Kapitel 5, Ivy

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Ich renne. Es ist mir egal wohin, ich will eigentlich nur weg. Ich renne durch den Wald und komme an einer Schlucht an.

Diese Schlucht ist mein Rückzugsort und wahrscheinlich haben mich meine Beine ganz bewusst hier hingebracht. Ein paar Meter vor mir befindet sich ein gefährlicher Abhang, der vermutlich zwanzig, dreißig Meter in die Tiefe führt. Der Abstand zur anderen Seite beträgt vielleicht fünfzehn Meter.

Ich hole tief Luft, nehme Anlauf und renne los.
Ich werde immer schneller und als ich schließlich an der Stelle ankomme, an der sich der Boden verabschiedet, sammle ich meine ganze Kraft und springe.

Ich falle in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit und vergesse für einen kurzen Moment alles. Ich vergesse Theresa, meine Begegnung vorhin im Wald und alles andere. Für einen kurzen Moment gibt es nur mich und die Luft, durch die ich hindurch falle.

Nachdem ich ein paar Meter gefallen bin, sammle ich meine Gedanken und breite meine Flügel aus. Kurz vor dem Boden bremsen sie meinen Fall ab und ich lasse mich seufzend auf den Boden fallen.

Ich klappe meine Flügel, schwarze Schwingen, die eine Spannweite von drei Metern haben, wieder ein. Meine Flügel sind das einzig gute an der Sache, in der ich mitten drin steckte.

Schon als kleines Kind ist mir aufgefallen, dass ich anders bin, als andere Kinder. Ich hatte eine andere Sicht auf die Dinge, Wunden verheilen bei mir immer ganz schnell und ich sehe meiner Mutter überhaupt nicht ähnlich. Mit acht Jahren ist ein Dämon zu mir gekommen und hat mir erklärt, dass ich als Kind zu den Menschen gelegt wurde und jetzt für die Dämonen spionieren soll.

Ich bringe es aber nicht übers Herz, gegen meine Freunde und Familie zu sein. Die Dämonen können mir noch so oft erklären, dass ich zu ihnen gehöre, ich glaube es ihnen nicht. Ich will es nicht glauben.

Dass sie es sich jetzt zur Aufgabe gemacht haben, Tess umzubringen, macht diese ganze Situation viel, viel schlimmer und ich habe keine Ahnung, was ich tun soll.

Louis, der Dämon, der darauf angesetzt wurde, Tess zu töten, ist einer der wenigen Dämonen, der als Kind auch zu einer anderen Familie gelegt wurde. Die Dämonen wurden ins Schattenreich gebannt und können es nicht mehr verlassen.

Wechselbälger, wie Louis und ich welche sind, können sowohl das Schattenreich, als auch die richtige Welt betreten. Wir sollen die Dämonen befreien, sodass sie die Welt stürzen können, nur, dass ich das nicht will.

Ich will auch kein Dämon sein und schon gar nicht möchte ich, dass Tess die verschwundene Prinzessin ist, die von den Dämonen umgebracht werden soll, aber so ist es nun mal leider und ich kann rein gar nichts daran ändern.

Wenn Tess wüsste, dass ich eine Dämonin bin, würde sie vermutlich nie wieder mit mir reden, mehr noch, vermutlich würde sie die königliche Garde auf mich ansetzen und ihnen befehlen, mich zu töten.

𝕯𝖊𝖒𝖔𝖓𝖘 | 𝐑𝐚𝐛𝐞𝐧𝐟𝐞𝐝𝐞𝐫𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐇𝐞𝐫𝐳𝐞𝐧 𝐚𝐮𝐬 𝐒𝐭𝐞𝐢𝐧Where stories live. Discover now