Kapitel 3, Ivy

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Ich gehe über den Schlosshof, drehe mich noch mal kurz zu Philip um, mit dem ich gerade geredet habe und renne dann fast in Tess hinein.

Theresa und ich teilen uns ein Zimmer. Sie und ich sind gut befreundet und man kann super mit ihr reden. Sie ist eine tolle Person und zu meinem großen Bedauern bis über beide Ohren in Philip verknallt.

Man darf das nicht falsch verstehen. Ich mag Philip sehr gerne, er ist wie ein großer Bruder für mich, aber ich verstehe beim besten Willen nicht, warum Tess ihn so sehr mag.

Sie lacht mich an. "Wohin des Weges?", fragt sie und ihre blauen Augen funkeln wie Sterne.

"Ich muss noch Kräuter sammeln gehen, wo gehst du hin?"

Sie wird ein bisschen rot um die Nasenspitze, was so süß aussieht.
"Ich wollte zu Philip und Etiana helfen, immerhin reitet sie heute aus."

"Tja", sagte ich, "die hast du leider verpasst."

"Oh, Mist. Naja, ich guck trotzdem, ob ich ihm helfen kann."

Noch ehe ich ihr sagen kann, dass er den Stall ausmisten will und sie ihm dabei ganz bestimmt nicht helfen will, ist sie weg in Richtung Stall. Ich sehe ihr hinterher und spüre einen Stich in der Magengrube.

Ich hab sie wirklich gern. Zu gern.

Ein bisschen traurig gehe ich durch das Schlosstor und mache mich auf meinen Weg in den Wald.
Da es ein wunderschöner Tag ist und die Vögel zwitschern, steigt meine Laune dort wieder ein bisschen.

Ich laufe über das weiche Moos, genieße den Duft und komme dann schließlich zu meiner Lieblingslichtung.
Dort angekommen, setze ich mich ersteinmal auf den Boden und strecke den Kopf zum Himmel. Ich liebe den Wald, man ist dort so ungestört und für sich.

"Faulenzt du etwa?"

Eine schämische Stimme reißt mich aus den Gedanken und lässt mich zusammenzucken.

"Was machst du hier Louis?!", frage ich den ein Meter Neunzig großen Kerl, der mich schon so manches Mal erschreckt hat.

"Wir haben sie gefunden", sagt er und macht dann eine kleine Kunstpause.
"Du kennst sie."

Ich will nicht, dass er weiterredet. ich möchte, dass er verschwindet und mich allein lässt. Ich möchte einfach nur, dass er wieder verschwindet. Aber natürlich redet er weiter.

"Es ist die Zofe, mit der du so gerne deine zeit verbringst. Zu viel für meinen Geschmack."

Etwas in mir zerspringt. Mein Herz kann es nicht sein, sonst wäre ich ja wohl tot. Obwohl, für einen Moment fühle ich mich schon irgendwie tot.
Er lächelt mich fast freundlich an. Allerdings sieht er eine Spur zu triumphierend aus, was die ganze Sache wirklich wieder kaputt macht.

"Tja, es tut mir ja echt leid Ivy. Für ein Herz aus Stein scheint dich das wirklich sehr mitzunehmen."
Er weiß ganz genau, was diese Worte mit mir machen. Er weiß ganz genau, was sie bewirkten.

Ich kann mich nicht bewegen, ich bin wie gelähmt.
Im Bruchteil einer Sekunde tritt er an mich heran, nimmt mit seinen kalten Fingern mein Kinn in die Hand und starrt mich aus hasserfüllten, schwarzen Augen an.

"Komm mir bloß nicht in die Quere."

Seine Augen werden wieder grau und dann, ganz plötzlich, so wie er es immer tut, ist er verschwunden.

Ich breche zusammen und alles in mir fühlt sich kaputt an.

𝕯𝖊𝖒𝖔𝖓𝖘 | 𝐑𝐚𝐛𝐞𝐧𝐟𝐞𝐝𝐞𝐫𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐇𝐞𝐫𝐳𝐞𝐧 𝐚𝐮𝐬 𝐒𝐭𝐞𝐢𝐧Where stories live. Discover now