Kapitel 7

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Harry saß währenddessen im Flur und versuchte, so ruhig wie möglich zu bleiben. Es war immer noch sehr seltsam, nichts zu sehen und nur Geräusche und Gerüche wahrzunehmen. Er hörte das geschäftige Treiben auf dem Flur und hinter den vielen Türen. Menschen unterhielten sich, Schuhsohlen quietschten auf dem Boden, der leichte Wind der vorbeifliegenden Memos streifte ihn. Es roch nach Reinigungsmitteln, Kräutern und Dingen, die der junge Mann nicht einordnen konnte. Harry wusste nicht, wie lange er schon hier saß, aber irgendwann hörte er eine Tür ganz in seiner Nähe ins Schloss fallen.

»Alles gut?«, Severus Stimme ließ ihn etwas aufschrecken.

»Äh ja ... ja alles okay. B-Bei dir?«, wollte er wissen und richtete sich auf, nachdem er Severus auffordernde Geste an seinem Arm gespürt hatte.

»Ja, alles in Ordnung. Tim würde gern mit dir reden. Ich bring dich rein und warte dann draußen, okay?«, wollte Severus wissen. Harry nickte zögernd.

»Keine Sorge«, sagte Severus noch, dann schob er Harry in den Raum. Der junge Mann war überrascht, wie schnell sich die Stimmung von draußen zu hier drin änderte. Es roch nach Zitronenverbene und Holz, man hörte die Autos vor dem Fenster, aber im Hintergrund auch ein leises Windspiel. Es war viel friedlicher und beruhigender als auf dem Flur.

»Harry, das ist Tim Collins«, sagte Severus unvermittelt. Harry spürte eine Präsenz direkt vor sich.

»Nett, dich ... ich darf doch du sagen? Also nett dich kennenzulernen«, Tims Stimme war leicht und bei weitem nicht so dunkel wie die von Severus. Ein leichter Singsang lag in seiner Stimme, etwas, was Harry sofort sympathisch fand.

»Äh ja, natürlich. Hallo, ich bin ... ja ... Harry«, sagte er und streckte die Hand aus. Was ihm sofort dämlich vorkam, denn Tim konnte ja ebenso wenig sehen, wie er. Doch zu Harrys Überraschung griff der andere zu. Tims Händedruck war kräftig, was sicher auch an seinem Beruf lag.

»Komm, wir setzen uns. Sev, wir kommen klar«, sagte Tim und führte Harry vollkommen selbständig zu einer Sitzgruppe.

»Oh ja, also dann ... ich warte vor der Tür«, sagte Severus etwas fahrig und gleich darauf hörten Harry und Tim die Tür ins Schloss fallen.

»Gut, den wären wir los«, sagte Tim und Harry hörte das Grinsen in der Stimme des Mannes.

»Wie geht es dir?«, wollte er dann wissen. Harry zuckte mit den Schultern und sagte: »Keine Ahnung, nicht gut auf jeden Fall. Einfach ... einfach hilflos und ...«

»Verstehe. Hör zu, ich weiß Sev denkt, dass ich dir helfen kann, und ja vielleicht kann ich das, aber zuerst muss ich dir sagen, dass ich mir nur so ungefähr vorstellen kann, was du durchmachst. Ich bin von Geburt an blind. Ich konnte nie sehen und werde es sicher nie, aber du konntest es achtzehn Jahre und es jetzt nicht mehr zu können, wäre für mich so, als würde ich einen Arm verlieren«, erklärte Tim.

»Du siehst also auch absolut gar nichts?«, fragte Harry nach.

»Nun ich kann hell und dunkel wahrnehmen, das ist schon hilfreich, aber mehr nicht. Was ist mit dir?«

»N-Nichts gar nichts. Dunkelheit«, sagte Harry.

»Gut ich kann mir vorstellen, dass das sehr beängstigend ist, und Severus hat recht, er kann dir alles, was du an Zaubern brauchst beibringen, aber nachfühlen, was du fühlst, das kann er nicht«, sagte Tim.

»W-was meinst du?«, wollte Harry nachdenklich wissen.

»Du musst ihm helfen. Hilf ihm, zu verstehen, bei was du Hilfe brauchst und was du allein schaffst. Glaub mir, er wollte mich oft in Watte packen, aber ich kam besser in unserer Wohnung klar als er an manchen Tagen«, sagte Tim nun lachend. Harry lächelte scheu.

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