~𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝟸~

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Nachdem ich mich ausgiebig im Selbstmitleid gesuhlt und meine fünf Zofen kennengelernt hatte, saß ich verloren auf dem riesigen Himmelbett und wusste nichtmehr weiter.

Obwohl meine Zofen zuerst protestiert hatten, hatte ich sie davon überzeugen können mich für heute allein zu lassen. Aus meinem Kleid konnte ich genauso gut alleine raussteigen. Da brauchte ich keine fünf Personen, um mir zu helfen.

Gelangweilt starrte ich auf die Decke meines Zimmers und beobachtete die Verzierungen und Muster. Die Zeit verstrich und ich wusste, dass dies meine letzen Stunden waren, die ich unverheiratet verbrachte.

Aber ich sah keinen Ausweg, keinen Retter auf dem weißen Pferd, der mich von dieser Pflicht befreite.

Ich hätte weglaufen können. Vielleicht würde ich es schaffen, aber das konnte ich meiner Familie nicht antun. Sie wären furchtbar enttäuscht von mir. Und den Preis sie niemals wiedersehen zu können wollte ich nicht für meine Freiheit zahlen.

Also riss ich mich zusammen, stand auf und öffnete die Tür, die mich in den Flur führte. Mir kam eine Idee, eine ziemlich dumme und idiotische Idee, aber sie war immerhin besser, als gelangweilt auf meinem Bett rumzuliegen und auf meine Hinrichtung, alias Hochzeit, zu warten.

Also trippelte ich durch die Flure, bis ich die große prachtvolle Tür erreichte, die ich mir mit besonderer Aufmerksamkeit auf dem Weg zu meinem Zimmer gemerkt hatte.

Es war die Tür zur Bibliothek, die mit großen Holzbuchstaben ausgeschildert stand.

Sie quitschte leicht, als ich sie aufmachte und ich musste mich sehr anstrengen die schwere Holztür aufzubekommen.

Unendliche Reihen an Büchern und Papieren lächelten mir entgegen, als ich grinsend eintrat und die Regale und Schränke bewunderte.
Ich sog den herrlichen Geruch von Schriftrollen und Büchern in mich ein und genoss den friedlichen Augenblick, der sich mir nun bot.

Mir war jetzt schon klar, dass ich wohl die besten Momente meines trüben Ehelebens hier lesend in der Bibliothek verbringen würde.

Ich hoffte inständig, dass mich meine Pflichten als Ehefrau und Königin nicht zu sehr beanspruchen würden, sodass ich mich vollkommen in den endlosen Bücherwelten verlieren könnte.

Ich ließ meine Hand über die Bücher gleiten und las mir die Titel durch. Einige hörten sich interessant an, aber ich war noch zu überwältigt von der Fülle an Büchern in diesem Raum, sodass ich mir nicht die Zeit dazu nahm, sie aus den Regalen zu ziehen und hineinzulesen.

„Sie sollten um diese Uhrzeit nicht durch das Schloss schlendern, Miss", raunte plötzlich jemand dicht neben mir.

Schnell sah ich mich um und entdeckte einen jungen Mann, der mich mit einem freundlichen Lächeln musterte. Seine dunklen Augen schienen genauso schokoladenbraun zu sein, wie seine Haare. Sein Lächeln war zwar freundlich, aber auch sehr höflich und distanziert.

Wer war er? Wusste er, wer ich war?

„Ich wollte mir nur etwas zu lesen holen", verteidigte ich mich leise.

„Um diese Uhrzeit?", fragte er ungläubig.

„Ich kann sowieso nicht schlafen", erwiderte ich matt.

Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass ich in meinem Nachthemd zur Bibliothek gegangen war und völlig unschicklich gekleidet vor ihm stand.

Augenblicklich wurde ich rot und ich konnte nur hoffen, dass mein Gegenüber es in dem spärlichen Licht nicht sah.

„Darf ich fragen wie Sie heißen, ich glaube nicht, dass ich Ihnen hier im Palast schonmal begegnet bin", meinte er förmlich und immer noch höflich lächelnd.

Kingdom of Love and HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt