„Normal ist sowieso nur relativ."

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Eine Hand landet auf meiner Schulter. Warm und hauchzart. Ich weiß es ist ihre. Unmöglich sich zu rühren.

Die Nadel glitscht aus meinen schweißigen Fingern.

„Das ist aber sehr hübsch. Elisabeth."

Ihre Worte sind ein Streicheln. Ich sitze aufgeplustert in der Ecke, viel zu aufgeregt mich zu bewegen. Kein Ausweg zum Flüchten. Niemand kommt mich ruhig zu schmusen. Und Gott sei Dank denkt Chrissi nicht daran mich zu küssen. Ich würde sterben. Sie geht weiter und lässt mich glücklich und aufgewühlt zurück, ohne den Hauch einer Ahnung, was sie angestellt hat.

Mein Gesicht brennt. Die Hitze rutscht langsam meinen ganzen Körper hinab. In mir ist wohl ein Vulkan ausgebrochen. Ich fächle mir mit meinem Shirt Luft zu.

Mai stößt mich an und flüstert:

„Man merkt deinen Praise Kink. Elly."

„Na und. Ist doch normal, sich über ein Lob zu freuen."

Ich versuche ruhig zu klingen. Als ob ich nicht gerade eine außerkörperliche Erfahrung gemacht habe.

„Es ist vieles normal, bis es nicht mehr normal ist."

Mai sticht mit dem Finger in meine Seite und ich zucke zusammen. Sie amüsiert sich immer so über mein übertriebenes Schwärmen. Über mein Gesicht, das glüht wie eine Nachtischlampe.

„Normal ist sowieso nur relativ."

„Ditto."

Eine freche Hand fährt über die bereits fertiggestellten Pailettenblumen auf meiner Kappe.

„Und deine Blumen sind wirklich sehr hübsch. Du kannst sowas halt. Machst du mir auch welche? In Schwarz?"

Mit einem lauten Seufzen nehme ich Mai das Cap aus der Hand, dessen weißen Schirm sie mit schwarzer Farbe übermalt hat.

„Nun gut. Aber such du mal die passenden Perlen und Pailletten raus."

„Oh machst du mir auch welche? Nur ein oder zwei."

Kathrin wirft sich halb über den Tisch, um mir ihre Kappe hinzustrecken. Ich blicke Feli an, während ich nach meinem neuen Auftrag greife.

„Du auch?"

In ihrem Gesicht steht eine pampige Antwort. Dann runzelt sie die Stirn und schiebt mir ihre Mütze hin.

„Nur eine. Bitte. In Pink. Ganz vorne drauf.", murmelt sie.

„Ganz ehrlich? Pink. Mach besser in hellblau für Feli. Das passt viel besser."

Mai treibt es immer auf die Spitze und grinst dabei, wie ein Clown im Zirkus. Mein mahnender „musste-das-jetzt sein" Blick, kommt zu spät. Feli zerrt ihre Kappe zurück, faucht: „Vergiss es." und stürmt davon. Als ob ich schuld an Mais Verhalten bin.

„Mann. Wie empfindlich kann man sein."

Das verdient keine Antwort. Mai hat absichtlich versucht Felis Knöpfe zu drücken. Und an ihrem seligen Lächeln merke ich, dass sie genau die gewünschte Reaktion bekommen hat.



Die zwei Streithähne geraten auch die nächsten Tage immer wieder aneinander. Vielleicht braucht Mai einen Ersatz, weil David auf der anderen Seite des Camps wohnt und ständig mit seiner Gruppe beschäftigt ist. Jetzt kann sie Feli angiften, wenn sie Frust abbauen muss.

Im Gegensatz zu Davids Jugendleiter, der über seine Gruppe herrscht wie ein Diktator, genießen wir haufenweise Freizeit. Chrissi hat uns einen Wochenplan gegeben, mit allen Veranstaltungen, an denen wir teilnehmen können. Nichts davon ist Pflicht und das gefällt mir als Sommerprogramm am besten

Glühwürmchen (girlxgirl)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora