Von der Vergangenheit Verfolgt

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Der Kommandant sah mich perplex an, während ich gerade mal realisierte, dass ich in meiner Wut vom Stuhl aufgesprungen war.
„Setzen sie sich wieder Mrs. Wulf" frustriert ließ ich mich zurück auf den Stuhl fallen und wich seinem Blick auf.
„Was ist denn mit Liv Price? Mit ihr werdet ihr häufiger gesichtet"
„Stalken sie mich etwa!?" fuhr ich ihn an.
„Nein, ich behalte meine zukünftigen Rekruten nur gerne im Auge. Also?" drängte er dann.
„Liv war die Einzige die sich in diesem Dorf je mit mir abgegeben hat... mehr zu ihrem Nachteil, weil man ihr dann auch mehr aus dem Weg gegangen ist. Aber da sie von einer Einheimischen Familie abstammt, ist sie noch gut davongekommen" erklärte ich etwas widerwillig.
„Die Price Familie ist einer der größten Familien hier im Dorf. Mittlerweile Leiten sie die komplette Landwirtschaft hier" stellte der Kommandant wissend fest.
„Ja ich weiß. Kein Salatkopf wird in einem Privaten Garten angepflanzt ohne dass sie was davon mitbekommen" fügte ich noch hinzu.
„Und was ist mit Jamie und Andrea?"
„Jamie habe ich erst Jahre nach Ausbruch der Apokalypse kennengelernt und Andrea... sie ist mehr eine sehr Anhängliche Bekanntschaft. Ich würde es keine enge Freundschaft nennen" der Kommandant zog eine Augenbraue hoch.
„In Zeiten wie diesen sollte man mit Freunden oder Verbündeten nicht wählerisch sein"
„Die Nerven nicht zu verlieren sollte aber auch auf der Agenda stehen! Was kümmert es sie überhaupt ob ich Freunde habe oder nicht?" fauchte ich ihn jetzt an und bereute das gleich wieder, schließlich war er jetzt mein Vorgesetzter.
„Ganz einfach, je mehr ich über meine Soldaten weiß, umso besser kann ich beurteilen wie sie in unterschiedlichen Situationen reagieren" das machte sogar Sinn.
„Das heißt jeder der Rekruten bekommt so ein Gespräch?" hakte ich nach.
„Nein. Ich investiere nur in die Rekruten meine Zeit, bei denen ich sicher bin, dass sie mehr als eine Expedition überleben" ich lachte auf.
„Und dann holen sie mich? Sie haben doch gesehen wie schlecht ich Kämpfe" der Kommandant musterte mich eindringlich.
„Eine Frage. Warum haben sie sich entschieden mit Pfeil und Bogen zu trainieren? Warum haben sie nicht Nahkampf geübt wie die meisten anderen?" sein starrer Blick schüchterte mich ein und ich musste erstmal darüber nachdenken.
„Na..., weil ich so Zombies aus der Ferne erledigen kann"
„Und das ist der Punkt. Die anderen können sich zwar im Nahkampf besser verteidigen, dafür müssen sie aber in die Todeszone, wenn eine Horde Zombies angreift. Sie jedoch können aus sicherer Entfernung viel mehr Schaden anrichten und das ist der Grund, warum sie eine Tasse Kaffee bekommen und die anderen nicht" fassungslos sah ich ihn an.
„Tun sie das was sie tun nicht für andere, sondern in erster Linie für sich selbst. Dann wird noch was Großes aus ihnen. Sie können Wegtreten"

Mit schwammigen Beinen verließ ich den Stützpunkt und dachte darüber nach was der Kommandant alles zu mir sagte. Dann blickte ich zum Trainingsplatz rüber und in mir wurde ein unbedingter Drang erweckt, ein Drang den Vollidioten zu zeigen was ich kann und zu was ich Fähig war.

In der darauffolgenden Woche trainierte ich jede freie Minute. Ich boxte, übte Bewegungsabläufe, machte Krafttraining und ich joggte jeden Morgen die gesamte Mauer ab. Es war hart und dem Druck alles hinzuschmeißen und aufzugeben Stand zu halten war ein Psychischer Kraftakt. Jeden Abend fiel ich wie ein Stein ins Bett und schlief augenblicklich ein. Dann war es endlich soweit. Der erste Tag an dem wir mit dem Bogenschießen anfingen. Jeder erhielt einen Bogen mit fünf Pfeilen und stellte sich damit an die Linie die mit einem Absperrband auf dem Sandplatz platziert wurde. Vor jedem von uns stand eine Strohpuppe mit Kopf.
„Ich muss euch ja nicht erklären das ihr versuchen solltet mit dem Pfeil den Kopf des Zombies zu treffen. Zeigt mal was ihr könnt" die anderen Rekruten hatten Schwierigkeiten damit die richtige Position zu finden oder den richtigen Griff um den Bogen zu halten. Diese Hürde hatte ich zum Glück schon lange hinter mir. Dennoch war ich mir nicht sicher ob ich es aus der Entfernung schaffte den Kopf der Strohpuppe zu treffen. Marco stellte sich natürlich Provokant neben mich.
„Ich werde dich auch hier fertig machen" drohte er, da so ungeschickt wie er sich mit dem Bogen anstellte, konnte ich nur auflachen.
„Diesmal nicht Idiot" konterte ich und zielte auf die Strohpuppe. Ich atmete gleichmäßig und tief, ich konzernierte mich nur auf mich, die Strohpuppe vor mir und die stärke des Windes. Ich ließ die Worte des Kommandanten noch einmal durch meinen Kopf schwirren und ließ dann den Pfeil los. Er traf den Kopf zwar nicht mittig, aber er traf ihn. Triumphierend grinste ich Marco an, der nur fassungslos meinen Pfeil anstarrte.
„Nicht schlecht Mrs Wulf" lobte mich der Trainer.
„Top das mal" sagte ich zu Marco und schoss die anderen Pfeile auch auf die Puppe ab, nur einer verfehlte und landete in der Brust der Puppe. Meine Trefferquote war dennoch höher als jede andere. Ich legte den Bogen ab und sah Marco mit meinem neugewonnen Selbstbewusstsein in die Augen.
„Ich werde nicht zuerst draufgehen, weil die Zombies gar nicht nahe genug an mich herankommen" ich lehnte mich ihm entgegen.
„Kannst du das gleiche auch von dir behaupten?" fügte ich noch hinzu und da seine Pfeile nicht mal in die Nähe seiner Puppe gekommen waren, sondern kreuz und quer im Sand stecken, brauchte er mir auf die Frage nicht zu antworten.

The Survivors - Kampf gegen den Tod [Neuauflage] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt