⋆·˚ ༘ * 25. ℑ𝔨𝔞𝔯𝔦𝔰

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Für dreamer_08-00
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Wenn man kein Mensch ist, dann sind einem die menschlichen Feiertage schlichtweg egal. Warum sollte man sich auch um sie kümmern, wenn sie aus verschiedenen Mythen entstanden sind, eine unglaubwürdiger als die andere?

Es gab eine sehr lange Zeit, in der Ikaris dem wahren Wesen des Menschen verabscheut hat. Sie gieren nach Macht und würden ihr eigenes Kind verraten, um das zu kriegen, was sie wollen. Nicht unbedingt das, was ihnen zusteht.

Aber auch ein Eternals irrt sich. Geblendet von dem Hass hat er zurückgezogen gelebt, solange, bis ein einfaches Menschenmädchen sein schwaches Herz erwärmt hat...

»Ikaris!« Schreie ich laut, während ich versuche, seinem massigen Körper auszuweichen, aber er ist einfach stärker als ich. Seine Arme schlingen sich um meinen Körper und als wäre ich leicht wie eine Feder, hebt er mich hoch.

Mein Atem ist gefroren, so wie der mit Schnee bedeckte Wald, der sich vor uns erstreckt. Dennoch scheint die Sonne und lässt das Winterwunderland in einem wunderschönen Licht erstrahlen.

»Wenn wir bei den Alpakas sind, solltest du nicht so schreien.« An seiner rauen Stimme höre ich, dass Ikaris schmunzelt, ehe er seinen Kopf an meiner Halsbeuge vergräbt und ich spüre, wie er einen tiefen Atemzug nimmt.

Als ich Ikaris kennengelernt habe, hätte ich nicht einmal im Traum gewagt, dass er mit mir am ersten Feiertag eine Alpakatour durch den verschneiten Wald machen würde. Aber wie in so vielen anderen Hinsichten, habe ich mich in den Eternal geirrt.

Sein Körper presst sich von hinten an meinen. Beide sind wir dick angezogen und dennoch spüre ich ihn so intensiv, als würden sich unsere Leiber nackt aneinanderpressen. Mein Herz schlägt kräftig gegen meine Brust, während ich meinen Kopf zu ihm drehe.

Sein warmer Atem trifft auf meinen Mund und ich kann mir ein glückliches Lächeln nicht verkneifen.

»Ich liebe dich, Ikaris«, flüstere ich leise. Während sein Name lieblich über meinen Mund kommt, verfestigt sich sein Griff und sein Lächeln wird breiter. »Ich liebe dich bis zur Sonne und zurück«, erwidert er. Einen Moment bleibt mein Herz stehen. Die Angst, dass der Mythos um Ikarus wahr wird, der in die Sonne fliegt und verbrennt, ist präsenter denn je.

Ich lege meine Hand auf seine bärtige Wange, schließe meine Augen und genieße das Gefühl seiner warmen Haut unter meiner Handinnenfläche. Ich spüre das Leben unter seiner Haut pulsieren, als Ikaris sich runterbeugt und unsere Lippen verschließt.

Dieser Kuss ist liebevoll, sanft und lässt mein Herz höher schlagen. Ich drehe mich in seinen Armen, sodass ich direkt vor ihm stehe. Meine Arme legen sich automatisch um seinen Nacken, während Ikaris den Kuss intensiver werden lässt. Ich drehe leicht meinen Kopf, öffne meinen Mund einen Spalt und heiße seine Zunge willkommen.

Ich genieße diesen Moment, so wie jeden einzelnen mit dem Eternal. Denn während sein Leben unendlich ist, ist meins befristet. Für Ikaris ist meine Lebenszeit nur ein klitzekleiner Teil, der viel zu schnell vorbeigeht.

»Wir sollten langsam los.« Ikaris löst sich schweren Herzens von mir. Seine hellblauen Augen fixieren meine roten, von den Küssen geschwollenen Lippen. Ich spüre das Verlangen, in meinen Venen pulsieren, aber ich weiß, dass er recht hat.

»Okay.« Meine Stimme ist heiser. Schnell räuspere ich mich, bevor ich nach seiner Hand greife. Er verschränkt unsere Hände und gibt mir die Kraft, durch den Wald weiterzulaufen.

~

»Das Ding starrt mich so gruselig an.« Ich muss mir ein Kichern unterdrücken, als Ikaris das weiße Alpaka skeptisch vor sich ansieht. Träge steht das weiße Tier und kaut langsam auf Heu rum.

»Vielleicht will sie mich ja fressen«, mutmaßt er weiter, ohne sein Blick von dem Tier zu nehmen. Immer noch ausdruckslos starrt er dem Eternal entgegen, als würde es ihn nicht eine Bohne interessieren. In seiner Hand hält er immer noch den Strick, der an den braunen Halfter des Alpakas gebunden ist.

»Der große Ikaris hat also Angst vor einem Alpaka?«, grinse ich verschlagen, während ich meinem braunen Alpakas das weiche Fell kraule.

»Nein!«, will er sich verteidigen, aber als das weiße Tier einen Schritt nach vorne macht und Ikaris nach hinten taumelt und über seine eigenen Füße stolpert, kann ich mir ein Lachen nicht mehr verkneifen. Wer hätte aber auch gedacht, dass Ikaris, der mehr Leben gesehen und erlebt, ausgerechnet Angst vor den wohl süßesten Tieren auf dem Planeten hat?

Gerade so kann er sich auf seinen Beinen halten, vernichtend sieht er mich an, doch ich lache ihn weiter aus. »Es tut mir leid«, kichere ich und schlage mir die Hand vor den Mund. Mein Magen tut schon weh, als ich mich langsam beruhigen kann.

Ikaris grummelt leise, bevor er wieder neben sein weißes Gefährt tritt. Den Strick nimmt er etwas enger. »Komm du, kleines weißes Monster«, murmelt er und führt ihn durch ein schmales Tor, wo die anderen der Alpakatour entlang gegangen sind. Einen Moment haftet mein Blick auf seinem breiten Rücken, bevor ich ihm durch das schmale Tor folge, ehe ich neben ihm und seinem Alpaka der Gruppe durch den Wald folge.

Die Atmosphäre ist wirklich schön. Wir sind eine etwas größere Gruppe, aber dennoch geht jeder in seinen eigenen bekannten Kreis. Ikaris und ich bilden dabei das Schlusslicht. Leicht knirscht der Schnee unter unseren Füßen und mit dem wohl breitesten Lächeln auf dem Gesicht lasse ich meinen Blick über die Winterlandschaft schweifen.

»Und ist es so schlimm?«, frage ich, nachdem wir gute zehn Minuten schweigend nebeneinander hergelaufen sind. Es ist Kunst, ein Gespräch mit jemandem am Laufen zu halten, aber die wahre Kunst ist es, zu schwiegen und sich dennoch zu verstehen.

»Mit dir ist alles besser zu ertragen«, antwortet er. Meine Wangen färben sich rot, während ich mit meinen Augen rolle. »Ikaris«, grolle ich leise. Er weiß genau, dass ich mit solchen Komplimenten nicht umgehen kann. Ikaris liebt es aber, mir Tag für Tag welche zu machen und meine roten Wangen zu bestaunen.

»Im Ernst, niemals hätte ich gedacht, dass ich so eine innere Ruhe finden kann, indem ich mit diesem Ding-« er hebt kurz den Strick an, an dem er sein Alpaka führt, »spazieren gehe. Ich hätte es nicht einmal für möglich gehalten, so lange an einem Ort zu bleiben, doch seitdem ich auf dich getroffen bin... Ich lebe so lange und habe dennoch das Gefühl, jetzt erst richtig gelebt zu haben – du hast mir gezeigt, dass die Menschen nicht nur aus Gier oder Macht handeln.«

Gerührt sehe ich ihn an. Tränen haben sich in meinen Augen gesammelt. Ich kann es einfach nicht fassen, dass es ausgerechnet Ikaris ist, der mein Herz auf eine Art und Weise berührt, wie es noch nie jemand geschafft hat.

Jahrelang habe ich mich gefragt, ob mit mir etwas nicht stimmt, weil ich mich nie an einen Mann binden konnte. Ob etwas in mir kaputt ist. Erst als ich auf Ikaris getroffen bin, ist mir klar geworden, dass es mit den anderen nicht geklappt hat, weil mein Inneres genau wusste, dass jemand besonderes noch auf mich wartet.

adventskalender 2022Where stories live. Discover now