Das neue Jahr beginnt

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Das neue Jahr beginnt

Gerade befand ich mich noch im Land der Träume und schon wenig später wurde ich unsanft aus dem Schlaf gerissen, als mein Bruder Lee auf die großartige Idee kam den Flur entlang zu poltern und anschließend meine Zimmertür aufzureißen, um mir so laut ins Ohr zu schreien, dass ich mir sehr sicher war, dass der Weltuntergang bevorstand. Für viele mag das vielleicht etwas übertrieben klingen, aber diese Leute kannten das äußerst laute Stimmorgan meines Bruders noch nicht.

Als er dann schon zum dritten Mal ansetze, mein Trommelfell kaputt zu schreien, dass ich doch endlich aufstehen sollte, wagte ich es vorsichtig die Augen zu öffnen. Erst das eine, dann das andere. Ich blinzelte einige Male, bis ich wieder scharf sehen konnte.

Tatsächlich fiel es mir vor allem an solchen Tagen immer schweren, zu glauben, dass dieser Junge, der gerade vor mir stand, doch tatsächlich ein Jahr älter war als ich. Denn gerade am Anfang des Schuljahres wurde ich das Gefühl nie los, dass eine Horde Wichtel hinter meinem großen Bruder her waren.

Da kam mir ein Gedanke: Vielleicht war ja auch er der Wichtel, denn vor allem in Kombination mit den Weasley-Zwillingen konnte er, genauso gut wie diese kleinen Biester, ein ganzes Klassenzimmer in weniger als einer Minute verwüsten.

Ich war mir ziemlich sicher, wenn ich das Zauberer-Gen von einem meiner Elternteile nicht geerbt hätte, würde ich das Alles hier liebevoll als „Hummeln im Hintern" bezeichnen.

„Tu mir den Gefallen und sei endlich still.", murrte ich meinen Bruder an und fuhr mir durchs blasse Gesicht.

Ich liebte meinen Bruder wirklich sehr, aber vor allem in Situationen wie jetzt, merkte man doch etwas, dass wir vielleicht nicht unbedingt die gleichen Gene hatten. Ich war nämlich als Neugeborenes von den Jordans aufgenommen worden. Was heute mit meinen richtigen Eltern war, wusste ich leider nicht.

Als mein Bruder schließlich wieder nach unten gegangen war, wagte ich es langsam mich aus dem Bett zu hieven und schlurfte verschlafen in das kleine Badezimmer, welches zwischen meinem und Lees Zimmer lag.

Der erste Blick in den Spiegel war heute besonders erschreckend anzusehen. Meine langen braunen Haare waren unordentlich geflochten und vom Schlaf ganz fusselig, während unter meinen haselnussbraunen Augen lagen tiefdunkle Schatten.

Wenn man wusste, was ich die ganzen Ferien über alles getrieben hatte, war das auch kein Wunder. Lee und ich waren eine Woche campen gewesen... In unserem Garten, da Mom es für zu gefährlich hielt uns beide, 12 und 13 Jahre alt in, in die Natur zu schicken, und er hatte mir verboten das Haus während dieser Zeit zu betreten. Selbst das Abendessen, was Mom extra immer für uns mitgekocht hatte, musste sie uns in Camping-gerechten Verpackungen nach draußen schleusen.

Ebenso war der Grund für meine Augenringe eventuell auch, dass mein Bruder mich, wie schon letztes Jahr, eine halbe Stunde vor meinem Wecker weckte.

Schnell machte ich mich also fertig und schlurfte dann die Treppe hinunter um mich zu meiner Familie am Frühstückstisch zu gesellen. Nachdem ich meine Eltern noch liebevoll mit einer Umarmung begrüßt hatte, fiel mir ein Paket ins Auge.

'Marzia Rowina Jordan' zierte das Etikett in goldener Farbe. Diese Handschrift erkannte ich von überall her. Sie gehörte Mrs. Weasley. Schnell machte ich das Päckchen auf und zum Vorschein kam ein gestrickter weinroter Pulli, auf dem ein goldenes 'M' zierte.

Breit grinsend betrachtete ich den Pulli noch etwas. Mrs. Weasley war so eine nette Frau. Sie machte mir ständig Geschenke. Dies hier hätte wahrscheinlich mein Geburtstagsgeschenk sein sollten, doch ihre Eure Errol war leider nicht mehr der allerjüngste Kauz, so konnte es dauern, bis Dinge dort ankamen, wo sie hinsollten. In meinem Fall gut vier Wochen zu spät, aber das machte mir überhaupt nichts.

Nach dem ruhigverlaufenden Frühstück packte ich den Pullover schließlich zu meinen anderen Sachen in den Koffer, denn heute war es wieder soweit. Mein zweites Jahr in Hogwarts sollte nun anbrechen. Wie auch letztes Jahr, war ich sehr gespannt, was die Zeit so bringen würde, denn in Hogwarts war immer etwas los.

Die Reise zum Bahnhof Kingscross verlief auch sehr ruhig, außer ein paar Tränen, die Mom jedes Jahr vergoss. Am Gleis angekommen, nahm mich erst Mom und dann Dad fest in den Arm.

„Mach's gut, meine Liebe. Und denk dran: Immer anständig sein!", murmelte Dad mir ins Ohr, bevor ich mich von ihm löste.

„Bin ich doch immer.", entgegnete ich ihm breitgrinsend, bevor Lee bereits an meinem Ärmel zog, dass wir losgehen sollten.

Schnell packte ich meinen Koffer und wank meinen Eltern nochmal zu, bevor ich mich von ihnen wegdrehte und bereits aus der Ferne, zwei mir sehr bekannte Rotschöpfe erkannte.

„Fred! George!", rief mein Bruder aufgeregt und wank ihnen heftig zu, während wir etwas schneller zu laufen begannen. Auch sie wurden schneller, bis mir schließlich voreinander stoppten und uns in die Arme fielen.

„Hey! Habt ihr eure Ferien auch schön genossen? Die Ruhe wird nun nämlich bald zu Ende sein.

„Oh nein! Erst werde ich von Lee geknechtet und jetzt wieder von euch. Hab ich denn nie meine Ruhe?", murmelte ich beleidigt und verschränkte die Arme vor dem Körper.

„Ach was, Mary. Gib's zu. Du liebst in unserer Nähe zu sein.", scherzte George und legte einen Arm um mich.

„Uuuuuhh!", gab Lee von sich und hörte sich dabei an, wie ein dicker Gorilla, während er Herzen mit seinen Händen formte.

Schnell löste ich mich aus Georges Griff und boxte Lee fest gegen den Arm.

„Nichts gegen euch, aber ich muss mich dieses Jahr etwas mehr auf die Schule konzentrieren.", meinte ich und zeigte ihnen schließlich, dass wir uns lieber einmal in den Zug begeben sollten, bevor er ohne uns losfuhr.

„Langweilerin.", hörte ich Fred hinter mir sagen und zeigte im daraufhin kurzerhand den Mittelfinger.

„Mich wundert es ja immer wieder, dass sie euch noch nicht von der Schule geschmissen haben.", lachte Lee und ging an den Zwillingen vorbei, da er Ginny gefunden hatte und begrüßte diese mit einer Umarmung. Ich war mir mittlerweile in meiner Annahme sicher, dass mein Bruder sich etwas in die jüngere Schwester seiner besten Freunde verguckt hatte. Er war zu niemandem so nett, wie zu Ginny, wenn wir die Zwillinge besuchten.

Auch ich sagte ihr schnell Hallo, zwang die Jungs dann aber schließlich, nach einer kurzer Verabschiedung von den restlichen Weasleys, den Zug zu betreten. Ginny musste nämlich noch ein Jahr warten, bis sie nach Hogwarts konnte.

Redhead Boy||George WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt