6. Kapitel

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Ein Jugendheim ist ein seltsamer Ort, dachte sich Lina, während sie durch die bunten Gänge lief. Warum hingen dort nur überall diese hässlichen selbstgemalten Bilder?

Sie war erst einen Monat nachdem Julian und seine Freundin die Polizei alarmiert hatten hier. Allmählich entspannte sie sich bei ihren Therapiesitzungen mit Frau Berger. Sie klopft zweimal und wartete auf ein "herein."

Frau Berger öffnete ihr die Tür und Lina durfte sich auf den roten Sitzball setzen, welchen sie lieb gewonnen hatte.

"Wie geht's denn meiner tapferen kleinen Maus?", fragte Frau Berger. Der typische Einstieg in ein Gespräch, das hatte Lina bereits gelernt. Sie erzählte von den leckeren Wraps, welche sich die Kinder heute selbstgemacht hatten und Frau Berger lächelte.

"Freut mich, wenn du dich langsam zurecht findest.", antwortete sie. Lina ging ihrem freundlichen Blick aus dem Weg. Sollte sie ihr von ihren nächtlichen Ausflügen erzählen?

Seit einer Woche schlich sie sich in den Club zwei Straßen weiter. Dort schlängelte sie sich zur Musik um die Stangen und ließ die Blicke der Männer an sich kleben.

Der Stripclub gehörte Franky, welcher sie ein wenig an Rafael erinnerte. In den Nächten kam sich Lina wieder ein klein wenig normal vor. Sie gefiel den Männern gern und Franky wusste mit ihr umzugehen.

Er hatte eine sanfte Hand und ließ Lina einfach in ihrem Element sein. "Linaaa...", Frau Berger schnippste in die Finger und Lina wurde aus ihren Gedanken gerissen. Hier war die Welt so befremdlich, dass Lina kurz schaudern musste.

"Alles okay?", fragte Frau Berger erneut. Lina nickte scheu und blickte zu Boden. "Den Blick kenne ich schon", seufzte die Therapeutin und sah Lina an, bis diese aufblickte.

"Lass uns weiter über Rafael sprechen.", meinte sie dann. Lina blickte wehmütig durch das Fenster auf den grauen Himmel. "Wir waren letztes Mal dabei, dass er dich durch einen Gang gezerrt hat."

Lina schnaufte. "Ja, er hat mich gezerrt, geschlagen, gefickt und halb erwürgt. Alle finden ihn total schrecklich und können mich überhaupt nicht verstehen.", sie war so laut geworden, dass sie sich vor sich selbst erschreckte. Sie biss sich auf die Lippen und entschuldigte sich kleinlaut.

"Ich bin nicht hier um ihn zu verteufeln oder dich nicht zu verstehen, Lina.", Frau Bergers Stimme blieb ruhig. "Wir sind hier um dir zu helfen."

"Ihr würdet mir helfen, wenn ihr mich zu ihm lassen würdet.", grummelte Lina. Frau Berger seufzte tief. "Wir wollen, dass du glücklich wirst.", sprach sie.

"Ich bin glücklich bei ihm.", antwortete Lina. "Er ist...mein Zuhause." "Was ist er noch?", fragte Frau Berger nach.

"Mein Meister, meine Zuflucht, alles was ich brauche." Lina überlegte kurz. "Bei ihm kann ich mich fallen lassen."

"Mag sein, dass du dich bei ihm fallen lassen kannst, weil er dich so gemacht hat, wie er dich haben wollte.", erwiderte Frau Berger.

"Wie soll er mich zu jemand anderem gemacht haben, als die, die ich bin?", fragte Lina nach. Frau Berger antwortete nach einem Augenblick: "Er hat dich zu seiner Sklavin gemacht."

"Was ist schlimm daran eine Sklavin zu sein?"

"Du hast keinen eigenen Willen mehr und er benutzt dich."

"Ich kann eigene Entscheidung treffen und was ich tue, tue ich gerne für ihn." Lina konnte es nun nicht mehr für sich behalten und erzählte von ihren nächtlichen Ausflügen.

"Ich vertraue dir und hoffe, dass du es nicht ausplauderst.", fügte sie hinzu. "Dafür bin ich da.", antwortete Frau Berger. "Viel interessanter wäre es in dem Bereich nach zu forschen."

Lina legte den Kopf schief. "Wieso gehst du dorthin.", fragend sieht sie Lina an. Diese zögerte erst, antwortete aber dann: "Ich habe das Gefühl von Sicherheit, wenn Franky mir sagt, was ich tun soll."

"Und weiter?"

"Ich kann dort sein, wie ich bin und entkomme dieser fremden Welt hier...Die Leute sehen mich an und ich gefalle ihnen."

Frau Berger schweigt. "Lass uns morgen noch mal bei unserer Runde mit meinem Hund darüber sprechen.", sagte sie schließlich.

Lina atmete erleichtert auf und huschte aus dem Raum.

Eine mulmige Wärme umhüllte sie, immer, wenn sie in Frau Bergers Nähe war. Das behielt sie jedoch für sich.

In der Nacht öffnete sie leise das Fenster. Ihre Zimmergenossinnen schliefen tief und fest, erst einmal waren sie davon wach geworden.

Sie huschte durch die dunkle Nacht und Franky ließ sie durch die Hintertür hinein.

"Hey Kleines, früh dran heute.", begrüßte der alte Herr sie. "Ja Sir, für Sie doch gerne." Er strich ihr lächelnd über den Kopf. Seine großen, dürren Hände fühlten sich gut an und Lina hielt still.

Er schickte sie in die Kabinen und Lina suchte sich ein schönes Dessou aus. Der Club war leichter besucht als gestern und Lina schritt mit großen Schritten zu ihrer Stange.

Ein Mann mit drei Tage Bart pfiff sie zu sich. Lina kam auf ihn zu getanzt und setzte sich auf seinen Schoß. Er genoss sichtlich ihre Bewegungen auf ihm und seine Hände griffen nach ihr, wie ein Löwe nach seiner Beute.

Er griff unsanft in ihre Haare und zerrte sie runter in seinen Schritt. "Lutsch meinen Schwanz du Schlampe", herrschte er sie an. Sie öffnete seine Hose.

Franky ging dazwischen, packte sie am Nacken und zog sie von dem zurückschreckenden Mann weg. "Nicht hier, außerdem bist du viel zu jung.", sprach er in strengem Tonfall.

"Und du...", er schrie den Mann an. "Du lässt dich hier nie wieder blicken!"

"Tanz jetzt brav weiter und lass dich nicht angraben.", befahl er Lina und klappste ihr auf den Arsch. Lina nickte schnell und tat wie ihr geheißen.

"Wie soll ich so etwas Frau Berger erklären?", fragte sie sich noch, widmete sich dann aber wieder voll und ganz der Musik.

Auf dem Heimweg hörte sie seltsame Geräusche hinter sich. Sie blickte sich um, konnte aber niemanden in der Dunkelheit entdecken.

Plötzlich waren es Schritte. Erschrocken drehte sie sich um, da wurde sie bereits an ihrem Arm festgehalten. Bevor sie schreien konnte, spürte sie eine Hand um ihre Kehle, die sich langsam zudrückte.

Es war der Mann mit drei Tage Bart, er hatte auf sie gelauert und schliff sie nun hinter sich her in eine alte Fabrik. Scheiße, scheiße, scheiße, dachte sich Lina und wusste nicht, ob sie sich nun wehren sollte oder nicht.

Die kleine Fabrik war verlassen und halb leer, nur ein paar alte Maschinen standen noch herum. Der Mann grinste sie aus dem Schatten heraus an. "Du kleines Miststück, ich bring dich um."

Er band ihre Hände mit Kabelbindern an ein Geländer fest und obwohl sie zappelte und schrie, konnte ihr zierlicher Körper sich nicht gegen ihn wehren.

"Es tut mir Leid", schrie sie verzweifelt. "Es tut mir Leid, bitte.", bettelte sie. "Ich tue alles."

Bevor sie weiter betteln konnte schlug er mit einem Schlagstock auf sie ein. Sie zuckte zusammen und schrie. Es waren höllische Schmerzen, keine Strafe dieser Welt konnte damit mithalten.

Sie wand sich und kreischte, bis er kurz inne hielt und sie anschnauzte: "Halt die Fresse du Schlampe."

Sie biss die Zähne zusammen, doch beim nächsten Schlag musste sie wieder aufheulen. Wimmernd kauerte sie an dem Geländer und er schnitt die Kabelbinder los.

Sie klatschte auf den harten Betonboden und blieb reglos liegen. "Und nur so behandelt man Schlampen, die nicht machen, was man sagt." Lina hörte ihn kaum mehr, sie hörte nur ihr Herz pochen.

Er trat noch ein paar Mal auf sie ein und Lina konnte kaum mehr aufstöhnen, sie bekam keine Luft mehr. Dann wurde ihr endlich schwarz vor Augen.

Einmal Kitten, immer Kitten - Teil 2Where stories live. Discover now