Kapitel 1

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„Spring schon an, du blödes Ding." Fluchend saß ich in meinem Auto. Um mich herum die weiße Kälte eines Dezemberabends. Es schneite und das nicht gerade wenig. Die Nachrichten im Radio hatten zwar angekündigt, dass es einen Schneesturm gab, aber hätte das nicht eine Viertelstunde später passieren können? Dann wäre ich wenigstens pünktlich zu meiner Weihnachtsfeier angekommen. Mein Chef würde mich köpfen, wenn ich zu spät ankäme. Er hat einen angeblich wichtigen und neuen Kunden eingeladen. Keiner von uns, bis auf meinen Chef natürlich, wusste welchen Gast er eingeladen hatte. Es solle zum Schutz für den Kunden dienen, hieße es. Ich bin natürlich total gespannt, wer dort aufkreuzen wird. Hoffentlich mal jemand, der wenigstens etwas Ahnung von Kunst hat. Nicht so wie die anderen Möchtegern Millionäre, die mit unserer Werbeagentur kooperiert hatten. Diese Aufträge hatten mir nie so wirklich Spaß gemacht.
Verzweifelt versuchte ich die Zündung meines Autos zu drehen, aber vergebens. Wieder fluchte ich ein paar Worte, bis ich es erneut versuchte. Nichts. Ich stieg also aus meinem kalten Auto hinaus in die noch größere Kälte. Die Straßen waren weiß vom vielen Schnee. Dieser peitschte mir ins Gesicht, sodass ich mich mit meiner Hand schützend zu meiner Motorhaube begehen musste. Ich muss zugeben, passende Kleidung für so ein Unwetter hatte ich nicht an. Mein roter Mantel reichte mir bis zu den Knien. Ansonsten waren der Rest meiner Beine nur mit einer Feinstrumpfhose bedeckt. Die Kälte schmerzte schon beinahe auf meinen fast nackten Waden.
Vor meinem Auto öffnete ich die Motorhaube, um einen Blick hineinzuwerfen. Da ich erst im Nachhinein bemerkte, dass es eigentlich sowieso nichts bringt, da meine Kenntnis, was Autos angeht eigentlich gleich null sind, tat ich wenigstens so, als wüsste ich, was ich tat.
„Ach, das bringt doch sowieso nichts", stöhnte ich in der Kälte und knallte mit einer Wucht die Motorhaube wieder zu. Ich stieg wieder in mein Auto und holte aus meiner kleinen Handtasche, die auf meinem Beifahrersitz lag, mein Handy raus, um einen Pannendienst zu rufen. Ein Blick auf mein Display verriet mir, dass ich kein Empfang hatte. Ich stieg aus und strecke mein Handy in die Luft und suchte nach Netz, aber das war wohl leider auch nichts. Die Kälte wehte mir immer stärker ins Gesicht und meine Beine fühlten sich langsam an wie Eiszapfen.

Als ich mich wieder ins Auto begehen wollte, sah ich von der Ferne zwei Lichter auf mich zukommen. Ein großer, schwarzer Bentley näherte sich mir und ich versuchte nicht allzu panisch zu winken. Das Auto wurde langsamer, bis er auf gleicher Höhe meines Wagens Halt machte. Mit der Hand schützend vor meinem Gesicht lief ich langsam auf die Beifahrertüre zu. Das Fenster öffnete sich geräuschlos.
„Entschuldigen Sie, aber hätten Sie eventuell ein Telefon für mich? Mein Auto springt nicht mehr an und ich würde gerne einen Pannendienst rufen.", erklärte ich freundlich einem Mann, der mit einem Anzug und Mantel am Steuer saß.
„Alles in Ordnung?", hörte ich eine Stimme, die vom Rücksitz des Bentleys kam.
„Ja, Sir. Eine junge Dame hat eine Autopanne und benötigt Hilfe. Ich werde mir mal ihr Auto anschauen.", beantwortet der Fahrer freundlich und stieg aus.
„Vielen Dank, das ist wirklich sehr nett von Ihnen", sagte ich erleichtert und stellte mich wieder gerade, als der Fahrer auf mich zulief.
„Also dann wollen wir uns das mal anschauen.", sagte er und machte eine Geste mit der Hand, um mir den Weg zu deuten. Lächelnd öffnete ich die Türe meines Autos und hielt ihm die Türe auf, sodass er sich setzen konnte. Er drehte den Schlüssel, um die Zündung zu starten. Keine Reaktion meines Autos.
„Ich bin gefahren und plötzlich ist er stehen geblieben.", erklärte ich dem netten Herrn, der mittlerweile wieder ausgestiegen war.
„Das muss womöglich an der Batterie liegen. Das ist bei so einem Wetter nicht unüblich. Ich werde versuchen einen Pannendienst für Sie zu rufen, einen Augenblick." Der Fahrer des Bentleys holte sein Handy aus dem schwarzen Wagen und versuchte womöglich ebenfalls nach Empfang zu suchen.
„Anscheinend hat der Schneesturm auch das Netzwerk lahmgelegt.", stellte der Mann fest und sah mich bedrückt an. Mittlerweile froren nicht nur meine Beine, sondern mein gesamter Körper. Der Wind hat etwas nachgelassen, sodass der Schnee nicht mehr peitschte und es sich anfühlte, als würden Steine auf mich herabfallen. Doch die Menge an Schnee, der vom Himmel fiel, war nicht weniger geworden.

Plötzlich öffnete sich die Türe, hinter die des Fahrers, und ich konnte meinen Augen nicht trauen, wer dort aus dem Auto stieg.
Der Fahrer, offenbar der Schofför des mir dich allzu unbekannten Mannes, sah womöglich genauso schockiert aus, wie ich es in diesem Moment gerade tat.
„Steigen Sie doch in den Wagen. Sie müssten längst erfroren sein", sagte der wirklich gutaussehende Mann.
„Sir, meinen Sie, dass ist eine gute Idee?", fragte der Schofför ihn unsicher.
„George, sehen Sie sich die Dame doch an. Kommen Sie, steigen Sie ein. Hier drin ist es wärmer als draußen.", entgegnete der hübsche Mann mit den schokobraunen Haaren.
„Nun wie Sie meinen.", entgegnete er und hielt mir freundlich die Türe auf. Ich war für einen kurzen Moment unsicher, ob ich das wirklich tun sollte. Für einen Augenblick habe ich alles um mich herum vergessen. Die Arbeit, mein Auto, mein Körper, der vor Kälte schon schmerzte. Doch die nette Geste und das charmante Lächeln, ließen mich dahinschmelzen und so stieg ich in den Wagen von Johnny Depp.

Mistletoe ~ eine weihnachtliche Fan-Fiktion-Kurzgeschichte Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt