Babybomben

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Caesar Flickerman hüpft in einem dunkelvioletten Anzug mit passender Perücke auf die Bühne. Ich habe auf der Prachtstraße vor dem Podest mit den vierundzwanzig Stuhlen für die Tribute noch nie so viele Menschen gesehen. Diese Hungerspiele übertrifft sich in Superlativen von jeden Vorangegangenen.
Ich sitze mit den Mentoren, Spielemachern und Stylisten auf einer Tribüne schräg links vor der Bühne. Nervös knete ich das kleine Blatt Papier in den Händen, dass Plutarch mir gegeben hat. Ich habe es erst letzte Nacht unter der Bettdecke aufgefaltet, aus Angst, jemand könnte mich beobachten. Doch ich bin enttäuscht gewesen, als ich nur die Prägung eines Spotttölpels vorgefunden habe. Ich hatte wenigstens einen Geheimcode oder etwas in die Richtung erwartet. Aber das Bildnis eines Spotttölpels? Was soll das? Will Plutarch mir unbedingt unter die Nase reiben, dass er ein Fan von Katniss ist, wie tausende anderer Kapitolbewohner?
Caesar eröffnet die Show und beginnt mit den Interviews. Die Tribute müssen sich nicht anstrengen um sich bei den Zuschauern beliebt zu machen. Jeder ist bekannt und word verehrt. Mir fällt auf, wie jeder von ihnen auf mehr oder weniger subtile Weise versucht, die Spielemacher und das Kapitol für ihren Tod zu verurteilen.
Manche verhalten sich wie die tödlichen Bestien, die sie sind, andere wirken ängstlich oder hysterisch. Mags sitzt ihre vollen drei Minuten lang einfach auf ihrem Stuhl, wackelt mit den Beinen und pfeift vor sich hin.
Als Finnick auf dem Sessel neben Caesar Platz nimmt, verkrampft sich mein Herz krampfhaft in meiner Brust. Er spielt seine verführerisch Rolle wie immer. Am Ende seiner drei Minuten steht er auf, blickt direkt in die Kamera und macht ein Liebesgeständnis für eine unbekannte Frau. Er verspricht ihr, dass ihre Lippen das Letzte sein werden, woran er denken wird. Ein dutzend Frauen fallen im Publikum in Ohnmacht, weil sie denken, dass sie angesprochen werden. Manche Sieger und Mentoren bei mir auf den Rängen schnauben oder schütteln genervt die Köpfe, aber ich weiß, dass er die Worte ernst meint, die er sagt. Sie richten sich nur nicht an eine Frau im Kapitol, sondern an Annie. Unsere Blicke finden sich und für einen Moment verrutscht seine Maske und ich sehe seine Verzweiflung. Ich hoffe, dass es niemanden sonst auffällt.
Die Interviews gehen weiter. Die äußeren Distrikte sind immer etwas uninteressanter, aber auf Katniss und Peeta bin ich sehr gespannt. Katniss kommt in einem atemberaubenden Brautkleid auf die Bühne, dass im Publikum Tumult auslöst. Sie wechselt steif ein paar Worte mit Caesar, dann steht sie auf um das Kleid zu präsentieren. Sie dreht sich und plötzlich steht ihr Kleid in Flammen. Dunkler Rauch umhüllt das Mädchen, die sich immer weiter dreht. Die Flammen wandern an ihrem Körper hinauf und hinterlassen schwarzen Stoff. Nach kurzer Zeit erlöschen die Flammen und Katniss trägt ein neues, dunkles Kleid mit langen Ärmeln. Sie scheint selbst überrascht von ihrer Verwandlung zu sein, denn sie sieht an sich herab und begutachtet das Kleid. Als sie die Arme ausbreitet und ihre Ärmel in einem sanften Bogen an ihren Seiten hängen, erkenne ich das Gefieder der Spotttölpel.
"Wow, dein Stylist hat ja ganze Arbeit geleistet!", ruft Caesar. Scheinwerfer drehen sich zu uns auf die Tribüne und die Kameras finden Cinna in der Menge. Er lächelt und winkt.
Du bist tot, denke ich. Ich kann es nicht verhindern, das Bewunderung für diesen Mann in mir aufsteigt.
So viel Mut. So viel Kraft. So viel Stärke.
Katniss' drei Minuten sind vorbei und Peeta kommt als letzter auf die Bühne.
Er hat wieder die selbe lockere Dynamik, wie letztes Jahr und hat die Menge sofort in seinem Bann. Es dauert nicht lang, bis Caesar Peeta auf die abgesagte Hochzeit anspricht. Peeta beginnt von einer geheimen Hochzeit zu erzählen, was ich ihm nicht wirklich glaube. Okay, er ist wirklich verliebt, aber das kaufe ich ihm nicht ab. Ich bin so in meinen Grübeleien versunken, dass ich seinen nächsten Satz fast überhöre.
"...wäre da nicht das Baby...", höre ich ihn sagen.
Das Publikum flippt aus. Ob es nun wahr ist oder nicht: Katniss Everdeen ist schwanger! Mehr müssen die Leute nicht wissen. Sie fordern lauthals das Ende der Spiele, eine Verschiebung oder wenigstens einen Ersatz für Katniss. Einen besseren Schachzug gibt es gar nicht. Ich beobachte Katniss. Sie sitzt auf ihrem Stuhl, blickt auf den Boden und streichelt sich mit einer Hand über den Bauch. Ich kann ihren Gesichtsausdruck nich deuten. Ist sie überrascht? Überrascht darüber, dass sie schwanger ist oder überrascht darüber, dass Peeta es verraten hat. Dies ist einer dieser Momente bei denen ich mir wünsche, Gedanken lesen zu können.
Caesar versucht die Menge zu beruhigen, doch er schafft es nicht. Peetas Signal ertönt, er geht zurück zu seinem Platz neben Katniss. Sie ist für die Hymne aufgestanden, die zur vollen Lautstärke aufgedreht wird um den Lärm zu übertönt und gibt seiner Verlobten einen Kuss.
Und dann passiert es: erst einzeln, dann geschlossen fassen sich die Sieger an den Händen und heben die Arme nach oben, damit es jeder sehen kann.
Das Licht geht krachend aus und die Hymne bricht ab, doch eine Sekunde zu spät. Ganz Panem hat es gesehen.

Friedenswächter strömten von allen Seiten auf den Platz. Teilweise treiben sie die Tribute von der Bühne, andererseits weisen sie die Zuschauer an nach Hause zu gehen. Auch auf unsere Tribüne kommen sie und scheuchen uns zurück ins Trainingscenter. Zu meiner Überraschung lassen sie Cinna vor mir passieren.

Games of the Sea (Tribute von Panem ff)Where stories live. Discover now