Die Zwangsrekrutierung

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Ich versuchte gar nicht erst mich aus dem festen Griff des Soldaten zu befreien, denn was wäre meine alternative gewesen, wenn ich mich tatsächlich hätte befreien können? Die Welt außerhalb der Mauer war lebensfeindlich und gefährlich. Ich hätte wahrscheinlich keine Nacht hier überlebt ohne von einem Zombie gefressen zu werden. Also ließ ich mich ergeben und mich meinem Schicksal stellend zurück zum Osttor eskortieren.

Die Tore öffneten sich gerade so weit, das wir hindurchpassten. Ein Eiskalter Schauer durchfuhr meinen Körper und ich malte mir alle möglichen Szenarien aus, was jetzt für eine Strafe auf mich zukommen könnte. Im inneren der Mauer standen vor allem Soldaten des Außenteams, die dem Kommandanten direkt unterstellt waren, dazwischenstanden aber auch einige Soldaten der Stadtwache, die mit dieser Mission nicht einverstanden gewesen zu sein schienen. Augenblicklich kam der Kommandant der Stadtwache Noah Williams auf uns zu.
„Eine Zivilistin außerhalb der Mauer?" fragte er.
„Ja, du solltest die Sicherheit der Mauer nochmal kontrollieren" stellte der Kommandant die Kompetenz seines Kollegen in Frage. Dieser verzog beleidigt sein Gesicht.
„Ich werde das mit Isabella besprechen" Isabella Jones, die Kommandantin der Mauerwache und damit die einzige Frau in einer Führungsposition. Es wäre beeindruckender gewesen, wenn sie nicht so stolz auf ihren Erfolg wäre. Ich hingegen stand einfach nur da und wartete darauf das mein Schicksal besiegelt wurde. Im Augenwinkel sah ich wie Jamie in unsere Richtung kam, er sah extrem besorgt aus, doch ich traute mich nicht ihn direkt anzusehen. Der Blick von Noah Williams glitt nun wieder zu mir. Er sah wütend aus und mein Herz schlug immer schneller in meiner Brust.
„Ich werde sie für dich festnehmen" auch der Kommandant drehte sich zu mir um, er musterte mich und grinste dann schief.
„Nein, das wird nicht nötig sein" sagte er dann und er nickte seinem Soldaten zu der mich dann einfach losließ. Verwirrt rieb ich mir den Arm und sah dem Außenteam hinterher, die sich auf den Weg zu ihrem Stützpunkt machten. Auch die Stadtwache stand noch einige Sekunden verwirrt da, bevor sie ebenfalls gingen. Nur mein Vater der im Hintergrund stand, blieb und kam dann mit einem Enttäuschtem Blick auf mich zu.
„Was hast du dir nur dabei gedacht!?" fuhr er mich gleich an. Ich wich seinem Blick aus und weigerte mich etwas dazu zu sagen.
„Was soll nur aus dir werden?" fügte er noch enttäuschter hinzu, dann folgte er seinen Kollegen. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, doch bevor ich den Tränen in meinen Augen nachgeben konnte, kam Jamie zu mir und nahm mich in den Arm.
„Hör nicht auf ihn" flüsterte er und ich löste mich wieder von ihm.
„Das bin ich schon gewohnt... mich stört das nicht mehr" an Jamies Blick sah ich, dass er mir das nicht glaubte. Er sprach aber nicht weiter darüber und blickte dem Schwarm Soldaten hinterher.
„Da hast du nochmal großes Glück gehabt"
„Da wäre ich mir nicht so sicher" sagte ich Armreibend.
„Hör mal Jamie, ich will nicht das du Schwierigkeiten bekommst. Wenn die Kommandanten fragen ob ihr mir geholfen habt, wisst ihr davon nichts klar!?" fuhr ich ihn ernst an.
„Aber..."
„Nichts aber! Ich habe gewartet bis ihr Pause hattet und bin dann über das Gerüst geklettert. Verstanden!?" drängte ich weiter. Er schluckte und nickte dann. Erleichtert atmete ich aus und ging wieder nach Hause.

Kurz bevor ich den Garten unseres Hauses betreten konnte, kam meine Mutter gerade mit einem großen leeren Kochtopf vom Marktplatz zurück. Hausfrauen im inneren der Mauer waren dafür verantwortlich die Tagesrationen für alle herzustellen und auf dem Marktplatz zu verteilen.
"Kate! Gut das du da bist, du kannst mir gleich mit dem Abwasch helfen" forderte sie mich gleich auf und drückte mir den Topf in die Hand.
„Ok" kam es nur als leiser Ton aus meinem Hals.
„Was ist los mit dir? Hast du einen Geist gesehen?" scherzte sie. Ich zwang mir ein Lächeln auf, da ich die Zeit noch genießen wollte bevor mein Vater nach Hause kam und ihr erzählte was ich für einen Mist gebaut hatte. Nach dem Abwasch verkroch ich mich in meinem Zimmer um dort auf die Konsequenzen meines Handelns zu warten.

Zwei Tage vergingen. Meine Eltern waren immer noch sauer auf mich und die Kommandanten hatten den Handwerken ziemlich auf den Zahn gefühlt. Doch sie konnten dem Druck standhalten und erlitten keinen Schaden durch mich. Man merkte Jamie aber den Stress durch die Verhöre noch immer an. Zusammen mit Jamie und Liv spazierten wir durch die Straßen des Dorfes und auch Liv war von meiner Aktion nicht begeistert, sie ließ es sich aber kaum anmerken.
„Kamen die Kommandanten nochmal auf dich zu?" fragte Jamie nach längerem Schweigen.
„Nein... es ist eigenartig. Ich habe gegen das Gesetz verstoßen und sie lassen mich einfach laufen? Was soll das?"
„Sei doch froh Kate! Ich bin jedenfalls froh das ich dich nicht ihm Stadtgefängnis besuchen muss!" protestierte Liv und es wirkte als hätte sich das die letzten zwei Tage in ihr schon aufgestaut. Bevor ich jedoch darüber nachdenken konnte, wie ich auf dieses Gefühlsausbruch reagieren sollte, sah ich eine verdächtig dichte Menschenmenge vor dem Schwarzen Brett auf dem Marktplatz stehen.
„Was ist denn da los?" die beiden folgten meinem Blick.
„Das letzte Mal war da war da so viel los, als unsere Tagesrationen reduziert wurden" stellte Liv besorgt fest.
„Ich hoffe das ist nicht schon wieder der Fall. Wenn wir noch weniger zu essen bekommen, kann der Bürgermeister auch keine großen Leistungen mehr von uns erwarten" motzte Jamie bevor wir zusammen zur Menschenmenge liefen. Je näher wir kamen umso merkwürdiger wurde die Situation. Die Menschen schimpften, schrien und weinten sogar. Einige brachen sogar auf dem Boden zusammen.
„Was ist hier los?" fragte ich mich leise.
„Das ist nicht gut" kam es nur von Liv die sofort mit Jamie anfing denen zu helfen die auf dem Boden lagen. Ich hingegen drängte mich durch die Menschenmenge bis zum Schwarzen Brett hindurch. Daran war nur ein Einziger Handgeschriebener Zettel:

The Survivors - Kampf gegen den Tod [Neuauflage] Where stories live. Discover now