⋆·˚ ༘ * 31. 𝔖𝔢𝔳𝔢𝔯𝔲𝔰 𝔖𝔫𝔞𝔭𝔢

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Für LenaHummels15
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Es ist die Dunkelheit, die uns beide umgibt. Die uns die Luft zum Atmen raubt und den Schmerz in unserer Brust leidvoller werden lässt. Egal wie lange her, der Tod einer geliebten Person ist. Man vergisst nie den schmerzvollen Moment, in dem man realisiert, dass es kein böser Traum, sondern die bittere Realität ist.

»Y/N, ich habe Ihnen untersagt, hierher zu kommen.« Die immer gleiche schnarrende Stimme von Severus Snape dringt zu mir hindurch und vertreibt die Gedanken an meinen Vater.

Ich habe das Mitleid satt, ich kann nicht mehr in die traurigen Augen der anderen blicken. Sie mögen zwar ihren Schulleiter verloren haben, aber ich meinen Vater. Meinem Vater, dem ich nie sonderlich nahe gestanden habe und gerade als wir das Band zwischen uns festigen wollten, kam der Tod und hat seine Hand nach ihm ausgestreckt.

»Severus«, leise gleitet sein Name über meine vollen Lippen. Langsam drehe ich mich zu ihm um. Stumm sehen wir uns an, unsere Augen fechten einen Kampf aus, den keiner gewinnt. Dafür haben wir beide, heute, keine Kraft.

Leise seufzt Severus – etwas, das er nur tut, wenn wir alleine sind. So wie alle anderen Regungen, die darauf schließen lassen, dass er auch nur ein ganz normaler Mann mit einem gebrochenen Herzen ist. Er löst den Blick als erster, geht an mir vorbei zu einem Tisch, auf dem ein altertümlicher Globus steht, den er öffnet, ehe er zwei Gläser hervorzaubert.

»Du solltest dennoch nicht hier sein«, spricht Severus leise. Seine Stimme wird fast vom Plätschern des Alkohols übertönt. Ich lasse meinen Blick über sein Büro schweifen.

Auch wenn es jetzt düsterer ist, als noch vor einigen Jahren, sehe ich immer noch meinen Vater hier. Wie er an dem Schreibtisch saß und jedem der dieses Büro betreten hat, ein Zitronebrausebonbon angeboten hat.

»Die meiste Zeit mit meinem Vater habe ich in diesem Büro verbracht, ist das nicht traurig?« Ich lache sarkastisch auf, lehne mich weiter in dem Stuhl zurück, während Severus mir das Glas einfach in die Hand drückt, ehe er sein eigenes Glas mit der dunklen Flüssigkeit ext.

Ich mache es ihm nach. Lege meinen Kopf in den Nacken und genieße den Alkohol, der meine Kehle hinunterbrennt. Meine Augen halte ich geschlossen, während ich auf die Wirkung des Hochprozentigem warte. 

»Y/N, ich bin die die denkbar schlechteste Person, mit der du über deinen Vater reden solltest.«

Ich öffne meine Augen und blicke direkt in seine schwarzen, die mir wir Onyx entgegenfunkeln. Niemals hätte ich schwarze Augen attraktiv gefunden, doch Severus' Augen sind besonders. Die Trauer in so vielen verschiedenen Emotionen, wie ich es niemals für möglich gehalten habe, treffen mich, halten mich gefangen und helfen mir mit meinem eigenen Schmerz. So sehr Severus auch versucht, mich auf Abstand zu halten – wie zwei Magnete ziehen wir uns an.

»Weil er ein Schwein war?«, rate ich und lache freudlos auf.

Ich bilde mir es nicht ein, dass Severus kurz sein Gesicht verzieht, doch dann, als wäre nie etwas gewesen, sitzt seine Maske wieder perfekt.

»Muss es nicht anstrengend sein, jahrelang dieselbe, perfekte Maske aufzuhaben? Immer auf der Hut zu sein, sie zu wahren, nur dass man nicht verletzt wird?« Ich lasse ihm keine Chance zu antworten.

Seit Tagen läuft der Abend immer gleich ab. Ich komme zu Severus ins Büro, er will mich rausschmeißen, doch es endet jedes Mal, dass wir gemeinsam trinken. Manchmal schweigen wir uns an, doch auch manchmal sprechen wir miteinander.

»Es ist notwendig, denn auch irgendwann kann der stärkste Mann nicht mehr und wenn die Maske fällt, die hässliche Wirklichkeit ans Licht dringt, dann ist er verloren. Weil die Bitterkeit des Lebens ihn einholt und das alles, was er die Jahre versucht hat, zu verstecken rauskommt und du weißt. Y/N, du weißt was passiert, wenn das Licht auf einem zukommt.«

Es kommt mir fast so vor, als könnte ich dieses Licht in seinen schwarzen Augen sehen. Eindringlich sieht er mich an, dass es mir heißkalt meinen Rücken runterläuft.

»Nicht alles endet mit dem Tod«, versuche ich zu argumentieren. Tatsächlich zucken Severus Mundwinkel. Sehr wenig, aber sie zucken.

»Das Leben endet mit dem Tod.«

»Aber das Leben kann so wunderschön sein, wenn du es zulässt. Und ja, irgendwann kommt der Tod einen holen – den einen früher, den anderen später, aber vorher sollte man leben«, wispere ich.

Während ich gesprochen habe, hat Severus sich über mich gelehnt. Während ich immer noch wie festgewachsen auf dem Stuhl sitze, stützt er seinen Arm an der Lehne ab. Sein typischer Duft nach Papier, Kräutern und sein ganz eigener Geruch trifft mich hart, dass ich leise aufkeuche.

Wie ein erschrockenes Reh sehe ich zu ihm hoch.

Ich weiß nicht, was ich mit meinen Worten angerichtet habe, aber mit einem Mal hat sich etwas zwischen uns geändert.

»Wie soll das Leben wunderschön sein?«  Tief sieht er mich an, während er mir diese Frage stellt. Mein Herz pocht unnatürlich schnell und als hätte Severus mich verhext, wandert mein Blick zu seinen Lippen, die kaum merklich zittern.

»I-ich weiß es nicht. Jeder empfindet es anders«, wispere ich.

Ich will meine Lippen auf seine legen. Ich will, dass er mich küsst, mich in seine Arme zieht und sein Umhang mich umhüllt, als wäre ich eine Raupe, die erst zu einem Schmetterling wird.

Eine schwarze Strähne hängt Severus locker ins Gesicht. Gerade als meine Fingerspitzen darauf kribbeln, sie aus dem Gesicht zu streichen, kommt er mir näher.

Seine dunklen Augen wandern langsam über mein Gesicht. Als würde er eins seiner Zaubertrankbücher lesen und mein Herz fühlt sich an, als würde er es zum Explodieren bringen.

»Was ist, wenn das Falsche wunderschön ist?« Ich verstehe nicht, was er damit meint, doch alles in mir wird auf Stillstand gelegt, als seine Lippen meine streifen.

Ganz zaghaft, als wären wir zwei Jugendliche, die sich zum ersten Mal küssen. Langsam tasten wir uns heran, bewegen unsere Lippen langsam und im selben Takt, bis unser Herzschlag eins wird, unser Handeln übernimmt und wir uns gegenseitig den Schmerz nehmen.

adventskalender 2022Where stories live. Discover now