten Sprüche. Der Ball wechselte oft den Spieler. Erst Tjark, dann ich, Mika, Ben und wieder Mika. Wir liefen alle zum gegnerischen Korb. „Mika, den machst du!", rief Tjark. Mika setzte zum Sprung an und schaffte auch fast den Korb, wenn es Aaron nicht gegeben hätte. Dieser warf sich nämlich mit voller Wucht gegen Mika, der gerade in der Luft war. Blöderweise stand ich direkt daneben und Mika fiel auf mich. Wir rumsten auf den Boden. Die Schmerzen durchzogen meinen Körper. Mein linker Hüftknochen pochte und meine Lippe brannte. Beim Aufprall musste ich mir wohl auf die Lippe gebissen haben. Ich stöhnte schmerzerfüllt auf. Das Pfeifen ertönte und das Spiel war frühzeitig beendet worden. Ich richtete mich wieder auf und schaute nach oben. Ben sah mich besorgt an und hockte sich neben mich. „Alles in Ordnung mit dir?" Ich nickte nur. Mein Kopf tat bei jeder Bewegung weh. „Hey, hey, alles in Ordnung?", fragte dann Herr Hardwig nochmal und bückte sich zu mir. Seine eisblauen Augen machten mir etwas Angst, aber sie sahen auch so unfassbar schön aus. Er stand wieder auf und drehte sich zur Klasse. Alle wollten wissen, was passiert war. Nur die drei Elsen nicht. Die standen zusammen, kicherten. Lachten mich wahrscheinlich aus. „So, Klasse, ihr geht euch bitte schonmal umziehen." Hardwig drehte sich wieder zu mir. „Du auch Ben. Abmarsch." Auch Ben ging zu den anderen. Ich fasste an meine Stirn. Mein Lehrer legte seine Hand an meine Schulter. „Kannst du alleine aufstehen?" Ich nickte sachte und rappelte mich auf. Dabei ließ ich einige laute Ausatmer durch meine Zähne fleuchen. Meine Hüfte tat so weh. Mein Gesicht verzog sich vor Schmerz. Ich humpelte den Weg mit Hardwig zusammen. Dieser sah mich durchweg an und achtete darauf, dass ich nicht umkippte. Von den Schmerzen geplagt, stützte ich mich am hohen Kasten ab. Der Rucksack von Hardwig stand direkt davor. Er holte das Klassenbuch raus und notierte etwas. „Du musst den Unfall im Sekretariat melden", sagte er nebenbei. Ich seufzte nur. „Nova?" Ich schaute auf. Wir guckten uns an. Mir war es schon fast unangenehm, wie sehr er mein Gesicht musterte. „Du hast eine Wunde an der Lippe", stellte er fest. „Zeig mal her", sagte er leise und legte seine Hand zärtlich an meinen Unterkiefer. Sein Daumen glitt über meine Haut und er schob diese etwas nach unten, sodass sich mein Mund leicht öffnete. In mir wirbelte es. Fasste mich mein Lehrer gerade so zärtlich und fürsorglich an? War das sein Job, das so zu tun? Machte er das bei anderen Schülern auch? Wieso wird mir jetzt so warm? Mein Herz pochte stark. Ich konnte jeden Pump spüren.
Sein prüfender Blick bereitete mir Gänsehaut, aber keine schlechte. Er nickte kaum merkbar. „Das wird in ein paar Tagen wieder verheilt sein. Du kannst jetzt auch in die Umkleide. Oder gibt es noch etwas?" Ich schüttelte den Kopf.

In der Umkleide quasselten die Mädels durcheinander und beschwerten sich darüber, dass die Jungs mal wieder den Sportunterricht zu ernst nahmen. Ohne nachzudenken, zog ich mich diesmal nicht auf dem Klo um. Kaum hatte ich mein Shirt ausgezogen, hörte ich lautes Aufatmen. „Nova, was hast du am Rücken?", fragte Clara schockiert. Ich drehte mich verwirrt um. „Da! Du hast da so einen krass roten Strich." Ich versuchte über meine Schulter meinen Rücken zu begutachten. „Ach das, da ich bin neulich Seil gesprungen und dann ist das Seil dagegen gekommen."
„Oder sie hat komische Fetische...", nuschelte Johanna zu Janne. Ich atmete nur laut aus und ließ das unkommentiert.

Teachers Pet (Lehrer x Schülerin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt