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Forgivness says you are given another chance to make a new beginning.  

Archbishop Desmond

Fünf Jahre sind seither vergangen und mittlerweile bin ich eine der erfolgreichsten und gefragtesten Hochzeitsplanerinnen in London

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Fünf Jahre sind seither vergangen und mittlerweile bin ich eine der erfolgreichsten und gefragtesten Hochzeitsplanerinnen in London. Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht und verschwende keinen Gedanken mehr, an den Mann, der mich so tief schockiert und verletzt hat. Er ist nur noch ein Schatten in meiner Vergangenheit, der bloß zum Vorschein kommt, wenn ich mich schlecht oder einsam fühle.
Was allerdings nicht mehr oft vorkommt, da ich eigentlich immer arbeite. Natürlich hat es eine Weile gedauert, bis ich den Schock und den Schmerz überwunden habe. Die erste Zeit über, habe ich mich bei meinem Bruder Owen verkrochen und mich ausschließlich von „Baked beans" aus der Dose ernährt. Mein Vater und er haben noch am selben Tag meiner Beinahe- Hochzeit meine Sachen aus unserer Wohnung geholt, während ich zusammengerollt auf dem Badezimmerboden gelegen habe, um wimmernd in den Schoß meiner Mutter zu heulen. Arlo hat zwar versucht, mich unzählige Male anzurufen, aber irgendwann hat er es dann einfach aufgegeben. Ich war nicht in der Verfassung auch nur eine einzige Nachricht oder E-Mail von ihm zu beantworten, geschweige denn sie überhaupt zu lesen. Keine Entschuldigung der Welt, kein versöhnliches Wort hätte etwas an der Situation ändern können, in die er mich gebracht hat. Den Verlobungsring seiner Mutter, haben mein Bruder und mein Vater bei der Räumungsaktion einfach auf einen Tisch gelegt. Ich wollte nichts haben, was mich an unsere Zeit und an die Gefühle für ihn erinnert. Meine Handynummer wurde geändert und nach genau 62 Tagen, 12 Stunden und circa 27 Sekunden trudelte ein Angebot ein, dass mich aus dem Tal der Tränen und der Verzweiflung holen sollte.

Der Hochzeitsfotograf, der unzählige Bilder von der Vorbereitung meiner Traumhochzeit geschossen hat, hat mich um mein Einverständnis gebeten, die Fotos für seine Portfoliomappe benutzen zu dürfen. Im Gegenzug wollte er mir den Aufwand und seine Zeit nicht in Rechnung stellen.
Dass sich genau dieser Fotograf, zwei Monate später um eine Stelle bei dem größten Hochzeitsplaner in London vorstellen wollte, war mir natürlich nicht bewusst. Erst als ich das Angebot von ebendieser Firma in meinem Emailfach entdeckt habe, wo drinstand, dass sie mir gerne einen Job anbieten möchten, da sie mein Talent und meinen guten Geschmack erkannt haben, zog sich mein Herz zum ersten Mal seit der Hochzeit nicht vor Kummer zusammen. Der Fotograf hat dem Geschäftsführer wohl von mir vorgeschwärmt, der daraufhin gewillt war, mir den rettenden Anker hinzuwerfen.

Einige Wochen später bin ich mit Sack und Pack nach London umgezogen und habe mir seither einen Namen gemacht. Ich habe unzählige Hochzeiten geplant und ausgerichtet, mein Kalender ist die nächsten zwei Jahre voll ausgebucht und von den fetten Prämien habe ich mir ein kleines dunkelrotes Backstein-Häuschen im wohlhabenden Viertel Kensington gegönnt. Ich liebe den angrenzenden Hyde und Holland Park, in denen ich gerne sitze, um ein gutes Buch zu lesen oder einfach nur die Natur genieße. An den wenigen freien Wochenenden, die ich habe, gehe ich gerne in eines der drei Museen oder sitze in einem der unzähligen Kaffees und esse Scones. Ich besitze einen Kater namens Lancelot, der nichts lieber tut als sich auf meinem Schoß zusammenzurollen und laut zu schnurren, wenn ich ihn hinter den Ohren kraule. Das Leben ist schön!

Heute ist einer dieser Tage, wo ich Zeit für mich habe. Ich sitze in meinem Pyjama auf der Couch und schaue eine meiner Lieblingsserien auf Netflix, während ich eine Schale Müsli löffle und an meinem Kaffee nippe. Morgen beginne ich meinen neuesten Auftrag, eine Adelshochzeit mit 400 geladenen Gästen unter ihnen sogar Prinz William und Herzogin Kate mit ihren entzückenden Kindern. Ich habe das Brautpaar schon einige Male getroffen und obwohl ich schon länger für die Aristokratie arbeite, fühlt es sich immer noch wie ein einziger Traum an.

