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Vorsichtig sehe ich mich um. Ich bin im alten Quartier, welches durch Thanos letztes Jahr zerstört wurde. Alles ist genau so, wie ich mich daran erinnere.
Die großen Fenster, welche den Gang mit Licht durchfluten, weisen keinen einzigen Flecken auf. Die Wände sind weiß und kein Makel ist zu finden.
Kichern zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Mein Kopf schießt herum und ich sehe mich in den leeren Flur um. Aber hier ist niemand.
Wieder höre ich das Lachen. Hektisch drehe ich mich einmal um mich selbst. Diesmal habe ich sie deutlich erkannt.
Mein Herz schlägt schneller und ich muss meine Atmung dementsprechend anpassen. Verzweifelt und hungrig nach ihrer Nähe versuche ich dem Glucksen zu folgen.
Es leitet mich in ihr ehemaliges Zimmer.
Zitternd öffne ich die Tür und blicke hinein. Mein Herz setzt aus und meine Lippen verziehen sich, als ich sie dem Fenster zugewandt sehe.
Riley sitzt mit dem Rücken zu mir und beobachtet eine unnatürlich große Meise. Erst durch diese, wird mir klar, dass das nur ein Traum ist. Doch ich entscheide mich gegen das Aufwachen. Ich will sie sehen und bei mir haben. Wenigstens in diesem einen Traum.
Ihr Lachen verstummt und Riley dreht sich zu mir um. Schmerzhaft muss ich erkennen, dass sie ihr Augenlicht noch hat. Ich kann ihre wunderschönen, blauen Augen betrachten.
„Du siehst gut aus. Freut mich dich zu sehen", begrüßt diese Riley mich im Traum.
Ich schaffe es zu lächeln und trete ein. Ohne stoppen zu können oder zu wollen gehe ich auf sie zu.
Ich weiß, dass es nicht real ist. Aber ich möchte so tun. Immerhin für diese Nacht.
„Ich habe dich so vermisst", schaffe ich es ihr zuzuflüstern.
Riley strahlt und selbst wenn ich versuche im Traum glücklich zu sein, tut dieser Anblick verdammt weh. Ich merke, wie mir Tränen aus den Augen strömen.
Mein Herz sehnt sich nach ihr, ich wünsche sie mir verzweifelter als alles andere zurück. Dafür würde ich sogar diese siebzig Jahre Hydra nochmals durchmachen. Und noch zehn Mal mehr. Hauptsache ich kann sie endlich wieder bei mir haben.
„Ich dich auch", haucht sie leise zurück.
Vorsichtig taste ich nach ihr. Im Traum ist es doch auch möglich, dass man Gegenstände berührt. Also müsste ich sie doch umarmen können.
Doch meine Hand gleitet durch sie hindurch.
Mein Herz sackt ein und ein unerträgliches Stechen bohrt sich durch meinen Bauch. Ich sauge verletzt die Luft ein. 
Schmerzverzerrt sehe ich zu ihr auf. Sie lächelt bedrückt und sieht auf meine Hand, welche in ihrem Brustkorb steckt.
„Es tut mir leid...", wispert sie leise.
Wimmern krache ich auf meine Knie. Ich will sie berühren, oh bitte, ich will sie umarmen. Ich freue mich riesig, dass ich sie sehen darf, aber sie nicht berühren zu können, bringt den Schmerz zurück.
Ich kann nicht so tun, als wäre sie echt, wenn ich sie nicht berühren kann!
Schluchzend senke ich den Kopf. Meine Arme umgreifen meinen eigenen Oberkörper und drücken zu.
Ich spüre wie mein Herz um ein weiteres Stück zerreißt. Mein Schluchzen schmerzt und ich habe das Gefühl es zerstört mich von innen.
„Ich vermisse dich... Ich vermisse dich so sehr", weine ich leise.
Tränen tropfen zu Boden. Mein Körper zuckt und schmerzt vor Anspannung. So habe ich es mir nicht vorgestellt. Ich dachte wenigstens hier in einem Traum könnte ich mir mein Glück vortäuschen.

Eine Hand berührt meine Wange und ich sehe auf. Riley weint ebenfalls.
Verzweifelt versuche ich nach ihrer Hand zu greifen.
Sie berührt mich. Also muss ich es jetzt doch auch können, oder nicht?
Doch ich berühre nur meine eigene Wange. Genau an der Stelle, an der auch sie es tut.
Mit tränenverströmten Gesicht lächelt sie mich an. Ich merke, wie ich aufwache und versuche mich in dem Traum zu halten.
Doch die Welt gerät ins Wanken. Mein Herzschlag beschleunigt sich erneut und ich versuche nach Riley zu greifen. Doch kaum berühre ich ihr Erscheinungsbild, zerfällt es.

Beim nächsten Rütteln schlage ich die Augen auf. Irritiert und verletzt sehe ich hoch.
Olive kniet über mir und schüttelt mich an meiner Schulter. Ihr Blick ist besorgt und scannt mich ab. Sie bemerkt relativ spät, dass ich wach bin.
„Gott sei dank! Du hast stark geweint und geschrien. Ich dachte du hättest einen Alptraum!", klärt sie mich erleichtert auf.
Ich schlucke deprimiert und drehe mich von ihr weg. Sie hat mich geweckt weil ich geschrien habe. Obwohl es mir am liebsten gewesen wäre, wenn sie mich einfach hätte schlafen lassen.
Es tat weh, Riley nicht berühren zu können. Aber ich konnte sie sehen! Ich konnte mit ihr sprechen!
„Es geht mir gut. Es war kein Alptraum", flüstere ich schwach.
Ich bemerke, dass mein Kissen nass ist. Also habe ich auch wirklich stark geweint. So wie sie es gesagt hat.
„Was hast du dann geträumt? Das nicht sehr gesund gewirkt", bemerkt Olive behutsam.
Ich schlucke und senke den Blick auf mein Kissen. Vor mir sehe ich wieder Riley lächeln. Und ihr klarer Blick, mit welchem sie mich sehen konnte.
„Ich habe von ihr geträumt. Ich vermisse sie sehr und bin immer so erleichtert, wenn ich sie in meinen träumen sehe. Steve und Sam meinen, dass ich dann meistens auch wirklich anfange zu weinen", kläre ich sie auf.
Olive seufzt und legt sich auf mich. Überrascht sehe ich zu ihr und spüre, wie sie mich umarmt. Wir sind beide noch nackt, von gestern Abend. Aber das scheint gerade niemanden von uns zu kümmern.
„Tut mir leid, dass ich dich aufgeweckt habe", murmelt sie bereits reumütig.
Ich schüttle abwehren den Kopf.
„Du hast dir Sorgen gemacht und es nur gut gemeint. Das ist schon okay."
Ich schlucke, als ich merke, dass es das nicht ist. Sie hat mich von Riley weggerissen. Aber es ist ihr gegenüber auch nicht fair. Sie wusste nichts von diesen Träumen und hatte Angst um mich.
Frische Tränen rollen mir über mein Gesicht. Der Verlust schmerzt noch immer genauso wie am ersten Tag.

Das Sprichwort ist falsch.
‚Der Schmerz vergeht mit der Zeit.'
Pha!
Der Schmerz vergeht nicht. Er wird nicht einmal weniger.
Ich gewöhne mich nur an ihn und lerne neu mit diesem zu leben. Das ist es, was die Zeit für mich tut.
Sie lehrt mich, damit umzugehen und weiterzumachen.
Nur bin ich mir nicht sicher, ob ich noch weitermachen will. 

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Uhh, bereits über 100 Reads! Das ist fantastisch! ^^ (Ich weiss, dass kommt etwas spät (: )
Und dazu volle 6000 Reads beim ersten Buch! Das ist der Wahnsinn!
Danke euch allen 6000 mal ;)

Love you 3000 <3
Jas_Barnes

Alpha - New MissionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt