Kapitel 8

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Felix P.O.V.

„Tommi ich will nicht ins Stadion" meckere ich rum, als Tommi mir seinen Plan für heute Abend eröffnet hat. „Doch. Du sitzt hier seit Tagen rum wie ein Häufchen Elend und das schaue ich mir nicht länger an. Du musst doch mal raus. Und weil Feiern zugegebenermaßen gerade keine sehr gute Idee ist, gehen wir eben zum Fußball. Komm schon Felix. Es ist Samstag Abend, die Bayern spielen und das ist ein Topspiel. Mit meinen Karten können wir danach sogar noch mit den Spielern chillen...." fleht mich mein Kumpel an. Er hat sich wirklich Gedanken gemacht und das halte ich ihm sehr zu gute. Außerdem...was habe ich zu verlieren. Ob ich mich nun hier selbst bemitleide oder im Stadion ist doch auch egal.

Ich habe in den letzten Tagen alles versucht, um das irgendwie wieder gut zu machen. Ich habe ständig auf Insta geschaut, ob sie mich nicht vielleicht doch freigibt. Hat sie nicht. Ich habe nach Zweitprofilen von ihr gesucht. Hat sie nicht. Ich habe Klaas versucht zu kontaktieren und auch Joko, denn anscheinend kennen die sie ja auch und Klaas weiß ganz sicher von uns. Aber auch die beiden wollten mir nicht helfen.

Tommi hat mich also überzeugt und wir sind auf dem Weg ins Stadion. Wir beide haben uns gegen Trikots entschieden und gehen in normalen Klamotten zum zuschauen. Ich merke wieder einmal, dass Fußball einfach nicht so meine Welt ist. Wir fahren an ewig langen Schlagen von Menschen vorbei, bis wir endlich in das VIP-Parkhaus fahren können. Dort angekommen steige ich aus dem Auto aus und schaue mich um. Neben uns parkt ein schwarzer BMW. M-TM-1234. Der Anblick dieses Autos versetzt mir einen Stich. Es ist das gleich Auto, das auch Vanessa fährt, sogar das Kennzeichen ähnelt und in mir steigt eine kurze Flut von Erinnerungen auf. Was für ein bescheuerter Zufall.

Das Spiel war aber tatsächlich recht unterhaltsam. Bayern hat wie erwartet ziemlich hoch gewonnen, was Tommis Stimmung kurz ein bisschen gedrückt hat. Wir warten noch ein paar Minuten auf unseren Plätzen, bis sich die Menschenflut etwas gelichtet hat. Dann gehen auch wir ins Stadion und laufen Richtung VIP-Bereich. Als wir rein kommen hören wir schon laute Männerstimmen, die durcheinander reden. Wir nähern uns dem Raum und kommen in eine Art Mensa. Es stehen ein paar relativ große Tische rum und man kann sich an Essen und Getränken bedienen. An den Tischen verteilt sitzen die Spieler beider Mannschaften, teilweise bei ihren Teamkollegen und teilweise bei ihren Gegnern und unterhalten sich. Tommi scheint sich hier echt gut auszukennen.

„Thomas Schmitt, altes Haus. Schön dich mal wieder zu sehen!" Kommt einer der Jungs auf uns zu und begrüßt Tommi und mich. Manchmal vergesse ich, dass Tommi ja mal hier gearbeitet hat. Wir laufen zu einem der Tische und begrüßen die Jungs. Ich hätte mich auch mal besser informieren können. Gerade bei Bayern gibt es ja einige Spieler, die man eben kennt aber bei allen anderen bin ich echt aufgeschmissen. 2,3 der Jungs begrüßen uns nun auch, die Spieler im roten Shirt allerdings schauen nur weg. Hä? Samma... Ich schaue zu Tommi, doch der zuckt auch nur mit den Schultern.

Wir gehen einen Tisch weiter zum lautesten Tisch hier im Raum. Ich erkenne ein paar Spieler, die ich bei der Nationalmannschaft schon gesehen habe. Manuel Neuer, Joshua Kimmich und Thomas Müller sitzen dort und unterhalten den ganzen Tisch in einer Lautstärke, die seinesgleichen sucht. Alle lachen ausgelassen und ich fühle mich hier direkt besser. Wir laufen also auf den Tisch zu und begrüßen die Jungs. Plötzlich wird es ruhig am Tisch. Keiner sagt mehr was, keiner lacht mehr. Ein paar nuscheln ein kurzes „Hallo Tommi", aber keiner schaut uns mehr an. Außer einer. Mein Blick fällt auf Thomas Müller, welcher mich anstarrt. Er starrt mich mit einem Blick an, den ich einfach nicht beschreiben kann. Abwertend und hasserfüllt starrt er mir direkt in meine Augen. Ich löse mich aus diesem Blick, indem ich zu Tommi schaue, welcher nur mit großen Augen zwischen uns beiden hin und her schaut. „Fuck." sagt er nur. „Das wusste ich nicht".

Wir haben im Endeffekt beschlossen zu gehen, weil wir dort einfach unerwünscht waren. Warum auch immer. Wir laufen zu Tommis Auto und noch immer steht da dieser schwarze BMW. Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. „Es ist ihr Bruder" schaue ich Tommi fassungslos an. „Es tut mir so leid Felix, ich wusste das nicht. Dann hätte ich dich doch ganz sicher nicht da hin geschleppt" „Alles gut Tommi, kannste ja nix für. Du kennst sie ja nichtmal, wie sollst Du dann ihren Bruder kennen..." lächle ich ihn aufmunternd an. Doch er lächelt nicht zurück. Er starrt auf den Boden und kaut auf seiner Lippe rum. Dann springt er schnell ins Auto und bis wir an meinem Hotel ankommen redet er kein Wort mehr. Er lässt mich schnell raus und fährt direkt weiter. Was. Zur. Hölle. War. Das. Denn? Das muss ich ihn morgen ja definitiv nochmal fragen.

In meinem Hotelzimmer lege ich mich noch ins Bett und schalte den Ferseher ein. Schnell fallen mir die Augen zu und ich schlafe ein. Am nächsten Tag wache ich auf und fühle mich wirklich unausgeschlafen. Heute Abend fahre ich wieder nach Berlin, weshalb ich hier noch ein bisschen Zeit habe. Ich schalte den Fernseher an und es läuft noch von gestern RTL. Sofort höre ich diese Stimme, die mir Gänsehaut bereitet. Es läuft eine von diesen „Nachrichten" Sendungen, wo die Moderatorin gerade ein Interview mit Vanessa führt. Anscheinend direkt nach einer Let's Dance Show, denn sie stehen noch mit vielen anderen Menschen auf dieser Tanzfläche. Ich weiß gar nicht über was die beiden reden. Dieses wunderschöne Mädchen mit der Engelsstimme verbieten mir jede Konzentration auf den Gesprächsinhalt. Und wie sooft in diesen Tagen und Wochen laufen mir plötzlich heiße Tränen über das Gesicht. Ich habe es dermaßen vermasselt. Sie hätte mir gehören können. Hätte, können. Aber ich habe es einfach nur vermasselt.

So vergehen meine Wochen nun zwischen Auftritten, Terminen und dem schauen von irgendwelchen Fernsehshows. Jeden Freitag sitze ich wie der letzte Mensch vor dem Fernseher und Himmle die Frau an, die mein Herz geklaut hat ohne es zu wollen oder zu wissen. Meine Wohnung sieht nur so in Ordnung aus, weil meine Haushälterin sich gut darum kümmert, ansonsten ist alles in meinem Leben gerade bis oben hin zugemüllt.....

Unexpected (Felix Lobrecht / Wincent Weiß FF)Where stories live. Discover now