Flucht

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- Mao -

Adalonn war eine malerische Stadt.

Auf einem kleinen Hügel gelegen, die Berge im Rücken und nach Süden hin offen, mit Blick auf gigantische Grasländer, vereinzelte Weizenfelder und majestätische Forste am Horizont.

Die Häuser hier spiegelten den Wohlstand der Stadt wider.
Es waren alles große Hütten, aus gutem Holz und zu Wänden gewachsenen Efeuranken.

Auf den breiten Kieswegen flanierten die Leute und der Markt bot die besten Tuche, Bögen und Speisen, die man sich vorstellen konnte.

Was einem aber als erstes auffiel, wenn man auf die Stadt blickte, war das Schloss.

Es war ein Königsschloss, ganz aus weißem Stein gebaut und ohne Zweifel ausschweifend gebaut, von den besten Architekten.
Große Türme, Zinnen und Erker erstreckten sich entlang der Fassade und umrundeten einen großen, freien Burghof.

Weiter draußen, etwas außerhalb der Stadt, lag ein großer Sandplatz zwischen mehreren Bäumen.

Dort stand mir mein Vater mit einigen Metern Entfernung gegenüber.

"Bereit, mein Sohn?"

Genervt stellte ich mich in Position.
Mein Schwert lag mir schwer in der Hand und ich wusste nicht so ganz, was ich damit anstellen sollte.

Mein Vater verdrehte die Augen.
"In Ordnung, du brauchst nicht zu antworten."

Er straffte sich, und ohne weitere Vorwarnung sprintete er los, auf mich zu, und stach im Sprung nach vorne.

Ein klirrendes Geräusch ertönte, als unsere Klingen sich kreuzten.

"Präzision! Du musst schneller reagieren, such die Lücken!"

Ich seufzte, aber dann vollführte ich eine unbeholfene Drehung und schnitt mit meiner Klinge über seinem Kopf hinweg.

Er sah tadelnd drein, dann griff er wieder an.

Eine Weile fochten wir, und wieder einmal wurde deutlich, wie überlegen er mir war.

Ich brummte genervt, dann schlug ich wieder zu, doch er konnte meine Klinge mühelos von seiner Schulter abwenden, riss mir dadurch das Schwert aus der Hand und schnellte mit seinem vor.

Forsch drückte er es unter mein Kinn und hob somit meinen Blick nach oben. Er sah höchst unzufrieden mit mir aus.

"Hast du nicht gemerkt, wie offensichtlich ich meinen Bauch ungeschützt gelassen habe?"
Ich schüttelte den Kopf nur ein bisschen, aus Angst, seine Klinge könnte mich verletzen. Er schien es auch zu bemerken und ließ das Schwert wieder sinken.

Ich erwartete, dass er etwas sagte, doch er schwieg. Also fing ich an:
"Vater. Du weißt doch, dass ich das nicht kann. Ich finde, du bist zu hart mit mir. Ich ... ich bin einfach nicht zum Kämpfen gemacht! Otis kann das! Du bist doch immer so stolz auf sie. Warum muss ich also trainieren?"
Ich schob trotzig die Unterlippe vor.

Er sah mich genervt an.
Schon klar, wir hatten dieses Gespräch schon tausend mal geführt, aber bis er verstand, dass ich Recht hatte, würde ich damit auch nicht aufhören.

"Mein Sohn.", fing er an. "Du bist derjenige von uns, der den stellvertretenden Thron antreten will. Und damit bist du auch derjenige von uns, der prinzipiell besser kämpfen können sollte als dein Großvater auf Gehhilfen!"

Mit diesem Satz holte er noch einmal kraftvoll aus, direkt auf meine Brust zu. Schnell duckte ich mich weg und seine Klinge fegte mir bloß ein Büschel Haare vom Kopf. Ich keuchte.

Dunkelelfen - Die sieben Kinder des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt