𝐋𝐞𝐭 𝐦𝐞 𝐛𝐞 𝐲𝐨𝐮𝐫 𝐦𝐮𝐬𝐞 | ʸᵒᵒⁿᵐⁱⁿ

20

"Habe ich etwas falsch gemacht?", flüsterte ich Yoongi meine Frage zu, als seine Eltern beide in der Küche waren. Wir saßen am gedeckten Tisch, zum Abendessen.

"Wie kommst du darauf?"

Ich zögerte kurz. "Deine Eltern waren und sind sehr nett zu mir... Aber irgendwie ist die Stimmung- Die sehen nicht erfreut aus, dass ich hier bin. Sollte ich besser nicht hier sein? Ich meine, ich kann im Auto-"

"Hör auf, bevor du noch mehr Schwachsinn redest", unterbrach Yoongi mich. "Und nein, du hast nichts falsch gemacht. Es ist meinetwegen. Verhalte dich einfach so, als würden sie sich nicht so aufführen, als würden sie- ignoriere es einfach, ja? Das tue ich auch." Ich wollte fragen, was er eigentlich meint und was er denn getan hat, dass sich seine Eltern so verhalten, doch dann kam sein Vater auch schon herein, mit Essen.

"Was flüstert ihr denn so?", fragte er und versuchte es so amüsiert und leicht wie möglich rüberzubringen.

"Nichts", winkte Yoongi das schnell ab und somit war dieses Thema auch schon beendet.

Wenige Minuten später saßen wir vier dann am Esstisch und zu meiner Erleichterung löste sich die komische Stimmung und Anspannung nach ein paar Minuten, in denen ich auch oft zu Wort kam, in Luft auf. Das beruhigte mich und ich konnte mich auf anderes Zeug konzentrieren. Zum Beispiel, wie gut das Essen ist.

"Wirklich sehr lecker!", sagte ich und erlaubte es, dass Yoongi mir noch mehr Essen auf meinen Teller legte.

"Danke, danke", bedankte sich Yoongis Vater, welcher anscheinend der Koch im Haus ist. "Also, erzähl mal Jimin, wie geht es deinen Eltern?"

"Gut, danke der Nachfrage. Sie sind..." Nervig. Anstrengend. Behandeln mich, als wäre ich ein Kind. Würden mein wahres Ich, meine... Neigung zu Männern nicht akzeptieren... oder? Das wäre jedenfalls ein Wunder. "...so wie immer", beendete ich meinen Satz.

"Das ist gut zu hören. Und du? Was machst du in deinem Leben? Hast die Schule doch dieses Jahr beendet."

"Ähm ja, das stimmt. Was ich tue... Im Moment nichts. Noch erlauben es mir meine Eltern, da ich sozusagen gerade erst die Schule beendet habe. Sie sagen, ich kann mir ein paar Wochen Auszeit von allem nehmen, bis ich dann anfange irgendwas zu arbeiten. Aber was ich tun will...", ich zuckte mit meinen Schultern. "Absolut keine Ahnung."

"Hm.." Yoongis Mutter sah mich nachdenklich an. "Was wäre mit Modeln?"

"Was?" Kam es geschockt aus mir geschossen.

Model? Wie kommt sie denn darauf? Ich bin doch nicht... Nicht einmal Yoongi will mich malen. Würde sie Jungkook sehen, würde sie ihm das vorschlagen, nicht mir. Hat sie noch nie einen anderen Menschen gesehen?

"Du siehst doch gut und fit aus. Hast du wirklich nie darüber nachgedacht?"

Ich schluckte und schüttelte meinen Kopf. Ein Kloß fing an, sich in meinem Hals zu bilden. Meint sie das ernst? Ich bin... hübsch? Aber das sagt sie bestimmt zu jedem... Sie ist nur höflich.

"Das wäre doch wirklich etwas für dich, Jimin", sagte Yoongi jetzt auch und sah mich mit einem sanften Blick an.

Wie kann er, ausgerechnet er so etwas behaupten? Er, der mich nicht mal richtig ansehen will! Wenn ich wirklich attraktiv wäre, hätte er mich doch schon längst gemalt! Wollen sie mich gerade einfach ärgern? Warum sagen sie so etwas?!

"Ich glaube nicht, nein. Entschuldigt mich." Ich stand auf, merkte, dass Yoongis Eltern wieder etwas angespannter wirkten, jedoch sahen sie mich auch besorgt an. Yoongi sah ich nicht an, würde es nicht aushalten. Lügner.
Mit schnellem Schritt ging ich ins Bad und blieb dort, hinter der abgesperrten Tür, erstmal stehen, bevor ich mir kaltes Wasser ins Gesicht spritze, um die Tränen nicht zuzulassen.

Warum lügen sie mich alle an? Wollen sie sich über mich lustig machen? Gefällt ihnen es, mich zu veraschen? Lachen sie über mich, wenn ich anfange, ihre Lügen zu glauben? Nein, das lasse ich nicht zu.

Ich richtete mich auf und sah mich im Spiegel an. Verheult, dicke Wangen, matte Haare und definitiv nicht attraktiv. Nicht hübsch. Hässlich. Durch und durch hässlich. Keine Menschenseele will mich anschauen.

"Model", wiederholte ich und schnaubte auf.