𝟎𝟔| Verbotene Gedanken

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Paint your smile on your lips
Blood red nails on your fingertips
A school boy's dream, you act so shy
Your very first kiss was your first kiss goodbye

~★~

𝐋𝐨𝐬 𝐀𝐧𝐠𝐞𝐥𝐞𝐬, 𝟐𝟒. 𝐌𝐚𝐢 𝟏𝟗𝟖𝟒

𝐀𝐥𝐞𝐣𝐚𝐧𝐝𝐫𝐨:

Ich ließ die Knöchel meiner Finger knacken, während ich meine Freunde und Angie beobachtete. Gino trommelte mit den den Löffeln, welche er aus dem Küchenschrank geholt hatte, einen einfachen Takt auf dem Wohnzimmertisch. Angie spielte einige Akkorde auf der Akustikgitarre, welche von unserem ehemaligen Gitarristen stammte. Adam lehnte neben mir an der Wohnzimmertür und beobachtete ebenfalls das Geschehen.

Obwohl ich den Gedanken nicht laut auszusprechen wagte, musste ich insgeheim zugeben, dass es mich beeindruckte, wie Angies Finger flink über den Hals der Gitarre flogen und ihr sanfte und raue Melodien entlockte. Obwohl sie bereits seit einigen Tagen in unserem Apartment wohnte, konnte ich mich an ihre Anwesenheit nicht gewöhnen. Es war die Tatsache, dass sie eine Frau war und gleichzeitig den Traum hegte, Rockstar zu werden, was mir nicht behagte. Bisher hatte ich zwischen Frauen gelebt, die mir zu Füßen lagen und ihren Körper an Rockstars verkauften. Nun stand ich vor einer Frau, die auf eigenen Füßen stehen wollte und das gleiche Ziel, wie ich selbst verfolgte. Sie schien mir ebenbürtig und das verunsicherte mich. Ich verbrachte wilde Nächte mit Frauen, um sie am nächsten Tag wegzuschmeißen. Und das aus einem einfachen Grund. Frauen brachten Probleme mit sich. Probleme, mit denen ich mich noch nie beschäftigen wollte.

"Ich freu mich darauf, Angie das erste Mal mit uns auftreten zu sehen", Adam riss mich aus meinen Gedanken, bevor ich mich endgültig in ihnen verlieren konnte. Ich nickte nur wortlos. Tatsächlich hoffte ich, dass beim nächsten Auftritt alles ablief wie geplant. Wir brauchten dringend mehr Auftritte.

Das Klingeln unserer Tür unterbrach das Geschehen. Ich unterdrückte ein kleines Schmunzeln, als Angie bei dem Geräusch zusammenzuckte. Sie war so vertieft gewesen, dass sie das Geräusch gewaltsam in die Realität zurückholte. Wenigstens in diesem Fall waren wir uns ähnlich. Ich wusste, wie sich das anfühlte. Stand ich auf der Bühne und sang, war ich frei. Frei von allen Sorgen, Befürchtungen und vor allem frei von meiner Vergangenheit.

"Ich geh schon", sagte ich, bevor jemand anderes reagieren konnte. Mit schnellen Schritten eilte ich den Flur entlang, um die Tür zu öffnen.

"Al, schön dich zu sehen", sprach mich die junge Frau vor mir an, die mir ein strahlendes Lächeln schenkte. Mit ihrer rechten Hand fuhr sie sich durch ihr hellbraunes Haar, als würde sie es kämmen. Ich verfolgte ihre Finger, bis sie ihre Schulter erreichten, über die ihre leichten Locken fielen.

"Das kann ich nur zurückgeben, Virginia", erwiderte ich. Der freche Ausdruck in ihren grünen Augen, der dabei zum Vorschein kam, passte überhaupt nicht zu ihrem unschuldigen Lächeln. Dann stolzierte die Frau bereits unaufgefordert an mir vorbei. Ihr schwarzer Lederrock betonte ihre langen Beine und ich musste mich zwingen, die Augen von diesem Ausblick abzuwenden. Ich versuchte mich wieder zu fassen und verbot es mir, ihrem schlanken Körper auch nur einen kurzen Blick zu schenken. Virginia war Adams Freundin. Ich würde mich nie an ihr vergreifen, denn ich wusste, dies würde ihm das Herz brechen. Er mochte ein Rockstar werden, aber ich kannte seinen Hang zur Romantik und unsterblichen Liebe.

"Ich habe nicht damit gerechnet, dich heute noch zu sehen, Süße", Adam begrüßte seine Freundin mit einem schnellen Kuss.

"Meine Freundinnen mussten unser Treffen leider absagen", erwiderte Virginia und wirkte dabei nicht wirklich niedergeschlagen.
"Gino, hast du eine neue Freundin?" Nun war Virginia Angie aufgefallen, die immer noch mit der Gitarre in der Hand, etwas verlegen sitzen geblieben war.

Gino stieß ein unsicheres Lachen aus.
"Nein, das ist unsere neue Gitarristin", winkte er ab und errötete leicht, als er den Blick ebenfalls über Virginias Erscheinung schweifen ließ. Ihr Charme ließ keinen Mann komplett kalt.

