Kapitel 5: Erstens kommt es anders...

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Kapitel 5: Erstens kommt es anders...

Am nächsten Morgen liess Ran sich nichts anmerken, dass sie die halbe Nacht wachgelegen hatte, und bereitete wie immer das Frühstück für ihre kleine Familie vor. Die Zwillinge verloren kein Wort über den gestrigen Besuch, sie dachten auch gar nicht mehr daran, sondern hatten nur ihre Schokomilch im Kopf.

Als ihr gähnender Vater die Küche betrat, schauten Shinichi Jr. und Reika hoch und begannen zu strahlen.

"Daddy!"

"Na ihr? Gut geschlafen?"

"Ja, das habt ihr, nicht wahr?", stellte Ran die Gegenfrage an die Zwillinge gewandt, ohne jedoch eine Antwort zu erwarten. "Und heute Abend werden sie ganz müde ins Bett fallen, denn ich werde sie richtig schlauchen."

"Oho, dann bin ich aber froh, dass ich heute arbeiten muss", sagte Shinichi, und Ran grinste spöttisch.

"Wer sagt denn, dass ich mit Schlauchen aufhöre, wenn die Kinder im Bett sind?", fragte sie, und Shinichi schluckte trocken. Doch dann dachte er an die schönste Nebensache der Welt, und er war sich sicher, dass Ran mit 'Schlauchen' ebendiese Sache meinte. Er begann zu grinsen, und Ran wusste sofort, woran ihr Mann dachte. Typisch Mann, seufzte sie innerlich, doch sie entschloss sich, ihn vorläufig in diesem Glauben zu lassen.

"Guten Morgen übrigens", sagte sie dann und küsste ihn zur Begrüssung. "Und wie hast du geschlafen?"

"Ging so", antwortete er und fuhr dann leise fort. "Aber scheinbar immer noch besser als du, wenn du nur wenige Stunden geschlafen hast."

Shinichi drehte sich ohne ein weiteres Wort um und ging zu den Kindern, während Ran ihm nachschaute. Entweder hatte er diese Nacht einen leichten Schlaf gehabt, oder er hatte es einfach geraten. Oder er hatte überhaupt nicht geschlafen und deswegen alles mitbekommen, das könnte natürlich auch sein. Danach fragen wollte sie ihn aber keineswegs, so wichtig war das nun auch wieder nicht.

"Gib das her!"

"Nein, der gehört mir!"

"Kinder, es ist frühmorgens, noch viel zu früh zu streiten", seufzte Shinichi und zerrte den Streitgegenstand, einen regenbogenfarbigen Löffel, aus den Händen der Kinder. "Wenn ihr brav seid, kriegt ihr ihn wieder."

Sofort sassen die Zwillinge still auf ihren Stühlen und schauten wie die heiligsten Heiligen zu ihrem Vater hoch.

"Dürfen wir den Löffel wiederhaben?"

Shinichi grinste, er liess sich vom Verhalten und den Worten der Kinder nicht um den Finger wickeln.

"Was schaut ihr mich so an? Ich habe nicht gesagt, dass ihr den Löffel jetzt wiederkriegt."

Das Lächeln verschwand augenblicklich aus den jungen Gesichtern, sie waren enttäuscht. Ran liess sie nicht länger leiden, nahm Shinichi den Löffel ab und gab ihn den Zwillingen zurück.

"Also echt, Shinichi, manchmal benimmst du dich wie ein Kleinkind."

"Was denn, ich wollte nur, dass sie aufhören zu streiten", verteidigte Shinichi sich. "Und ein Kleinkind bin ich ganz sicher nicht!"

"Daddy ist ein Baby", sagte Shinichi Jr. und grinste über beide Ohren. "Ich bin älter als du!"

Während Shinichi Jr. und Reika sich wieder dem Frühstück zuwandten, schaute Shinichi seine Frau an.

"Ran, bei der Erziehung müssen wir an einem Strick ziehen, das weisst du doch. Oder willst du, dass die Kleinen zu verwöhnte Gören werden?"

Die Zwillingsmutter hob abwehrend die Hände.

Leben und Sterben in TokyoWhere stories live. Discover now