Kapitel 19
"Steve, was..."
"Halt die Klappe."
Die Stimmlage, mit der Steve ihn anging, hatte etwas, das Tony eigentlich hätte warnen sollen. Jeder halbwegs vernünftige Mensch würde sich allein bei dem Funkeln der blauen Augen vor ihn regelrecht in die Hosen machen.
Bei dem Milliardär hatte sie eher eine gegenteilige Wirkung. Er spürte, wie seine Leiste verdammt eng wurde, in dem Moment, wo Steve Rogers Hände sich mit einem Knall rechts und links von seinem Gesicht gegen die Tür stemmten.
"Du hast gesagt, du zerschneidest den Draht. Du wirfst dich nicht drauf..."
Es brauchte ein paar Sekunden, bis das sonst so brillante Hirn durch den Nebel der aufkommenden Erregung und des Vergessens durchdrang. Doch als er realisierte, was Steve meinte, musste er schlucken. Zitierte der Blonde hier gerade tatsächlich die Worte ihres ersten richtigen Zusammentreffens? Das war doch jetzt wohl ein schlechter Scherz, oder?
"Ich hatte nicht vor, andere über mich drüber laufen zu lassen, wenn du das meinst", versuchte er die Situation mit einem Scherz ein wenig zu entschärfen, doch die harten blauen Augen vor ihm sagten ihm deutlich, dass dieser Scherz gerade an Vibranium abgeprallt war.
"Ich dachte... "
Da waren sie wieder, diese verdammten Halbsätze, die Tony so verrückt machten. Konnte dieser Kerl sich bitte mal klar ausdrücken? Doch statt eines weiteren Wortes krachten Steves Lippen nun auf die des Schwarzhaarigen. Hungrig und, wenn Tony es nicht besser wüsste, auch verzweifelt. Seine Zunge plünderte regelrecht seinen Mundraum und raubte ihm jeden Verstand. Als die Hände schließlich sein Gesicht umfassten und ihn an sich drückten, wurde dem Milliardär plötzlich klar, was hier passierte.
Zu oft hatte er selbst Pepper so an sich geklammert. Viel zu oft hatte er diese Methode benutzt, um sie zum Schweigen zu bringen und sie und auch sich selbst von den Sorgen abzulenken, die sich gerade in ihnen breit machten. Fast schon mit Gewalt löste er Steves Lippen von seinen und hielt ihn mit seinen Händen soweit auf Abstand, dass er ihm in die Augen sehen konnte. Der Anblick, der sich ihm bot, schnitt ihm tief ins Herz.
Gerötete Augen, die ihn so voller unterdrücktem Schmerz ansahen, dass seine Kehle sich unweigerlich verengte. Eine einzelne Träne, die sich gerade aus einem seiner Lider löste und die Wange herablief.
"Ich kann das nicht, Tony. Ich kann nicht noch einmal so... Das ist zu viel verlangt, selbst von mir. Ich... Ich will nicht noch einmal jemanden verlieren, den ich gerade erst gefunden habe. Ich weiß, ich sollte nicht so denken, sollte nicht so egoistisch sein. Aber ich... Ich bin auch... Ich…"
Den Griff um das Gesicht in seinen Händen sanfter werden lassend, streichelten Tonys Finger über die Wangenknochen des Mannes vor ihm. Mit dem Daumen strich er die Tränenspur weg und nickte schließlich mit einem liebevoll neckenden Lächeln. Ein kurzer, fast schmerzlich süßer Kuss ließ Steves Kampfhaltung regelrecht in sich zusammenfallen.
Tony öffnete die Arme, nahm den Größeren darin auf und ließ zu, dass er sein Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub. Starke Arme legten sich wie Schraubstöcke um Tonys Körper, während die kurzen, heftigen Schluchzer des Soldaten sie beide durchschüttelten. Seine Hände über den breiten Rücken fahren lassend, massierte Tony die angespannten Muskeln darunter. Strich unter den Saum des Stealth-Suits und ließ seine Finger über das warme Fleisch darunter fahren. Er konnte den Schauer spüren, der Steves ganzen Körper erfasste.
Langsam erhob sich der Soldat, suchte erneut die Augen seines Gegenübers und atmete zitternd einen langen Atemzug aus.
"Mein Dad, dann meine Mom... Peggy, Bucky... Jeder, den ich jemals... Tony, ich kann nicht auch noch dich verlieren, ich kann es einfach nicht. Verlang das..."
Ein Finger auf seinen Lippen ließ ihn verstummen.
"Du kannst ruhig aussprechen, dass du Bucky geliebt hast. Ich kann eins und eins zusammenzählen, weißt du?" Wieder das liebevoll neckende Lächeln, das Steves Herzschlag beschleunigte.
"Ich... Ich weiß nicht, was ich sagen, soll", gestehend, ließ er von Tony ab und schlurfte an ihm vorbei, um sich auf Tonys Bettkannte zu setzen. Seine Arme auf die Knie gestützt, vergrub er sein Gesicht in seinen Händen. Alles an der Körperhaltung des sonst so starken und selbstbewussten Soldaten drückte aus, wie gebrochen er eigentlich war. Ein Zustand, den Tony aus eigener Erfahrung nur zu kannte. Langsam trat er vor den Blonden, streichelte mit seinen Händen durch dessen Haare und zog so dessen Gesicht hoch, um ihn ansehen zu können.
"Du musst nichts sagen."
"Du verdienst eine Erklärung."
"Barnes und du habt zusammen gedient. Krieg ist grausam, man braucht etwas, woran man sich festhalten kann."
"Bucky und ich waren Freunde seit unserer Kindheit. Er war da, als meine Eltern starben. Er war der Grund, wieso ich unbedingt in die Armee wollte, wobei er es mir immer wieder ausgeredet hat.
Und als... als ich Erskines Experiment zugestimmt habe... Er war der Erste, der mich so behandelt hat wie früher. Wir haben uns... Wir haben uns geliebt, Tony. Er war der Mann, den ich vor und nach dem Eis geliebt habe. Also, ja, du hattest recht."
"Hab ich meistens", kommentierte der Milliardär trocken, worauf Steve nur die Augen verdrehte und den Kopf wieder heruntersinken lassen wollte, doch der Griff in seinen Haaren verhinderte es, wie er schnell feststellte.
"Ich verstehe, warum du wütend auf mich bist", setzte Tony seinen Kommentar fort, ohne den Blick von Steves Augen zu nehmen. "Du dachtest, ich würde mich selbst opfern, um euch und alle zu retten."
Die Augen des Blonden zogen sich irritiert zusammen, doch als der Griff in seinen Haaren fester wurde, wurde auch sein Verstand langsam aber sicher von etwas anderem vernebelt. Etwas, das ihn noch mehr irritierte, als Tonys Worte.
"Ich mag sowas wie ein Superheld sein, Captain Rogers. Aber ich bin nicht so selbstlos und aufopferungsbereit wie du. Ich habe keine Lust so zu enden, wie dieses lilafarbene Grillhähnchen, dem unsere Blitzbirne da oben den Kopf abgeschlagen hat. Ich gedenke nicht draufzugehen und mir die Gelegenheit zu nehmen, dich wenigstens einmal nackt in diesem Bett gehabt zu haben."
"Nur ein Mal?"
"Ich hab’s mit Bescheidenheit versucht, du weißt, wie wenig mir sowas liegt."
Das leise Lachen des Blonden wurde zu einem Keuchen, als Tonys Griff erneut fester wurde und ihn so an Ort und Stelle hielt, als er ihn wieder küsste. Dieses Mal war es Tonys Zunge, die sich besitzergreifend in Steves Mundraum bohrte und ihn plünderte. Ein dunkles, fast animalisches Grollen entwich Steves Kehle, als Tony ihm kurz Zeit zum Atmen gab.
"Rutsch nach hinten, Arme nach oben an die Bettgitter."
Das harte, fast hörbare Schlucken des Soldaten ließ Tonys Schmunzeln diebisch werden. Er sah zu, wie Steve tat, was er ihm gesagt hatte und griff in den Schrank hinter sich.
"Friday, die nächsten Stunden auf privaten Modus übergehen."
PRIVATSPHÄRENEINSTELLUNGEN GEÄNDERT, SIR.
CODEWORT AKTIV.
"Codewort?"
Die Stimme des Soldaten hatte etwas, das Tony nur schwer beschreiben konnte, jedoch das, was es in seinem Schritt auslöste, war deutlich erkennbar.
"Nenn mir eins, Captain."
Der Blick des Blonden, als Tony seine Hose öffnete und den Stoff heruntergleiten ließ, wurde fast schwarz.
"Ich denke nicht, dass ich eins brauchen werde."
"Das werden wir sehen, Steve. Das werden wir sehen..."
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Decisions
FanfictionTony ist zurück auf der Erde. Thanos hat die Hälfte allen Lebens vernichtet. Jeder im Team muss persönliche Verluste verkraften . Neue und alte Gefühle, Angst und die Frage : Wie geht es jetzt weiter?