𝟑𝟏| Sucht

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If you twist and turn away
If you tear yourself in two again
If I could, yes I would
If I could, I would
Let it go

~★~

𝐋𝐨𝐬 𝐀𝐧𝐠𝐞𝐥𝐞𝐬, 𝟒. 𝐉𝐮𝐥𝐢 𝟏𝟗𝟖𝟒

𝐀𝐥𝐞𝐣𝐚𝐧𝐝𝐫𝐨:

Ich betrat an Ginos und Angies Seite das Badezimmer. Gino riss den Duschvorhang zur Seite. Die Leichtigkeit, die mich eben noch erfüllt hatte, stürzte zusammen. Noch eben schwebte ich auf Wolken, aber nun hatte mich die Realität so schnell eingeholt, dass mir für einen Augenblick die Luft wegblieb.

Adam kauerte in der Ecke der Dusche am Boden. Er war mit dem Rücken zu uns gewandt und zitterte am ganzen Körper. Der Duschkopf lag neben ihm am Boden, aber war ausgeschaltet. Seine nasse Kleidung klebte an seinem Körper.
Ich spürte, wie Angie sich neben mir anspannte. Am liebsten hätte ich beruhigend nach ihrer Hand gegriffen, aber stattdessen näherte ich mich langsam Adam.

"Adam", leise sagte ich seinen Namen, aber er reagierte nicht.

"Seine Drogen sind fertig, das müssen Entzugserscheinungen sein", murmelte Gino, seine Stimme zitterte leicht. Kurz schloss ich die Augen als die Erinnerungen, wie eine dunkle Gewitterwolke, über mich hineinbrachen. Schlaflose Nächte, Alpträume, Schmerzen und Fieber. All das fühlte man, bis man erneut nach den Drogen griff, den Schmerz betäubte und auf Glückswellen schwebte, bevor man erneut abstürzte. Ich hatte all die Dinge an meinem eigenen Körper erlebt, so real und gleichzeitig waren diese Monate verschwommen, als hätte ich sie nie selbst erlebt. Adam war den Drogen nicht entkommen, er kämpfte immer noch damit.

"Adam, alles ist gut. Wir sind bei dir", fuhr ich sanft fort, obwohl ich wusste, dass er mich nicht hörte. Langsam legte ich meine Hand auf seine bebenden Schultern. Mit Entsetzen stellte ich fest, dass seine Kleidung nicht von Wasser, sondern Schweiß getränkt war. In seinen zitternden Händen umklammerte er ein leeres Päckchen, kein Korn von dem weißen Pulver war noch darin zu sehen.

"Helft mir, wir bringen ihn in sein Zimmer", ich wandte mich Angie und Gino zu und erwartete, dass mein bester Freund sich aus seiner Erstarrung lösen und mir helfen würde. Aber stattdessen näherte sich Angie mit hastigen Schritten.
"Nicht, Angie. Du musst das nicht machen, Gino kann mir helfen", meinte ich, aber Angie griff bereits sanft nach Adams Arm. Kurz konnte ich die Frau nur anstarren. Die Sonne hatte sich hinter den Wolken hervorgeschoben und die goldenen Strahlen, die durch das Fenster fielen, brachten Angies Haare zum Leuchten und strichen sanft über ihre Haut. Adams leises Wimmern und Angies auffordernder Blick rissen mich aus meinen Betrachtungen.

Gemeinsam brachten wir Adam auf die Füße. Aber kaum hatten wir ihm aufgeholfen, schlug er um sich.
"Lasst mich los, ich brauche eure Hilfe nicht", brüllte er mit heiserer Stimme und schlug nach uns. Ich wich seinen Schlägen aus. Falls er mich verletzten würde, war es mir egal, aber Angie wollte ich nicht in Gefahr bringen. Mittlerweile hatte sich auch Gino aus seiner Erstarrung gelöst und eilte uns zu Hilfe. Zu dritt gelang es uns den Mann zu bändigen und festzuhalten. Es war ein Kampf ihn in sein Zimmer zu schaffen, aber schließlich gelang es uns.

Mittlerweile erschöpft fiel Adam auf die Matratze. Seine Augen waren blutunterlaufen und er zitterte immer noch am ganzen Körper.
"Wir müssen Mr. Brown informieren. Vielleicht kann er helfen", meinte Gino hoffnungsvoll.

"Niemals! Er wird ihn feuern. Er braucht keinen drogenabhängigen Bassisten in einer Band, die bald den Durchbruch schaffen soll", murmelte ich. Mr. Brown wusste sicher davon, dass Gino und Adam Drogen einschmissen und glaubte das vermutlich auch von mir. Aber bisher hatten wir es alle in Maßen getan und das war in Ordnung. Doch sollte Adam die Kontrolle über seinen Drogenkonsum verlieren, wäre seine Karriere gelaufen.

"Aber vielleicht wird er dann damit aufhören", hielt Gino weiter dagegen. Ungläubig sah ich zu meinem Freund.

"Virginia ist tot. Glaubst du wirklich er kann die doppelten Schmerzen ertragen? Die von dem Verlust und die des Entzugs? Er wird wahnsinnig werden", erneut sah ich zu Adam, dessen Augen langsam zufielen.

Die Tür klingelte und unterbrach unsere Unterhaltung. Angie, die bisher nur schweigend auf Adam gesehen hatte, sprang auf.
"Ich geh schon", murmelte sie. Ich beobachtete, wie sie aus dem Raum verschwand. Ich konnte nicht verhindern, dass ein Lächeln meine Lippen streifte. Angesichts Adams Situation hatte ich beinahe ein schlechtes Gewissen so glücklich zu sein, aber ich konnte es nicht verhindern. Immer wieder strich ich mit den Fingern über meine Lippen, versuchte das Gefühl einzufangen, das Angies Lippen auf ihnen hinterlassen hatte. Wie es sich wohl anfühlen würde, mit Angie das erste Mal die Straße vor unserem Haus entlang zu schlendern, ihre Hand zu halten und zu wissen, dass sie mein war? Ich vergrub das Gesicht in meinen Händen. Eine Beziehung hatte war bisher immer ein Gefängnis gewesen. Sie brachte weniger Freiheiten und mehr Stress. Aber würde das mit Angie anders werden?

"Alles in Ordnung, Al?", fragte Gino und warf mir einen seltsamen Blick zu. Bevor ich nach einer glaubwürdigen Ausrede suchen konnte, öffnete sich die Tür.

"Könnt ihr kommen? Die Polizei ist hier", informierte uns Angie kleinlaut. Ich sah zu ihr, aber sie mied meinen Blick. Gino erhob sich seufzend und verließ gemeinsam mit Angie das Zimmer. Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke. Was wenn Angie mich irgendwann verdächtigen würde, der Mörder zu sein? Die Polizei tat des sowieso schon. Was wenn sie Angie überzeugen würde, ihnen zu glauben?

Als ich das Wohnzimmer betrat, erwarteten uns die Polizisten bereits. Es waren die gleichen Polizisten, wie das letzte Mal. Die hochgewachsene Polizisten nickte mir knapp zu.
"Wir müssen Ihre DNA nehmen und mit den Spuren an der Kleidung des Opfers vergleichen", erklärte sie. Ich schnaubte verächtlich. Sie wussten, dass ich mit Virginia geschlafen hatte. Natürlich würden sie meine Spuren an ihrer Kleidung finden. Würde mich das endgültig als Täter überführen?

"Virginia war in einem Club mit unzähligen Personen, wie viele Mordverdächtige haben Sie dann, aufgrund ihres DNA Abgleiches?", wollte ich spöttisch wissen. Der kleinere Polizist warf seiner Kollegin einen genervten Blick zu, aber die blieb wieder einmal ruhig.

"Es ist nur eine weitere Ermittlungsmaßnahme. Vielleicht wird bis dahin die Tatwaffe gefunden, mit der ihr die Verletzungen zugezogen werden und wir können mit der DNA Beweise sicher stellen", erklärte sie, während sie die Plastiktütchen für die Speichelproben bereitlegte.

"Wo ist der Vierte in eurer Band?", fuhr sie fort. Angie, Gino und ich wechselten betretene Blicke.

"Nicht Zuhause, aber wir teilen ihm mit, dass er zu euch aufs Präsidium kommt für den DNA Abgleich", meinte Angie schließlich und die Polizistin nickte.

"In Ordnung, aber das muss innerhalb der nächsten zwei Tage geschehen", entgegnete sie.

Erneut sah ich kurz zu Angie, die der Polizistin dankbar zulächelte. Es gelang mir nicht den Blick von ihr abzuwenden. Ich hatte mich entschieden. Ich hatte mich tatsächlich dazu entschieden, Angie und mir eine Chance zu geben. Aber mit diesem Vertrauen, das ich in uns setzte, kam auch wieder die Angst. Die Angst alles zwischen uns zu ruinieren.

𝐺𝑜𝑜𝑑 𝑏𝑜𝑦'𝑠 𝑑𝑜𝑛'𝑡 𝑝𝑙𝑎𝑦 𝑅𝑜𝑐𝑘 '𝑛' 𝑅𝑜𝑙𝑙Where stories live. Discover now