Kapitel 6

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Severus führte Harry in das Wohnzimmer und drückte ihn sacht auf die Couch.

»Gut fangen wir an. Was denkst du, löst deine Panikattacken aus?«, wollte der Lehrer wissen. Harry atmete tief durch und zuckte ganz leicht mit den Schultern.

»Ich weiß nicht genau. Diese Orientierungslosigkeit macht mich fertig.«

»Verstehe, aber was genau daran macht dir Angst? Die Tatsache, dass du dich verletzen könntest?«

»Ja, oder ... keine Ahnung. Nicht mehr zurückzufinden«, erklärte Harry.

»In Ordnung, aber dies kann man hier im Haus ausschließen. Die Räume hier sind nicht Hogwarts. Du findest dich bereits in deinem Zimmer, dem Flur und Bad zurecht und auch die Küche sollte kein Problem sein. Komm«, Severus zog Harry auf die Beine und führte ihn ein paar Schritte, dann ließ er ihn los.

»W-Was?«, wollte der junge Mann leicht panisch wissen.

»Ruhig. Augen zu, tief einatmen und konzentrieren ...«, Snapes Stimme war nun etwas entfernt von ihm. Der Lehrer stand an der Tür des Wohnzimmers und beobachtete seinen Schüler genau. Harry zeigte eindeutige Zeichen von Panik. Seine Atmung war schnell, seine Hände unruhig. Er drehte den Kopf, aber hörte schließlich auf die Anweisungen des Mannes.

»So ist es gut. Also, was hörst du?«, wollte Severus wissen.

»I-ich weiß nicht. Das Feuer im Kamin knistert, eine Uhr, den Wind draußen vor dem Fenster ...«

»Gut, dann versuche, den Geräuschen nun vorsichtig zu folgen. Einen Fuß vor den anderen. Zuerst das Fenster«, gab Severus Anweisungen. Harry atmete tief durch, wandte sich nach rechts und ging, die Arme vorgestreckt, langsam vorwärts. Es war nicht nur der Wind, den er hörte, er spürte auch, dass es in der Nähe des Fensters kühler wurde. Er machte noch zwei Schritte, dann spürte er das kühle Glas unter seinen Fingern.

»Sehr gut und nun der Kamin. Keine Sorge du wirst dich nicht verbrennen, glaub mir«, Severus war nun näher. Er wollte in Reichweite sein, damit wirklich nichts geschah. Harry nickte nun, horchte und drehte sich um, dann ging er langsam vorwärts. Er spürte den Teppich unter sich und wie es ganz langsam wärmer wurde. Das Knistern war nun sehr nahe, er setzte noch einen Fuß vor und dann geschah es. Er stolperte über eine winzige Kante in den Dielen und fiel nach vorn. Harry schrie auf, aber sofort war Severus da und hatte ihn sicher gefangen. Keuchend hing der junge Mann in seinen Armen.

»W-wie war das mit dem nicht verbrennen?«, wollte er wissen und Severus lächelte leicht.

»Wie gesagt, es bestand nie Gefahr«, sagte er und richtete sich mit Harry auf. Dieser war schon fast enttäuscht, als ihn die Hände des Mannes verließen.

»Also den Kamin hast du gefunden und nun zur Uhr. Wo ist sie?«, machte der Lehrer einfach weiter. Harry seufzte, wissend dass er sich ohnehin nicht dagegen wehren konnte.

»Im Flur, denke ich«, sagte er.

»Richtig. Also was meinst du?«

»Wenn es sein muss«, sagte Harry und drehte sich leicht. Er versuchte, alle Geräusche auszublenden und sich nur auf das gleichförmige Ticken zu konzentrieren. Severus beobachtete den jungen Mann nicht ohne ein seltsames Gefühl von ehrlicher Anerkennung. Er selbst hatte die Seite von Harry nie verlassen, trotzdem hätte der Sturz durchaus gefährlich werden können und doch machte Harry nun einfach weiter. Vorsichtig setzte der Achtzehnjährige nun einen Fuß vor den anderen. Er stieß leicht gegen den Couchtisch, drehte sich etwas und tastete sich nach vorn, bis er des Türstocks erreichte. Nun tastete er sich an der Wand entlang nach links und stand schnell vor der großen Standuhr.

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