Lancelot hat es sich auf meinem Schoß gemütlich gemacht und döst vor sich hin, als plötzlich mein Arbeitshandy läutet und ihn unsanft aus seinem Traum reißt.
Er maunzt mich beleidigt an und hüpft von meinem Schoß, um sich demonstrativ zu strecken, während ich nach meinem Telefon greife und den Fernseher auf stumm schalte.
„Guten Morgen, Richard.", begrüße ich meinen Chef, dessen rechte Hand ich nun seit einem Jahr bin und nehme einen Schluck aus meiner Tasse.
„Ava, guten Morgen! Schön, dass ich dich an deinem freien Tag erreiche.", plappert er munter drauf los und ich kichere leise.
„Wie kann ich dir behilflich sein? Ist alles in Ordnung?", erkundige ich mich und richte mich etwas gerader von meiner Couch auf.
Mein Chef seufzt lange und tief und ich runzle die Stirn da ich ihn so eigentlich nicht kenne. Sorgen hat er meistens nie, da meine Kollegen und ich unsere Aufträge immer zur vollen Zufriedenheit erledigen.
„Es ist eine Katastrophe! Eine einzige Katastrophe, Ava!", ruft er aus und ich muss mir den Hörer etwas vom Ohr weghalten, weil er so laut ist.
„Beruhige dich, Richard. Tief ein und ausatmen.", rate ich dem aufgeregten Mann und lausche ihm dabei zu, wie er meinem Rat nachkommt.
Langsam werde auch ich ein wenig nervös.
„Wir haben eine Terminkollision...> platzt er plötzlich heraus und ich höre wie er danach seine Atemübung wiederholen muss.
„Oh, okay." antworte ich ruhig, innerlich bin ich aber total beunruhigt, weil ich weiß, dass wir uns bereits am Limit unserer Kapazitäten befinden.
„Es ist nichts Okay, Ava!", ruft er erneut aus und ich muss mir das Handy erneut vom Ohr weghalten. „Du, Dale und Anna sind bereits vollgebucht. Lara ist seit dieser Woche im Mutterschaftsurlaub und Harold ist gerade auf dem Weg nach Schottland, um seine kranke Mutter zu pflegen. Es ist eine Katastrophe!"
Fieberhaft überlege ich und spule unseren Kalender vor meinem geistigen Auge ab. Ja, wir sind am Arsch!
„Um welche Hochzeiten geht es denn?" erkundige ich mich, da ich beim besten Willen keine Ahnung habe, wo sich der Fehler eingeschlichen hat.
„Deine Adelshochzeit und die Hochzeit von Viktoria Baker..." beantwortet er meine Frage und ich massiere mir die Schläfen. Na wunderbar!
Viktoria Baker ist das It- Model schlecht hin, man kann in ganz London keine Zeitung aufschlagen, auf der sie nicht abgebildet ist. Ihre Hochzeit abzulehnen ist beruflicher Selbstmord!
„Okay, wen wollte sie als ihren Hochzeitsplaner und für wann ist die Hochzeit geplant?", frage ich, während ich aufstehe, um nach meinem Kalender zu suchen. Dieser liegt auf dem Küchentisch und ist so dick wie die Bibel. Hastig blättere ich ihn durch.
„Das ist ja das Problem, die Hochzeit soll schon in einem Monat stattfinden... Am 28. Juli.> jault mein Chef und ich muss mich erstmal hinsetzten.
Bloody hell?!
Ich versuche diesen Fluch nicht laut auszusprechen aber meine Selbstbeherrschung packt gerade ihre sieben Sachen und fährt auf Urlaub. „Entschuldige bitte, aber das ist unmöglich! Wie soll ihr Hochzeitsplaner das in so kurzer Zeit nur schaffen?", keuche ich und blättere zu dem gesagten Datum.
Ich höre, wie Richard etwas murmelt und drücke den Hörer fester an mein Ohr, um ihn besser verstehen zu können.
„Entschuldigung, ich habe dich nicht verstanden. Wiederholst du es noch mal?" frage ich nach und klemme mir meinen Kuli zwischen die Zähne, während ich meine Augen über die vollgekritzelten Seiten meines Kalenders huschen lasse.
„Ich sagte, du bist ihre Planerin..." murmelt er und der Kuli fällt mir aus dem Mund. Fuuuuck!
„Richard, das geht nicht...Ich kann nicht, mein Kalender ist voll! Morgen ist das erste Treffen mit den Richmonds und du weißt wer bei dieser Hochzeit auf der Gästeliste steht! Ich verärgere lieber Viktoria Baker als die Royals!"
Stille.
Kurz denke ich, dass mein Chef aus der Leitung gefallen ist und blicke zur Sicherheit auf das Display, doch er ist noch da.
„Richard, bitte... Bitte sag mir, dass du mir das nicht antust..."bettle ich, obwohl ich seine Antwort bereits kenne.

„Es tut mir leid Ava, aber ich habe keine andere Wahl!"

𝐵𝑒𝒻𝑜𝓇𝑒 𝓎𝑜𝓊 𝓈𝒶𝓎 𝐼 𝒹𝑜...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt