„Na dann."

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Auf dem Weg zum Lagerfeuer, begegnet mir ein Schwarm Glühwürmchen. Die Insekten schwirren tief über einem kleinen Bach, der den milden Sommerabend mit leisem Plätschern erfüllt. Ihr Leuchten dringt fahl durch das letzte Licht des Tages. Sie tauchen wie ein Omen aus dem nichts, schwirren und summen, finden und lieben sich. Eine gelbes Lichtermeer, das einen hübschen Tanz vorführt. Wie ich sie gefunden habe, wurde ich gefunden. Fröhlich winke ich den Glühwürmchen zum Abschied und wünsche uns allen einen schönen Abend voller Romantik.

Das Feuer leuchtet schon vom Weiten durch die Bäume. Oranges Flackern lässt die Schatten tanzen. Als ich auf die Lichtung trete, spuckt das Lagerfeuer knisternd Funken in die Luft. Wie die Geschwister der Glühwürmchen, die ich gerade verabschiedet habe, schweben sie über den Flammen. Nur heißer, und tödlicher.

Chrissi sitzt etwas abseits auf einem Baumstamm. Oranges Licht spielt über ihr Haar. Ihr Augen glänzen und sie streckt die Hand zu mir. Der Platz ist voller Menschen, aber wir sehen nur uns Beide.

Ich eile zu ihr, die weite Hose meines kurzen Jumpsuits flattert. Darauf sind kleine, gelbe Bienen auf dunkelgrünem Untergrund. Es ist das schönste Kleidungsstück, das ich dabeihabe. Und ich habe mir sogar das passende Band ins Haar geflochten.

Als ich zu ihr komme, greift Chrissi meine Hand und zieht mich neben sich.

„Na, du bist aber hübsch heute.", wispert sie. Dafür hat sich das zehn Mal umziehen vorher gelohnt.

Jetzt würde ich ihr gern sagen, wie hübsch sie jeden einzelnen Tag ist. Aber der Alkohol hat mein Blut lang verlassen und jeden Mut mit sich genommen. Deshalb murmle ich nur:

„Du aber auch."

„Danke."

Sie nimmt meine beiden Hände zu sich in den Schoß. Das Tageslicht flüchtet in Windeseile und schenkt uns Dunkelheit als Tarnung. Das Flackern des Feuer erhellt unsere Gesichter. Wir rücken dichter zueinander. Chrissi krault über meine Handflächen. Die hauchzarte Berührung kitzelt und schickt Kribbel-Attacken meine Arme hinauf. Solange Chrissi die öffentlichen Zuwendungen nicht scheut, unterbreche ich sie sowieso nicht. Und ich schaue mich erst recht nicht nach neugierigen Nasen um.

„Ich hab nicht gedacht, dass du allein herkommst. Ich hab extra den Baumstamm hier gewählt, damit deine Freundinnen auch Platz haben."

Ihre rücksichtsvolle Art, weckt in mir den Wunsch sie zu küssen. Überhaupt denke ich zu viel ans Küssen, seitdem sie mich in meiner Hütte besucht hat.

„Kathrin schläft noch und Feli will sie nicht allein lassen. Und Mai ist zu müde."

Eigentlich ist Mai nach dem Streit mit Feli zu frustriert für Menschenansammlungen. Sie hat sich irgendwo allein an den Strand gesetzt, um Musik zu hören und „sich Tod zu fühlen". Vorher hat sie mein Angebot mitzukommen abgelehnt und mich schwören lassen, dass ich den Abend mit Chrissi genießen werde. Es sei nicht notwendig sich Sorgen zu machen. Aber ein bisschen Sorgen mache ich mir trotzdem. Immer dann, wenn ich im rosigen Liebesnebel um mich herum, ein Luftloch finde.

„Aber du bist hergekommen."

„Ja. Ich bin hergekommen."

Ich schnappe nach ihrem Finger. Chrissi kichert.

Mit ihr Zeit zu verbringen, ist wichtiger als die Luft zum Atmen.

Umso dunkler es wird, umso mutiger werden wir.

Wir verschränken die Finger ineinander und ich lehne den Kopf an Chrissis Schulter. Ihr süßer Sommerduft steigt in meine Nase. Ein Jugendleiter spielt Gitarre, ein paar Jugendliche singen dazu. Im Hintergrund knackt das Feuer. Die Hitze davon weht an meine nackten Beine und Oberarme. Chrissi streicht ihre Hand über meinen Rücken. Sie flüstert: „Eigentlich sollten wir das gar nicht so öffentlich machen.", aber sie streichelt weiter.

Glühwürmchen (girlxgirl)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant