3. eine Pfanne und zwei Gabeln

8 2 0
                                    

"Wenn ich heute noch ein einziges Mal dieses Treppenhaus betreten, und dabei irgendwelche schweren Sachen schleppen muss, dann setzt es was", fluchte Martin, während wir mit vollen Einkaufstüten hoch zu meiner Wohnung liefen. "Mach dich nicht so rum, als wäre es in deiner Bude in Berlin großartig anders", entgegnete ich ihm und schloss die Tür zu meiner Wohnung auf, als wir oben ankamen.

Während ich den Kühlschrank einräumte, fing Martin an das Gemüse für unser Abendessen zu schneiden. Es dauerte nicht lange bis wir realisierten, dass wir uns das mit dem Kochen etwas zu einfach vorgestellt hatten. Prinzipiell besaß die Küche alle notwendigen Geräte, doch jetzt stellten wir fest, dass uns zumindest eine Pfanne fehlte und irgendetwas, mit dem man daraus essen konnte.

"Ich schaue einfach mal ob einer der Nachbarn uns etwas leihen kann", überlegte ich, während Martin neben mir einen Nervenzusammenbruch erlitt. Er wurde unleidlich, wenn er Hunger hatte. Das war auch eigentlich kein Problem, aber in dieser Situation wenig hilfreich.

Eilig verließ ich die Wohnung und klingelte bei meinen Nachbarn im 2. und 1. Stock. Zu meinem Bedauern waren sie allerdings weniger hilfsbereit als erwartet. Frustriert ließ ich mich auf die Treppenstufen nieder. Das war jetzt definitiv keine Nachricht, die ich Martin einfach so überbringen konnte.

Ich saß einige Minuten still im Treppenhaus und versuchte mich mit der Misere abzufinden, als mir irgendwann der junge Mann im Bademantel in den Sinn kam, der gegenüber in dem Haus mit der alten Veranda lebte.
Hastig stand ich auf und verließ das Gebäude.

Es hatte vorhin geregnet, die Straße war noch nass und die Luft roch nach frischem Regen. Für wenige Sekunden kam es mir vor als wäre Sommer, obwohl es gerade erst März war und das Wetter machte was es wollte, so wie das im März halt eben der Fall war.
Als ich die Veranda betrat, hörte ich wie die Regentropfen von den nassen Balken auf den Boden tropften.
Ich klingelte.
Es dauerte einige Minuten und gerade als ich aufgeben und gehen wollte öffnete sich die Tür. Vielleicht wäre ich doch besser gegangen, denn vermutlich schaute ich gerade wirklich dämlich.
In der Tür stand ein halbnackter Mann, der mich durch eine runde Brille ansah. Seine Haare waren nass und fielen ihm in seine hellblauen Augen. Um die Hüfte hatte er ein weißes Handtuch gewickelt.
Fragend zog er eine Augenbraue hoch. "Kann man dir helfen?"

Ich zwang mich dazu, meinen Blick von seinem trainierten, wirklich perfekten Oberkörper, zu lösen und in sein Gesicht zu schauen. Jedoch war auch das keine Erleichterung, mich auf mein eigentliches Anliegen zu konzentrieren.

Ian, du blamierst dich, sagte ich mir in Gedanken, gab mir innerlich selbst eine Ohrfeige, weil ich mich verhielt, als würde ich zum ersten mal einen hübschen Mann oberkörperfrei sehen.

"Ich wollte fragen ob du mir eine Pfanne ausleihen kannst. Ähm... und 2 Gabeln", versucht ich ihm nervös zu erklären, grinste ihn schief an und kratzte mich verlegen am Hinterkopf. Die Situation war mir wirklich hochgradig unangenehm und am liebsten wäre ich einfach wieder umgekehrt, was die Situation für mich allerdings nicht weniger peinlich gemacht hätte, im Gegenteil, das hätte dann den Vogel vermutlich abgeschossen.

Der junge Mann vor mir betrachtete mich eingehend. Drehte sich um und verschwand daraufhin im Flur. Ich hörte kurz Lärm, leises Klirren, während ich einen Blick in den Flur warf, der sich vor mir erstreckte. Er schien relativ dunkel. Eine Holzkommode stand direkt am Eingang. Auf dieser ein Aschenbecher und ein blaues Feuerzeug. Bevor ich mir seinen Flur noch weiter ansehen konnte, kam er kurze Zeit später zurück und stand vor mir mit einer Pfanne und zwei Gabeln. "Ich hoffe ich bekomme den Kram irgendwann wieder", sagte er grinsend und hielt mir die Sachen vor die Nase. Dankend nahm ich sie ihm ab, verabschiedete mich noch und lief zurück zu meiner Wohnung. Auf dem Weg spürte ich seinen Blick auf meinem Rücken, doch ich drehte mich nicht nochmal um und verschwand stattdessen zügig in der Wohnungstür.

"Meine Güte, ich hatte schon Sorgen, dass ich eine vermissten-Anzeige melden muss oder womöglich morgen in der Zeitung sowas lese wie 'plötzliches Verschwinden nach Pfannen-Suche'", lachte Martin, als ich die Küche betrat. "Reg dich ab, so lange war ich auch nicht weg", entgegnete ich ihm, dann hielt ihm stolz die Pfanne ins Gesicht. "Immerhin hat es sich ja gelohnt".
Amüsiert betrachtete er mich und kämpfte damit, sich ein grinsen zu verkneifen, wobei das nicht wirklich gut funktionierte. Allgemein war er noch nie gut darin, seine Gedanken für sich zu behalten. "Was ist? Was guckst du mich jetzt so dämlich an?", verärgert verschränkte ich meine Arme vor der Brust und wartete auf seine Antwort. "Also, dass sich das gelohnt hat, habe ich gesehen", war alles was er sagte und zeigte dabei auf das große Fenster im Wohnzimmer. Es dauerte einige Sekunden bis ich verstand was er meinte, dann spürte ich wie die Röte in mein Gesicht stieg. "Jaja, du mich auch", nuschelte ich und fühlte mich tatsächlich ziemlich ertappt von meinem besten Freund. Martin hingegen, schien die Situation wunderbar zu amüsieren und ich konnte es ihm nichtmal verübeln.

𝐒𝐲𝐦𝐩𝐡𝐨𝐧𝐢𝐞 𝐝𝐞𝐬 𝐋𝐞𝐛𝐞𝐧𝐬Where stories live. Discover now