Kapitel 31

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Den ganzen gestrigen Tag habe ich nichts mehr von Aella gehört

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Den ganzen gestrigen Tag habe ich nichts mehr von Aella gehört. Sie ist einfach verschwunden mit der Begründung, dass ihre Eltern sie sehen wollten. Aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass das nicht ganz stimmte.

Doch ich wollte sie nicht als Lügnerin darstellen und genauso wenig bedrängen. Vielleicht schwieg ich deswegen öfter, als mir lieb war. Ich grübelte ununterbrochen und wusste nicht, worüber ich mit ihr sprechen sollte, weil mir nicht klar war, ob ich ihr möglicherweise meine Gefühle aufdrängte. Alles in meinem Kopf kreiste nur um eine Frage: Sollte ich es ihr sagen?

Als ich aufwachte und Aella in meinen Armen sah, war sie genauso überrascht wie ich. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass sie sich zu mir geschoben hatte. Plötzlich war sie da und lag bei mir, als ob es so sein sollte. Ich konnte nicht anders, als daran zu denken, wie ihr Arm um meine Mitte lag. Ihre Finger berührten meine Haut. Meinen Herzschlag. War ich ein lebendiges Kuscheltier?

Ich musste laut aufseufzen und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Selbst wenn ich darüber nachdachte, wusste ich nicht genau, wie ich damit umgehen sollte. Ich hätte mit ihr sprechen sollen. Und trotzdem konnte ich es nicht. Die Worte blieben mir im Hals stecken. Warum habe ich sie einfach gehen lassen?

»Hayden, kommt Aella wegen uns nicht mehr?«, fragte Kate am Mittagstisch. Wir waren zu dritt: sie, Henry und ich. Meine Eltern liefen diskutierend in ihrem Arbeitszimmer herum. Mittlerweile war es mir egal, ob sie nur über geschäftliches sprachen oder sich an die Gurgel gingen. Möglicherweise doch, solange mein Vater gewann.

»Warum denkst du das?«, entgegnete ich. Sie stocherte weiter in ihrem gemischten Gemüse herum. »Sie hat sich nicht verabschiedet. Liegt das daran, dass sie wegen uns Ärger bekommen hat?«, wollte Kate wissen und schmollte mit trüben Augen. Ich schüttelte heftig den Kopf und legte mein Besteck zur Seite. »Nein, sie ist nicht sauer. Sie musste nur gehen, weil sie dringend etwas für ihre Eltern erledigen musste«, antwortete ich und strich ihr tröstend über das Haar.

Henry schnaubte abfällig und überkreuzte protestierend die Arme. »Wenn wir nichts getan haben, dann hast du etwas getan.« Wieso schimpft er mich an?

»Ich habe nichts getan«, erwiderte ich. Denke ich. Hoffe ich.

Kate zog ihre Lippe vor und stützte sich mit den Armen auf dem Tisch ab. Solange unsere Mutter nicht da war, gab es niemanden, der davon gestört wurde.

»Vielleicht hättest du etwas tun sollen. Vielleicht ist sie deswegen gegangen«, murmelte meine kleine Schwester, während sie ihre kleinen Fäusten in ihre Wange drückte. Was habe ich nicht getan? Da gab es so einiges, wie die Worte, die ich ihr nicht gesagt habe. So vieles.

Ich atmete frustriert aus und rieb mir die Schläfe. »Siehst du... da ist doch etwas. Du hast Kopfschmerzen«, motzte mein kleiner Bruder mich an und sprang von seinem Stuhl herunter. Kurz darauf rannte er weg. Sein halbes Essen lag noch auf dem Teller. Kate sprintete ihm gleich hinterher. Dann war ich auch schon allein. Allein mit diesem frustrierenden und verlorenen Gefühl.

More Than Me - Cardell Academy IIWhere stories live. Discover now