Adam stellte Angie und Virginia einander vor. Schon bald saßen wir alle auf der engen Couch, ich befand mich eingeklemmt zwischen Virginia und Gino. Während wir uns unterhielten, fiel mir auf, dass Angie ungewöhnlich still war. Ich hatte in den letzten Tagen kaum Worte mit ihr gewechselt, aber mit Gino und Adam sprach sie viel. Jetzt saß sie etwas verlegen in dem Sessel gegenüber der Couch und mischte sich nicht in die Unterhaltung ein. Nicht, dass ich ihre Gesellschaft vermissen würde.

Ich wandte mich wieder Virginia zu, deren Finger scheinbar beiläufig über meinen Arm strichen, während sie Adams Worte lauschte. Als sie meinen Blick bemerkte, zwinkerte sie mir zu. Diese Frau war schwer berechenbar. Ich wusste nie, ob sie mit mir flirtete oder ob dies einfach ihre Art Männern gegenüber war. Sie lehnte sich gegen meine Schulter, aber behielt ihren Blick auf Adam gerichtet, den diese Geste nicht zu stören schien.

"Ich gehe etwas trinken. Soll ich euch ein Bier mitbringen?", Angie erhob sich und warf einen fragenden Blick in die Runde. Ich schüttelte wortlos den Kopf, während Virginia, Gino und Adam das Angebot gerne annahmen. Ich widmete mich wieder Adams Worten, der gerade von der gestrigen Party erzählte, als erneut Angies Stimme erklang.

"Habt ihr nur alkoholische Getränke in diesem Kühlschrank?"

Ich musste über den entsetzten Ton in ihrer Stimme schmunzeln.
"Ich wusste nicht, dass eine Dame solche Ansprüche hat. Aber wir haben eventuell einen Wasserhahn", rief ich spöttisch zurück. Die wenigen Worte, die ich mit Angie in den letzten Tagen gewechselt hatten, dienten hauptsächlich dazu, sie zu ärgern. Etwas an ihrer Reaktion gefiel mir. Vielleicht war es die Tatsache, dass meine sarkastischen Worte sie schnell zur Weißglut trieben. Oder vielleicht war der Grund für die Sticheleien auch nur, weil ich nicht wusste, wie ich sonst mit dieser Frau sprechen sollte.

"Dann weißt du wirklich nicht viel über Frauen. Bist du sicher, dass du überhaupt schon deinen ersten Kuss hattest?", kam prompt eine sarkastische Bemerkung und Angie tauchte in der Tür mit ein paar Bierflaschen in der Hand auf. Gino versuchte vergeblich ein Kichern zu verstecken, während Virginia und Adam nicht mal dagegen ankämpften. Ich schnaubte leise, als Angie sich wieder auf den Sessel fallen ließ und meinen Freunden das Bier reichte. Sie hatte tatsächlich nur ein Glas Wasser in der Hand.

"Ich hätte trotzdem gerne ein Bier. Könntest du mir eins holen?", ich schenkte Angie ein zuckersüßes Lächeln. Sie strafte mich mit aufgebrachten Blicken, während Adam losprustete.

"Zu spät, jetzt kannst du es dir selbst holen", murmelte Angie nur. Mir fiel Virginias Blick auf, der zwischen mir und Angie hin und her flackerte. Ich konnte ihr nicht ansehen, was sie dachte. Virginia versteckte ihre wahren Gefühle hinter dicken Schichten von Make-Up und einer ausdruckslosen Maske, die sie in meiner Anwesenheit noch nie abgenommen hatte.

"Sie ist noch nicht lange hier in der Stadt, oder?", Virginia beugte sich zu mir, ihre Stimme war kaum lauter als ein Windhauch. Ihre Lippen befanden sich nur Millimeter von meinem Ohr entfernt und diese plötzliche Nähe brachte meinen Atem zum Stocken. Ich verbot mir den Gedanken, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn diese vollen Lippen meine Haut tatsächlich berühren würden. Ich hasste mich dafür, dass ich es auch nur in Erwägung zog. Meine Finger hatten bei Adams Freundin nichts zu suchen.

"Nein, sie ist vor ein paar Tagen das erste Mal in L.A. angekommen", erwiderte ich mit rauer Stimme und wagte es nicht, Virginias Blick zu erwidern. Stattdessen hielt ich meine Augen fest auf Angie gerichtet. Sie trug ein Bandshirt von Led Zeppelin, das ihr um einige Nummern zu groß war, und ihre Locken waren ein einziges Chaos. Als sie aufsah und ihr Blick auf meinen traf, fixierte ich schnell die Wanduhr hinter ihrem Rücken.

𝐺𝑜𝑜𝑑 𝑏𝑜𝑦'𝑠 𝑑𝑜𝑛'𝑡 𝑝𝑙𝑎𝑦 𝑅𝑜𝑐𝑘 '𝑛' 𝑅𝑜𝑙𝑙Where stories live. Discover now