Kapitel 3: Wünsche und Sorgen

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Kapitel 3: Wünsche und Sorgen

Ran konnte nicht mehr aufhören, es tat alles so weh. Der Anblick ihrer Mutter, die mit den Kindern spielte, setzte ihr schwer zu.

Ihr Ehemann Shinichi, der in der Küche war und Tee vorbereitete, hörte ihr Weinen und liess alles stehen und liegen. Er war sofort an ihrer Seite.

"Hey, hey, hey, Ran, was ist denn los mit dir? Warum weinst du?"

"Es ist so traurig", brachte sie mit einiger Anstrengung zwischen zwei Schluchzern hervor. Shinichi verstand das nicht.

"Du bist traurig, weil Eri mit den Zwillingen spielt? Ich dachte, du freust dich darüber, dass sie wieder mal hier ist."

Ran erwiderte nichts, sondern zog stumm die Knie noch näher an sich heran und legte ihr Gesicht darauf. Sie sah aus wie ein Häufchen Elend, und die Schluchzer, die ihren dünnen Körper schüttelten, gaben dem Anblick keinen positiveren Aspekt.

Shinichi setzte sich neben seine Frau auf den Boden, legte den Arm um ihre Schultern und drückte sie fest an sich. Diese Geste der Liebe und das Wissen, dass Shinichi jetzt, wo sie ihn brauchte, auch für sie da war, liessen sie wieder ruhiger werden, und nach einigen Minuten konnte sie wieder sprechen, ohne zu schluchzen.

"Ran?"

"Wie weit sind sie mit dem Schneemann?", fragte sie, und Shinichi schaute kurz nach.

"Sie sind gerade am Kopf dran", antwortete er und wusste, dass Ran das nur gefragt hatte, um zu erfahren, wie viel Zeit ihr noch blieb, bevor Eri wieder ins Haus kam und sie tränenüberströmt sehen würde. "Ran?", wiederholte er dann. Der Detektiv hatte inzwischen eine Vermutung, weswegen seine Frau in Tränen ausgebrochen war.

"Es ist wegen Paps", sagte Ran endlich und bestätigte Shinichis Vermutung. Er stöhnte innerlich auf, doch er liess sich nichts anmerken. Er wollte, dass seine Frau nichts davon bemerkte und weitersprach.

"Was ist mit ihm?"

"Er fehlt mir", sagte Ran leise, doch das überzeugte Shinichi nicht.

"Und was ist der Hauptgrund?"


Ran sah ihn an und fragte sich, woher er das schon wieder wusste. Doch eigentlich durfte sie sich nicht wundern, schliesslich war ihr Mann Detektiv, und er brachte als solcher viel Geld nach Hause, also durfte sie nichts sagen.

Nach dieser kurzen gedanklichen Abschweifung kam sie zum eigentlichen Thema zurück.

"Die Kinder haben ihren Grossvater noch nie wirklich getroffen", sagte sie dann, was aber eigentlich nicht ganz der Wahrheit entsprach. Shinichi wusste das, und seine Gedanken reisten vier Jahre in die Vergangenheit zurück.

Damals, als die Zwillinge geboren wurden, hatte Kogoro Ran im Krankenhaus besucht, weil er sich vergewissern wollte, dass es seiner Tochter gutging. Neben ihr im Kinderbettchen lagen der erst wenige Stunden alte Shinichi Jr. und seine Schwester Reika und schliefen seelenruhig. Kogoro hatte den kleinen Jungen nur kurz angeschaut, aber da er ihn an Shinichi erinnerte, beliess der Erwachsene es bei einem kurzen Blick. An Reika blieb er länger haften, aber auch nicht zu lange, obwohl das Mädchen Rans Aussehen geerbt hatte.

Aber durch das Wissen, das Shinichi der Vater der beiden war, konnte er die beiden Kinder nicht als seine Enkel akzeptieren. An jenem Tag hatte Kogoro den Kontakt zur Familie abgebrochen und seine Drohung somit wahrgemacht.

Ran war das damals nur recht gewesen, denn mit Kogoros Verhalten, seinen Lügen, die er immer über Shinichi erzählt hatte und den Versuchen, ihren Ehemann als Verbrecher dastehen zu lassen, konnte sie nicht mehr leben.

Leben und Sterben in TokyoWhere stories live. Discover now