Kapitel 35

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Kurz nach Ale, ging Brea auf das Mädchenklo

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Kurz nach Ale, ging Brea auf das Mädchenklo. Ich wollte mich gerade an Treyton wenden, weil Hayden spurlos verschwunden war. Doch noch bevor ich den Mund richtig aufmachen konnte, zerriß ein ohrenbetäubender Schrei die Luft.

Ich zuckte zusammen wegen des schmerzlichen Klagelauts und reckte meinen Kopf in die Richtung, aus der er kommen konnte. Der Laut war unbeschreiblich gequält. Die Stimme war mir bekannt.

»BLAZE!!!«, brüllte Brea schrill nach mir. Normalerweise rief sie nie nach mir, was mir Bedenken machte. Sie schien meine Hilfe zu wollen... was nur geschah, wenn etwas schief lief.

Instinktiv bekam ich ein ungutes Gefühl im Magen. Was ist hier los?

Dem Aufschrei folgend, zögerte ich nicht und sprintete ins Mädchenklo. Hinter mir spürte ich Treyton, der mit Sicherheit genauso verwirrt wie ich war. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass sein Teint heller wurde. Es schien, als ob auch ihn eine unangenehme Stimmung plagte, genauso wie mich.

Ohne Rücksicht auf etwaige Schäden oder die Privatsphäre der Mädchen, die sich möglicherweise erleichterten, stieß ich die Tür der Mädchentoilette gegen die Wand. Ein lautes Geräusch erklang und ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass ich etwas am Schuleigentum beschädigt hatte. Mir war das allerdings völlig egal, besonders weil es nicht das erste Mal war. Ein weiteres kaputtes Teil machte also nichts aus. Gegenstände sind ersetzbar... Menschen nicht.

Meine Hand lag immer noch flach an der Tür, als ich erkannte, was los war. Meine Augen weiteten sich vor Entsetzen, als ich Ale auf dem Boden liegen sah. Brea krümmte sich panisch neben ihr und versuchte, sie anzusprechen. Es schien jedoch, als würden ihre Worte nicht durchdringen.

Ich stürzte vor und fiel neben ihnen auf die Knie. Aellas Augen waren weit aufgerissen und von roten Rändern geziert. Ihr Gesicht war blass und ihre Lippen färbten sich bläulich. Von ihr konnte man ein kratziges und schweres Atmen vernehmen... oder eher versuchte sie es.

Mein Kopf fühlte sich wie zermahlen an. Logisches Denken und Schlussfolgerungen zu ziehen waren nicht gerade meine Stärke. Ich reagierte aus Instinkt. Aus dem Bauch heraus. Doch dieser schien gerade außer Betrieb zu sein.

»Was ist hier los?«, keuchte ich lautlos und schaute Brea verzweifelt an. In ihrem Gesicht stand Furcht. »Ich...ich weiß es nicht. Ich glaube sie hyperventiliert. Ich habe keine Ahnung...ich weiß nicht, wie lange... ich...ich«, stammelte sie angsterfüllt. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und das Glitzern in ihrem Gesicht wurde durch ihre Rotze überschattet.

»Ihre Lippen färben sich. Sie muss sofort zu einen Arzt«, stieß Treyton laut aus und stürzte auf uns zu. Er war unter uns der Freund, der in solchen Situationen die Oberhand gewann. Er war der Schützer der Truppe, durch und durch.

Auch wenn sich mein Gehirn leer anfühlte, begriff ich, was zu tun war: zum Arzt laufen. Ich hob Aella in meine Arme. Sie konnte kaum ihren Kopf halten, also versuchte ich ihn etwas zu stützen. Sie ist so leicht.

Treyton hielt mir die Tür auf, und dann stürmte ich aus dem Klo. Ohne die ganzen Schülerinnen in der Cardell anzusehen, sprintete ich an allem vorbei. Meine Seitensicht verschwamm, und nur das Ziel vor mir blieb klar. Der Weg zum Schularzt.

Laufen. Atmen. Laufen. »Steh mir nicht im Weg!« Zur Seite stoßen. Laufen. Atme ich überhaupt selbst? Laufen.

»Es wird alles gut, Ale«, versicherte ich ihr ächzend, während ich weiter vorstürzte. In meinem Kopf drehte sich alles. Aellas Augen flatterten und ich rannte schneller, während ich sie fest an meine Brust drückte. Mein Adrenalin kurbelte meinen Blutkreislauf stark an. In dem Moment kam ich mir wie ein Avenger vor ...welcher aber nicht heilen kann.

Kurz bevor ich das Krankenzimmer erreichte, versuchte ich langsamer zu werden und stolperte beinahe über meine eigenen Füße. Deshalb umklammerte ich Aella noch fester mit meinen Armen. Ich fühlte mich wie ein Kokon oder so ein Scheiß, der sie beschützte.

Hinter mir konnte ich Schritte hören. Ich nahm an, dass Treyton und Brea bei mir waren. Damit behielt ich auch Recht, denn so unglaublich wie es auch war, schaffte es der kleine Gremlin mit ihren kurzen Beinen, mich einzuholen und die Tür zum Schularzt aufzuschleudern. Sie ist Unmenschlich.

Die einzige Person, die ich nicht sehen konnte, war Hayden. Er schien wie vom Erdboden verschluckt. Wo bist du nur, Kumpel? Siehst du nicht, was hier vor sich geht?

Ich stieß in den Raum hinein und in meiner Eile krachte ich mit der Schulter gegen die Tür. Meine Lunge brannte höllisch vor Anstrengung durch den Sprint, aber im Vergleich zu Aella konnte ich noch atmen... sie erstickte. Woran?

Mit zuckendem Körper kam der Schularzt auf uns zu. Sein ruhiger, steriler Raum wurde innerhalb von Sekunden überfüllt. Seine müden Augen wanderten zu Aella, die in meinen Armen lag. Mein Herz raste vor Adrenalin und meine Beine fühlten sich an, als würde ich immer noch rennen. Doch ich stand da, mit wackligen Beinen.

»Ich... brauche... Hilfe... Sie... braucht Hilfe... bitte«, keuchte ich schwer. Ich spürte immer noch die aufsteigende Panik. Es fühlte sich an, als würde Schweiß meinen Nacken hinunterlaufen. Zusammen mit Gänsehaut fühlte ich mich unwohl in meinem eigenen Körper.

Ich brauchte zum Glück nichts weiteres zu sagen, damit der graue Mann vor mir verstand. Er reagierte schon, ohne sonderlich auf mich zu achten.

»Lege sie auf die Liege«, wies er mich an, und ich tat, wie gefordert. Treyton und Brea kamen mit Verzögerung hinter mir an. »Was ist los?«, ächzte Brea und drängte sich nach Atem ringend vor. Ihre kurzen Beine hielten sie kaum hoch. Sie taumelte entkräftet in unsere Richtung.

Ich hielt sie auf und machte dem Schularzt und seinen Helfern mehr Platz, damit er Aella helfen konnte. Das war das Einzige, was mir in der Macht lag – Raum für die richtige Hilfe schaffen.

»Lass den Arzt machen«, schloss Treyton hinzu und hustete schwer. Schon immer war er der schlechteste Läufer unter uns gewesen. Er half mir dabei, Brea zurückzuhalten, da sie sich wehrte und versuchte, an uns vorbeizukommen, um zu unserer Freundin zu gelangen. Besonders schlug sie mich unter Tränen.

Ich blieb regungslos stehen, denn es war nicht der richtige Zeitpunkt, um zu streiten. Ich bezweifelte auch, dass es die Absicht des Giftzwergs war, sich mit mir zu prügeln. Sie war frustriert und ließ ihren Schmerz einfach raus.

Der Schularzt erledigte seine Arbeit. Ich konnte mich nur vage darauf konzentrieren, was er machte. Alles wurde verschwommen und es zählte nur, dass sich Aellas Gesundheitsstatus verbesserte.

»Schh Brea. Schau, Aella bekommt wieder Farbe. Es wird alles wieder gut«, versicherte Treyton ihr.

›Wieder‹. Es kam mir so vor, als ob genau dieses Wort das Problem wäre. Nein. ›Wieder‹... ›Wieder‹.

Warum hatte ich das Gefühl, dass noch etwas viel Schlimmeres passieren würde?

Wieder.


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More Than Me - Cardell Academy IIWhere stories live. Discover now