Kapitel 3

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Harry hatte das Gefühl, sein Kopf sei in Watte gepackt. Alles fühlte sich irgendwie dumpf an. Das Erste, was er wieder wahrnahm, war der strenge Geruch nach einer Art Reinigungsmittel. Er spürte, dass er in einem Bett lag, konnte sich aber nicht daran erinnern, wie er in dieses gelangt war. In seinem Geist war nur Nebel. Seine letzte Erinnerung, war der Streit mit Snape, aber was war danach passiert? Er spürte, dass ihm jemand über den Arm strich und schwerfällig öffnete er die Augen. Doch wieder umfing ihn nur Dunkelheit. War es Nacht? Aber so schwarz war die Nacht nie oder doch?

»Harry? Harry, alles in Ordnung ... kannst du mich hören?«, Harry kannte die Stimme. Es war die von Minerva McGonagall.

»P-Professor? Wo ... was ist passiert? Warum ist es so dunkel?«, Harrys Stimme war kratzig. Orientierungslos griff er ins Leere und spürte plötzlich, wie ihm jemand die Hand hielt.

»Harry, es ... es ist taghell«, hörte er McGonagall besorgte Stimme. Harry atmete tief ein und versuchte, seine Panik zu unterdrücken. Er konzentrierte sich auf das, was er hören konnte. Er hörte den Lärm des Verkehrs auf der Straße, das Zwitschern der Vögel und das Rauschen des Windes. Ja, es musste Tag sein, aber er sah rein gar nichts.

»Professor, ich ... ich kann nichts sehen«, keuchte er und krallte sich panisch an die Hand von Minerva McGonagall.

Severus Snape erhob sich langsam von seinem Sessel und strich seine Roben glatt. Sein Gesichtsausdruck war ernst und nachdenklich, als er sich auf den Weg nach draußen begab. Der kalte Wind peitschte ihm ins Gesicht und er zog den Umhang enger um sich. Als er durch das noch verlassene Schloss wanderte, war alles still um ihn herum. Die Dämmerung hatte längst eingesetzt und der Himmel war in ein hellrot getaucht. Severus' Gedanken waren so intensiv, dass er kaum bemerkte, wie er durch die leeren Korridore eilte. Erst als er auf den Pfad nach Hogsmeade einbog, wurde er wieder in die Wirklichkeit zurückgerissen. Der Weg nach Hogsmeade war steinig und rau, aber Severus hatte das schon oft zurückgelegt und kannte jeden Winkel. Er folgte dem Pfad zwischen den hohen Bäumen hindurch, die sich wie Wächter aufstellten, und ließ seine Gedanken weiter schweifen. Er dachte an Harry und die Umstände, die zu seiner Verletzung geführt haben konnten. Er fragte sich, ob er wirklich Schuld an alldem hatte. Schließlich erreichte er das kleine Dorf Hogsmeade, das von einer warmen, gemütlichen Atmosphäre erfüllt war. Er eilte durch die Gassen, die mit kleinen, bereits beleuchteten Läden und Kneipen gesäumt waren, und erreichte schließlich das Haus von Remus Lupin und Tonks, ganz am Rand des Ortes. Severus klopfte an die Tür und wartete, bis er hörte, wie sich jemand näherte. Die Tür öffnete sich und Remus Lupin mit dem kleinen Teddy auf dem Arm stand vor ihm.

»Severus? Ist was passiert, weil du so früh hierherkommst?«, wollte er äußerst besorgt wissen, während der inzwischen sieben Monate alte Teddy, den Besucher interessiert zu betrachten schien.

»Es tut mir leid, dass ich so früh störe, aber kann ich reinkommen?«, wollte Severus wissen und dessen Gesichtsausdruck ließ es Remus eiskalt den Rücken hinunterlaufen.

»Äh ... ja klar«, sagte er und trat auf die Seite. Das Haus von Remus und Tonks in Hogsmeade war zwar nicht besonders groß, aber es hatte seinen ganz eigenen Charme. Beim Betreten des Hauses wurde Severus von einem Hauch von Chaos und Lebendigkeit umfangen. Überall stapelten sich Bücher, Kleidungsstücke und Spielzeug auf dem Boden. Auf dem Sofa lagen bunte Decken und Kissen, als ob jemand gerade erst aufgestanden wäre. Das Wohnzimmer war einladend und gemütlich, mit einer alten, abgenutzten Couch, die in der Ecke stand und eine Leseecke mit einem niedrigen Tisch und Bücherregalen. Ein Haufen von Spielzeugen lag verstreut auf dem Boden, darunter ein Teddybär, Bauklötze und ein kleines Auto. Der Geruch von Keksen und Kaffee erfüllte die Luft und sorgte für eine warme Atmosphäre. Tonks stand in der offenen Küche, ihre Haare waren heute violett und sie war dabei Milch in eine Flasche zu füllen.

Blind ShadesWhere stories live. Discover now