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Donnerstag 21. Juni, 1984 - Zuhause bei den Keith's

Ich konnte die ganze Nacht kein Auge zu machen. So sehr ich es versuchte, mich hin und her wälzte, von Billy abließ und kurze Zeit später mich wieder an ihn schmiegte, ich konnte einfach nicht schlafen. Der Fakt, dass Billy tatsächlich Zuhause misshandelt wurde, ging mir nicht aus dem Kopf und er tat mir unendlich leid. Niemand auf dieser Welt hatte das verdient und ich verstand nicht, wie man sein eigen Fleisch und Blut so dermaßen zurichten konnte, wie Neil es heute bei Billy tat.

Sein glasiger Blick und diese Leere in Billy's Augen..
Ich wusste, wenn ich weiter darüber nachdachte, würde ich wieder anfangen zu weinen.

Mit einem leisen Seufzen drehte ich mich zu Billy und saugte seine friedliche Ausstrahlung auf. Ein paar Strähnen waren ihm ins Gesicht gefallen, welche ich vorsichtig wegstrich, um ihn nicht aufzuwecken. Seine Wange war noch immer angeschwollen und selbst ramponiert, war er immer noch wunderschön.

Nie im Leben hätte ich gedacht, dass eines Tages ein - meiner Meinung nach - Traumman neben mir im Bett liegt, dessen Charakter so breit gefächert ist, wie die Federn eines Pfaus.

Billy war von Haus aus ein eher ungeduldiger und verschlossener Mensch, der - je nachdem um welches Thema es ging - gerne davonlief. Reizte Man allerdings seine 'Geduld', bis aufs letzte Mark aus, konfrontierte er einen - körperlich. Er ließ sich von anderen nichts sagen, außer natürlich es war sein Vater, und suchte ständig nach Bestätigung. Irgendwie konnte ich es nachvollziehen. Wenn er sie schon nicht von seinem Vater bekam, wo würde er damit überschüttet werden?
Richtig - beim anderen Geschlecht. Ich glaube, ich konnte es ihm nicht übel nehmen, aber konnte er sich beherrschen, wenn es jemand in seinem Leben gab, der es ernst mit ihm meinte?

Neben Billy's eher negativen Eigenschaften, gab es natürlich auch viele positive und ich hatte das Gefühl, dass nur ich sie kennenlernen durfte. Er war sehr einfühlsam, wollte es stets jedem Recht machen und Menschen, die er gern hatte, wollte er um jeden Preis beschützen. Also.. mich.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich Billy und Tommy im Schulgang gesehen und Tommy eine blutige Nase hatte. Billy erzählte mir, nachdem wir uns wieder vertragen hatten, dass er ihn geschlagen hatte, weil sein Kumpel widerliche Gedanken über mich äußerte und er - und ich zitiere - "den mangelnden Respekt gegenüber Frauen abartig" findet.

Frauen sind wunderbare Wesen und jede verdient es mit Samthandschuhen angefasst zu werden, waren seine Worte und ich bewunderte es, wie reif er war. Ich glaube, als er das sagte, war es komplett um mich geschehen. Ja, er schlief mit vielen Frauen und es war immer nur eine einmalige Sache für ihn, aber ging jemals das Gerücht um, er hätte sie bedrängt? Oder er hätte sie gegen ihren Willen angefasst? Sie gefügig gemacht?

Billy war vielleicht ein Player, aber trotzdem verstand er, dass "Nein", "Nein" hieß. Er hatte viel Respekt vor Frauen und das liebte ich an ihm.

Wie viele Männer gab es auf der Welt, die Frauen als Objekt oder Minderwertigkeit sahen? Wie viele Männer verbieteten ihren Frauen den Mund aufzumachen und sie das sagen zu lassen, was sie dachten oder fühlten oder dringend loswerden wollten..?

Ich bemerkte langsam die Morgendämmerung und als ich auf die Uhr sah, war es bereits viertel nach sechs. Ich drehte mich wieder um, blickte auf den vermeintlichen Engel, der es faustdick hinter den Ohren hatte.

Billy lag auf seinem Bauch, die Decke gerade noch knapp über seinem Hintern, die Arme unter dem Kissen und das Gesicht zu mir gedreht. Eigentlich wollte ich ihn gar nicht wecken, wollte ihm den Schlaf geben, den er verdient hatte, aber ich wusste auch, würde er zu spät kommen oder im schlimmsten Fall ein paar Stunden versäumen, würde es nicht lange dauern, bis er wieder verletzt vor meiner Tür steht.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt | Billy HargroveWhere stories live. Discover now