Mutige, kleine Schritte 2/2

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Wie gerne hätte er Pierre in die Arme geschlossen und fest an sich gedrückt. Das überraschte Gesicht des Franzosen war niedlich, als dieser ihm die Tür geöffnet hatte. Aber entgegen all seinem Verlangen ersparte er Pierre lieber eine feste Umarmung und einen Kuss. Es war nicht übertrieben, dass er bis auf die Unterwäsche durchnässt war. In England war das Wetter zwar nicht überwältigend gut, aber immerhin trocken. Aber schon beim Anflug auf Frankreich bemerkte Lewis den himmlischen Unterschied. In Frankreich schien es einen regelrechten Wolkenbruch zu geben.

Seufzend floss das heiße Wasser über seinen ausgekühlten Körper. Hätte er doch lieber einen Wagen gemietet und wäre direkt vor zum Anwesen des Jüngeren gefahren. Aber irgendwie hatte Lewis das Bedürfnis, sich fahren zu lassen und war so die letzten Meter nach dem Ausstieg zur Haustür gelaufen. Nur die paar hundert Meter hatten gereicht, um ihn zu durchweichen.

Sobald er sich unter der heißen Dusche wieder aufgewärmt haben würde, würde er die Begrüßung nachholen. Irgendwie konnte Lewis es sich nicht verkneifen, in sich hineinzulächeln. Er hatte Pierre erst vor wenigen Tagen noch gesehen und trotzdem hatte er diesen schrecklich an seiner Seite vermisst, während er bei seiner Familie war. Deutlich hatte Lewis in den hübschen Augen des Jüngeren sehen können, wie traurig dieser darüber war, dass sie doch keine Zeit miteinander verbrachten. Sie hatten sich ein paar schöne Tage hier in Rouen vorgenommen. Wollten entspannen und neue Kraft für die nächsten Rennen tanken. Und vielleicht wären sie sich sogar nähergekommen.

Zumal fiel es ihm schwer, die Finger bei sich zu behalten, wenn sich Pierre besonders dicht an ihn schmiegte. Die Verlockung, den Dunkelblonden auszuziehen und mehr von dessen begehrlichem Körper sehen zu dürfen, wuchs enorm. Aber unter keinen Umständen würde er Pierre dazu drängen weiterzugehen. Er hatte dem Jüngeren versprochen, dessen Tempo zu gehen. Jeder Schritt, den Pierre von sich aus auf ihn zumachte, entlockte seiner Zuneigung zu dem anderen noch mehr Tiefe. Er liebte den jungen Alpha-Tauri-Piloten wirklich sehr und ließ es sich deswegen auch nicht anmerken, dass er schon ein wenig traurig war, dass Pierre seine Worte bis zum heutigen Tage noch nicht erwidert hatte. Zwar nahm Lewis stark an, dass auch Pierre ihn liebte, aber gesagt hatte dieser es noch nicht.

Tief in seine Gedanken abgetaucht bekam Lewis nicht mit, wie jener junge Franzose zu ihm unter die Dusche schlich. Erst als er einen Körper dicht an seinem Rücken spürte, vernahm er die Präsenz des anderen. Im ersten Moment war er erschrocken, zuckte heftig zusammen, bis ihm einfiel, dass es nur Pierre sein konnte, der hinter ihm stand.

„Pierre ..."

„Nicht. Bitte."

Natürlich wollte sich Lewis sofort umdrehen, das hätte er an dessen Stelle wohl auch getan. Aber so weit war er selbst noch nicht, um seinen Freund in die Augen zu schauen. Sich zu Lewis unter die Dusche zu stellen, war wirklich ein großer Schritt für ihn gewesen und Pierre brauchte noch einen Moment, um sich zu sammeln. Zaghaft ruhten seine Fingerspitzen auf dem nackten, nassen Rücken, während er seine Stirn gegen die ausgeprägte Schulter lehnte. Die Augen geschlossen atmete Pierre tief durch.

Lewis war sich bewusst, dass die Hitze nicht nur vom heißen Wasser ausging. Ihm war durch das plötzliche Auftreten des Jüngeren noch wärmer geworden und deutlich konnte er auch die Wärme beim jungen Franzosen spüren.

Minutenlang stand er ruhig an den Rücken von Lewis gelehnt, dankte dem Älteren im Stillen, dass er seiner Bitte nachgekommen war. Pierre ahnte, dass es dem Briten sicher schwergefallen war, sich nicht sofort umzudrehen. So aber hatte Pierre mehr Zeit, um sich mit jeder Sekunde mehr zu entspannen, sodass er seine Stirn von der Schulter entfernte und langsam die Augen öffnete. Ein leichtes Schlucken ließ sich nicht verhindern, als er den ausgeprägten Rücken betrachtete. Andächtig ließ Pierre seine Fingerspitzen über die schwarzen Linien der Tattoos streichen.

Destiny - Die Geschichte von Lewis Hamilton & Pierre GaslyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt